Smartphone mit Impfzertifikat© Nattakorn Maneerat / iStock / Getty Images

Politik

MILLIONEN VON IMPFZERTIFIKATEN

Die Nachfrage ist riesig – vor allem, weil viele Deutsche jetzt in die Sommerferien reisen wollen. Die Vor-Ort-Apotheken helfen ihnen dabei: Nicht nur mit der Bestückung der Reiseapotheke, sondern auch mit dem digitalen Nachweis der COVID-19-Impfung.

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Es ist wie bei der Passkontrolle am Flughafen: Ich schiebe meinen Ausweis unter der Plexiglasscheibe durch. Er ist schon an der richtigen Stelle aufgeblättert. Die junge Frau auf der anderen Seite der Scheibe betrachtet kritisch die Aufkleber und den Stempel. Sie bittet mich um meinen Personalausweis und beginnt, meine Daten in den Computer einzugeben. Ein paar Augenblicke später dreht sie den Bildschirm in meine Richtung. Ich zücke mein Smartphone und scanne das wuselige Quadrat, das auf dem Bildschirm zu sehen ist. Perfekt. Jetzt habe ich ihn, den digitalen Nachweis, dass ich gegen COVID-19 geimpft bin.

Verschlüsselt gespeichert in einem QR-Code auf meinem Handy. So – oder so ähnlich – hat es sich in den letzten Wochen millionenfach zugetragen. Allerdings nicht am Einreiseschalter im Flughafen, sondern in der Offizin von rund 17 000 deutschen Apotheken. Denn sie sind es, die seit zwei Monaten dafür sorgen, dass Menschen, die gegen Corona geimpft sind, das schnell und einfach nachweisen können – auch wenn sie nicht ständig den gelben Impfausweis mit sich herumtragen wollen.

Das „Mehr“ aus der Apotheke Mehr als 16 Millionen digitale COVID-19-Impfzertifikate haben die Vor-Ort-Apotheken bereits bis Anfang Juli ausgestellt. Die meisten davon in den ersten drei Wochen. In einigen Apotheken gehörte der QR-Code zeitweise zu den begehrtesten „Produkten“ und sorgte für Warteschlangen vor der Offizin. Entsprechend hoch war die Arbeitsbelastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zumal die Technik anfangs nicht ganz ohne Probleme funktionierte und im Vorfeld wenig Zeit war, sich auf den neuen Service vorzubereiten.

Dennoch: Die Apotheken haben das nahezu geräuschlos gewuppt. „Die Apotheken haben wieder einmal gezeigt, dass sie neben der Arzneimittelversorgung noch viel mehr können“, sagt Anke Rüdinger, selbst Apothekerin und Vorsitzende des Berliner Apotheker-Vereins. Rüdinger ist auch IT-Beauftragte im Vorstand des Deutschen Apothekerverbands e.V. (DAV) und hat in dieser Funktion die Einführung der Technik begleitet, die für das Zertifikat nötig ist.

Schnell angepasste Technik macht’s möglich Zentrale Bausteine dieser Technik sind zwei Internetportale des DAV: eines für Kunden und eins für Apotheken. Mit dem Kundenportal (mein-apothekenmanager.de) lässt sich schnell herausfinden, welche Apotheken Impfzertifikate ausstellen. Einfach Adresse eingeben und unter Serviceleistungen das „Digitale Impfzertifikat“ anklicken – schon werden alle Apotheken in der Nähe angezeigt, die den Service anbieten. Damit eine Apotheke in der Liste zu finden ist, muss sie sich im Apothekenportal (mein-apothekenportal.de) registrieren. Inzwischen haben das mehr als 90 Prozent aller deutschen Apotheken gemacht und bieten ihren Kunden das Digitale Impfzertifikat an.

Beide Portale gingen Ende 2020 ans Netz. Sie sollen ermöglichen, dass sich Apotheken innerhalb des Gesundheitssystems und mit ihren Kunden vernetzen und Prozesse digital abbilden können – zum Beispiel das eRezept. Für die Impfzertifikate wurde die Technik kurzerhand angepasst, „einfach, weil es nötig war“, sagt Christian Splett, Pressesprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Das sahen offenbar auch Apothekerinnen und Apotheker so, denn schon in den ersten Wochen nach der Freischaltung haben sich Tausende im Portal registriert. Dass die Registrierung anfangs nur für Verbandsmitglieder möglich war, hat so große Wellen geschlagen, dass eilig kostenpflichtige Gastzugänge für nicht im DAV organisierte Apotheken eingerichtet wurden.

Mehr Engagement – weniger Geld? „Die Apotheken sind da mit großem Engagement in die Bresche gesprungen“, findet ABDA-Sprecher Splett. Er sieht es deshalb auch kritisch, dass seit 1. Juli 2021 das Honorar für das Ausstellen der Impfzertifikate abgesenkt wurde: von ursprünglich 18 Euro für die Bescheinigung der Erstimpfung auf den Standardbetrag von 6 Euro, den es schon bisher für die Bescheinigung der Zweitimpfung gab. Der Aufwand für die Prüfung von Impfpass und Personalausweis sei jedoch derselbe, so Splett.

Es müsse ja auch künftig geschaut werden, ob die Dokumente des Kunden vollständig und plausibel sind. Hinzu kommt die Information der Kunden, denn die haben häufig viele Fragen: „Sachliche Erklärungen reichen da oft nicht aus. Die Apothekenmitarbeiter müssen auch Ängste und Unsicherheiten bezüglich der Technik oder der Sicherheit abfangen“, berichtet Carmen Steves, Vorsitzende des Bundesverbands der Pharmazeutisch-technischen AssistentInnen (BVpta). In einigen Apotheken haben PTA den Kunden sogar beim Download und bei der Einrichtung der CovPass-App geholfen und anschließend noch das Zertifikat in die App eingelesen.

Inzwischen stellen Apotheken in Deutschland nicht nur Impfzertifikate für Geimpfte, sondern auch für Genesene aus: also für all die Patientinnen und Patienten, die eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht und deswegen anschließend nur eine Impfung erhalten haben. Auch dafür wurde das Apotheken-Portal noch einmal technisch angepasst. Ein weiterer Schritt auf dem Weg zu mehr digitalen Services, die für einige Apotheken schon heute zum Alltag gehören, zum Beispiel beim Medikationsmanagement. Aber es gibt nach wie vor auch Apotheken, die sich weitgehend auf die Grundversorgung mit Arzneimitteln beschränken.

Zukunft mit digitalen Services Dieses Problem kennt auch die BVpta-Vorsitzende Carmen Steves. Und sie hat wenig Verständnis dafür. „Inhaber und Angestellte müssen offen sein für digitale Anwendungen“, findet Steves. „Wir werden in den nächsten Jahren mit großen Umwälzungen konfrontiert sein. Das können wir nicht bewerkstelligen, wenn wir nicht bereit sind dazuzulernen.“ Auch DAV-Vertreterin Anke Rüdinger ist davon überzeugt, dass durch die Digitalisierung neue Aufgaben auf die Apotheken zukommen. Sie begrüßt das, denn: „Ich bin ein Freund von allem, was die Vor-Ort-Apotheke stärkt. Und durch zusätzliche Services lernen die Menschen die Leistungen der Apotheken besser kennen und schätzen.“ So tragen digitale Services dazu bei, dass Apotheken auch in Zukunft einfach unverzichtbar bleiben.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2021 ab Seite 84.

Stefanie Heiss, freie Journalistin

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