© Die PTA in der Apotheke
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Wissen Sie es noch?

METHÄMOGLOBINBILDNER

Mit dieser Serie möchten wir Sie erinnern. Und zwar an Dinge, die Sie damals in der PTA-Schule gelernt, aber inzwischen vielleicht nicht mehr parat haben. Jenes Wissen, das man nicht unbedingt täglich braucht, das jedoch die beratungsstarke PTA ausmacht.

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Antidote müssen nach der neuen Apothekenbetriebsordnung nicht mehr vorrätig gehalten werden. Dennoch sollte man sich damit auskennen. Wissen Sie noch, welches man gegen Methämoglobinbildner einsetzt?

Bei einer Vergiftung mit Oxidationsmitteln, wie Nitriten oder Wasserstoffperoxid sowie aromatischen Amino- oder Nitroverbindungen, wird das normalerweise zweiwertige Eisen des Hämoglobins im Zentrum der roten Blutkörperchen zu dreiwertigem oxidiert. Dieses Methämoglobin kann zwar noch Sauerstoff in der Lunge binden, aber nicht mehr ans Gewebe abgeben.

Auch unter physiologischen Bedingungen, also ohne Vergiftung, entsteht immer ein wenig davon. Kleine Mengen werden durch die NADH-Methämoglobin-Reduktase rasch wieder reduziert. Bei einer Vergiftung allerdings ist die Kapazität des Enzyms erschöpft und der Körper kann nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden.

Blaue Lippen Ab einem Methämoglobinanteil von 15 bis 30 Prozent sind eine leichte Zyanose, also eine leichte Blaufärbung der Haut, und Müdigkeit zu beobachten. Steigt der Methämoglobingehalt auf 40 bis 50 Prozent, kommt es zu einer stärkeren Zyanose sowie zu Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Tachykardie und Bewusstseinsstörungen. Werte zwischen 60 und 80 Prozent sind tödlich. Besonders empfindlich gegenüber Methämoglobinbildnern sind Säuglinge.

In den ersten Monaten ist die Aktivität ihrer NADH-Methämoglobin-Reduktase noch nicht voll ausgeprägt. Zudem können sie noch nicht ausreichend Magensäure bilden, um nitratreduzierende Mikroorganismen im Gastrointestinaltrakt zu hemmen. Dadurch wird Nitrat aus dem Trinkwasser in den Methämoglobinbildner Nitrit umgewandelt. Besonders gefährlich ist für Säuglinge daher auch Trinkwasser, das mit Düngemitteln verunreinigt ist.

Blauer Farbstoff Bei Verdacht auf eine bedrohliche Methämoglobinämie sollte der Sauerstoffverbrauch des Organismus bis zum Eintreffen des Notarztes durch Hinlegen minimiert werden. Bei oraler Aufnahme wird der Arzt die Resorption verhindern, sofern das noch möglich ist. Dies wird durch eine Magenentleerung sowie die Gabe von Aktivkohle und osmotisch wirksamen Laxanzien erreicht.

Gerade die aromatischen Amino- und Nitroverbindungen werden auch sehr gut über die Haut aufgenommen. Daher ist beim Arbeiten damit stets auf die nötige Schutzkleidung zu achten. Während man früher mit Vitamin C oder Methylenblau versuchte, das dreiwertige Eisen zu zweiwertigem zu reduzieren, gilt heute der Redoxfarbstoff Toluidinblau als das effektivste Antidot bei einer Methämoglobinvergiftung.

Nach intravenöser Gabe verteilt sich die blaue Substanz in allen Körpergeweben und wandelt Methämoglobin wieder in das funktionsfähige Hämoglobin um. Überschüssiges Toluidinblau wird über Fäze und Urin ausgeschieden. Man kann eine Blaufärbung des Urins und sogar der Tränenflüssigkeit beobachten. Reicht die Rückreduktion als Therapie nicht aus, kann eine Bluttransfusion nötig werden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/13 auf Seite 127.

Sabine Bender, Apothekerin / Redaktion

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