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Heilpflanzen

LINDE

Früher wurden in einigen Landstrichen die beiden Sommermonate Juni und Juli auch Lindenmonat genannt, da in dieser Zeit die Linden blühen und ihren süßen Honigduft verströmen.

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Während die sogenannte Sommerlinde gleich zu Beginn des Sommers im Juni ihre Blüten öffnet, folgt die Winterlinde (Tilia cordata Mill.) erst vierzehn Tage später im Juli. Beide Lindenarten werden arzneilich genutzt. Verwendet werden ihre getrockneten Blütenstände. Die Qualität der Lindenblüten (Tiliae flos) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) beschrieben.

Stattliche Bäume Die Linde gehört zur Familie der Malvengewächse (Malvaceae) und ist in Europa weit verbreitet. Linden können je nach Art bis zu 40 Meter hoch werden. Sie sind seit jeher mit ihren großen, reichlich Schatten spendenden Kronen sehr beliebt und viel kultiviert worden. Früher fand sich auf dem zentralen Platz jeder kleinen Ortschaft eine Dorflinde. Sie war Versammlungs- und Treffpunkt der Menschen, wo Feste gefeiert, Recht gesprochen, der Frieden bekundet oder ewige Treue geschworen wurde.

Heute trifft man sie als Solitärbaum in Parks, auf Plätzen oder an Wegkreuzungen an sowie als Alleebaum, der die Straßen säumt. Zunehmend wird im Stadtgebiet auch die Silberlinde (Tilia tomentosa Moench) als Zierbaum gepflanzt, da sie widerstandsfähiger und somit weniger krankheitsanfällig für Autoabgase ist. Allerdings sind ihre Blüten arzneilich nicht nutzbar, finden sich aber relativ oft als Verfälschung im Drogenmaterial. Sie unterscheiden sich von der Arzneibuchware durch ihre starke Behaarung, welche die Pflanzenteile bei Sonneneinstrahlung silbrig erscheinen lassen.

Unverwechselbare Blütenstände Die etwas häufiger anzutreffende Winterlinde erreicht bei einem durchschnittlichen Alter von 150 Jahren eine Höhe von etwa 25 Metern und trägt im Vergleich zur Sommerlinde kleinere Blätter mit gesägtem Blattrand. Sie haben eine Herzform, worauf auch der Artname der Winterlinde cordata von lat. cor = Herz oder cordatus = herzförmig verweist. In den Nervenwinkeln der Blattunterseite stehen kleine rostfarbene Haare.

Bei der Sommerlinde wird mit dem Artnamen platyphyllos auf die größeren, breiteren Blätter aufmerksam gemacht, von griech. platys = breit und griech. phyllon = Blatt. Ihre Unterseite ist weiß behaart. Die Sommerlinde wird mit etwa 30 Metern etwas höher und kann mehrere Hundert Jahre alt werden. Beide Arten besitzen rispenartige Blütenstände mit zahlreichen Staubblättern, die am Grund mit einem einzelnen flügelartigen, gelblichen Tragblatt verwachsen sind.

Während sich der Blütenstand der Winterlinde aus drei bis 16 gestielten gelb-weißlichen Blüten zusammensetzt, bildet die Sommerlinde lediglich zwei bis acht Blüten. Aus jeder Blüte entwickeln sich kleine, rostfarbene Nüsschen. Der gesamte Fruchtstand löst sich im Herbst von den Zweigen. Dabei dient das schmale Tragblatt als Flügel, mit dessen Hilfe die Samen durch die Luft schwebend verbreitet werden.

Lindenbast, Holz und mehr Die Linde wurde früher vielfältig genutzt. Fast alle Pflanzenteile fanden Verwendung. Besonders spielte der Bast eine große Rolle, was auch im Gattungsnamen Tilia zum Ausdruck kommt. Er leitet sich von griechisch tilos = Bast ab, was auf die biegsamen Bastfasern unter der Borke zurückzuführen ist. Die leicht ablösbare Rinde wurde früher im Mai abgeschält, die weiche Innenseite abgetrennt, ins Wasser gelegt, bis sich der Bast löste und dann an der Sonne getrocknet. Die gewonnenen Fasern dienten zum Flechten und Binden von Matten, Säcken, Körben und Seilen, worauf ebenso das volkstümliche Synonym Bastbaum verweist.

Auch der deutsche Name Linde stammt daher. Er soll sich von Lein ableiten, da die Fasern der Leinpflanze in gleicher Weise genutzt wurden. Eine andere Deutung sieht einen Zusammenhang mit dem mundartlichen Wort Lind = Bast, was wiederum auf das Bindematerial Bezug nimmt. Nicht nur der Bast, auch das Holz wurde für Gebrauchsgegenstände genutzt. Da es sehr weich und fein strukturiert ist, war es ideal für die Herstellung von Holzschuhen, Schüsseln, Löffeln, Holzfiguren und Musikinstrumenten. Die Rinde fand Verwendung zum Dachdecken und die Kohle war Material zum Malen oder fand als Schießpulver Verwendung.

Heilsam Lindenblüten werden vor allem als Tee bei Erkältungskrankheiten und zur Linderung des damit verbundenen Reizhustens getrunken (Indikation nach Kommission E), was vor allem auf die enthaltenen Flavonoide (ein Prozent) und Schleimstoffe (zehn Prozent) zurückzuführen ist. In der Volksmedizin werden sie auch für Schwitzkuren eingesetzt. Allerdings ist bislang nicht geklärt, ob die schweißtreibende Wirkung möglicherweise lediglich auf die Zufuhr größerer Mengen an heißem Wasser beruht.

Der Lindensplint ist das helle unter der Rinde gelegene Splintholz der Linde, das volkstümlich als Antirheumatikum gilt. Die Volkmedizin nutzt zudem die Rinde zur Linderung krampfartiger Schmerzen im Verdauungstrakt und zur Bereitung von Umschlägen und Spülungen bei entzündlichen Hautkrankheiten.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/15 ab Seite 32.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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