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Frühlingsgefühle

LET’S TALK ABOUT SEX!

Die Lust auf Sex steigt dem Urinstinkt folgend im Frühling an. Doch was tun, wenn es nicht so klappt wie gewünscht oder Beschwerden bereitet? Sie sind in der Apotheke oftmals erster Ansprechpartner bei diesem Thema.

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Meist sind es Frauen, die lieber in der Apotheke nach einer Selbstmedikationslösung fragen, anstatt zum Arzt zu gehen. Zum Beispiel, weil sie ein starkes Brennen beim Wasserlassen spüren (Dysurie). Die Symptomatik spricht für eine Blasenentzündung (Zystitis). Die kann verschiedene Ursachen haben. Häufiger Sex ist eine davon – die sogenannte Honeymoon-Zystitis. Durch die Nähe von Harnröhre zu Vagina und Darmöffnung kann es leicht zu Schmierinfektionen kommen. In den allermeisten Fällen kann bei einer Zystitis das Darmbakterium Escherichia coli nachgewiesen werden. Dagegen mit übertriebener Intimhygiene vorzugehen wäre ein Fehler, da darunter das natürliche Mikrobiom der Schleimhäute leidet, was die Infektanfälligkeit erhöht. Empfehlenswert ist es, sofort nach dem Verkehr auf die Toilette zu gehen und Urin zu lassen, um die Keime gleich wegzuspülen sowie den Genitalbereich mit warmem Wasser abzuspülen. Eine Sex-Pause einzulegen, bis sich die Reizung im Urogenital-Bereich wieder beruhigt hat, ist sinnvoll.

Gut gespült Bei einer unkomplizierten Blasenentzündung erwachsener Frauen sind meist keine Antibiotika erforderlich. Erkundigen Sie sich, wie stark die Kundin über den Blasenschmerz hinaus körperlich beeinträchtigt ist. Im Kasten lesen Sie, wann Sie zu einem Arztbesuch raten sollten. In Anbetracht steigender Antibiotikaresistenzen macht es durchaus Sinn, eine Zystitis erst einmal ohne Antibiotika zu bekämpfen. Das bedeutet vor allem viel zu trinken. Zirka zwei Liter sollten es am Tag sein. Einer davon am besten als Blasen- und Nierentee. Die enthaltenen pflanzliche Aquaretika regen die Durchblutung der Nieren an und steigern so deren Filtrationsrate.

Dadurch werden die Harnwege gespült und die Keime am Aufstieg gehindert. Hier kommen Hauhechelwurzel, Orthosiphonblätter, Birkenblätter, Ackerschachtelhalmkraut, Löwenzahnwurzel- und Kraut, Queckenwurzelstock sowie Goldrute, die obendrein spasmolytisch wirkt, in Frage. Neben den Teezubereitungen gibt es Tropfen, Kapseln oder Dragees mit den hochkonzentrierten Extrakten der Pflanzen. Zur Kombination mit den Aquaretika können Sie Bärentraubenblätter-Extrakt-Zubereitungen empfehlen. Deren Hauptwirkstoff ist Arbutin, ein Prodrug. Bei einer Blasenentzündung wird es von den Bakterienenzymen in seine Wirkform Hydrochinon umgewandelt, das bakteriostatische Eigenschaften besitzt. Gegen die begleitenden krampfartigen Blasenbeschwerden helfen Spasmolytika, beispielsweise mit Butylscopolamin oder Flavoxat. Gegen immer wiederkehrende Blaseninfekte konnte durch die Einnahme von täglich zwei Gramm Mannose über einen Zeitraum von sechs Monaten gute Ergebnisse erzielt werden.

Auch Säfte von Preiselbeeren oder Cranberry, deren Tannine das Anhaften der Bakterien am Uroepithel hemmen sollen, können vor einem Rückfall schützen. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr verspüren viele Frauen in den Wechseljahren oder der Menopause. Neben einer Blasenentzündung kann eine trockene Scheidenschleimhaut, als Folge des absinkenden Estrogenspiegels die Ursache sein. Durch diesen Mangel wird die Schleimhaut dünner und bildet weniger Vaginalsekret. Beim Sex kann das zu unangenehmer Reibung führen. Da der Nährboden für Laktobazillen, die normalerweise für ein saures Scheiden-Milieu sorgen, im Klimakterium nicht mehr optimal ist, kann es häufiger zu Candida-Infektionen im Vaginalbereich kommen. Sie sind durch weißen, krümeligen Ausfluss, Juckreiz, Brennen und Rötungen leicht zu identifizieren und können im Rahmen der Selbstmedikation erfolgreich therapiert werden.

In diesen Fällen sollte die Kundin zum Arzt gehen:

+ Beschwerden, die seit mehr als fünf Tagen bestehen
+ starkes allgemeines Krankheitsgefühl
+ hohes Fieber
+ Blut im Urin
+ starke Schmerzen im Nierenbereich
+ starke Krämpfe beim Wasserlassen
+ keine Besserung der Beschwerden nach 3 bis 4 Tagen

Vorbeugen ist besser Im Vorfeld von Infektionen kann Frauen mit Scheidentrockenheit mit einem Gleitgel, das vor dem Sex vaginal angewendet wird, eine Lösung angeboten werden. Produkte mit Milchsäure oder Laktobazillen beeinflussen die Scheidentrockenheit ebenfalls günstig. Ursächlich wirken estrogenhaltige Cremes für den Vaginalbereich. Auch wenn sie bei der lokalen Applikation kaum resorbiert werden, sind sie wegen möglicher Nebenwirkungen verschreibungspflichtig. Diese Cremes zeigen einen proliferativen Effekt auf das Schleimhautgewebe der Scheide und der Harnblase. Dadurch wird die Schleimhaut wieder dicker und die Laktobazillen können sich wieder ansiedeln. Für diesen Effekt ist eine zirka dreiwöchige Anwendung erforderlich, die anschließend zweimal wöchentlich wiederholt wird.

Keine Lust auf Sex Eine Veränderung der Libido kann bei Frauen im Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten stehen. Paradoxerweise führt ausgerechnet „die Pille“ bei vielen Frauen dazu, dass sie gar keine Lust mehr haben. Dann ist diese Verhütungsmaßnahme definitiv nicht geeignet. Im Gespräch können Sie diesen Frauen Alternativen aufzeigen und auch über deren Sicherheit und Anwendung beraten. Auch andere Medikament wie Antidepressiva können den Spaß am Sex verderben. Bleiben Schmerzen beim Geschlechtsverkehr dauerhaft bestehen, muss ein Arzt die Symptomatik abklären.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/2020 ab Seite 52.

Dr. Susanne Poth, Apothekerin/Redaktion

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