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Heilpflanzen

LEIN

Schon seit vielen Jahrtausenden wird Lein als Rohstoff und gesundes Nahrungsmittel verwendet. Heute kommt er vor allem als Heilpflanze bei Verdauungsstörungen zum Einsatz.

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Linum usitatissimum L. ist ein einjähriges Kraut, das je nach Sorte eine Wuchshöhe von 60 bis 120 Zentimetern erreicht. Der Artname usitatissimum bedeutet im Lateinischen „sehr nützlich“ und bezieht sich auf die vielseitige Verwendung der Pflanze. Es werden die reifen getrockneten Samen , das daraus gewonnene Öl (Leinöl) und die aus den Stängeln gewonnenen Fasern genutzt.

An den aufrechten Stängeln wachsen wechselständig grau-grüne, lanzett- bis linealförmig zugespitzte Blätter, die der Pflanze ein zartes Aussehen verleihen. Die himmelblauen fünfstrahligen Blüten stehen endständig in rispigen Blütenständen und öffnen sich von Juli bis August. Danach reifen hellbraune kugelige Kapselfrüchte heran, in denen sich bis zu zehn Samen befinden.

Seit Jahrtausenden kultiviert und verarbeitet Der vermutlich aus dem Mittelmeerraum stammende Lein gehört zur Familie der Leingewächse (Linaceae) und gilt als eine der ältesten Kulturpflanzen. Im alten Ägypten wurde er zunächst vor allem als Nahrungsmittel angepflanzt. Später wurden Tücher aus der Pflanze hergestellt. Ebenso wurden Samen und Gewebestücke am Oberrhein aus der Jungsteinzeit entdeckt, welche die frühe Kultivierung und vielseitige Nutzung des Leins in Mitteleuropa bestätigen.

Auf die Stoffproduktion verweisen zudem der Gattungsname Linum, der aus dem griechischen linon = Faden stammt, sowie die deutsche Bezeichnung Lein, die auf das keltische Wort lin = Faden zurückgehen soll. Ebenso nimmt das geläufige Synonym Flachs darauf Bezug, das sich von „flechten“ ableitet.

Himmelblaue Flachsfelder Bis spät ins 18. Jahrhundert hinein wurde Lein in Europa auf großen Flächen für die Textilherstellung angebaut. Als Faserpflanze verlor der Lein dann aber bei uns mit der bevorzugten Verwendung von Baumwolle und synthetischen Fasern allmählich an Bedeutung.

ALTBEWÄHRTE ARZNEIPFLANZE
Die medizinische Verwendung des Leins setzte zwar vergleichsweise spät ein, doch spielt er bis heute eine wichtige Rolle als Heilmittel. Hippokrates lobte die Wirkung von Leinöl als Mittel gegen Katarrhe, Leibweh sowie Durchfall und Paracelsus setzte es zur Reizlinderung bei Husten ein. Im Mittelalter gehörte vor allem der Leinsamen zum bewährten Arzneirepertoire. So empfahl ihn Hildegard von Bingen zur Wundbehandlung und bei Gürtelrose und Hieronymus Bock berichtete in seinen New Kreuterbuch über den innerlichen und äußerlichen Gebrauch.

Weltweit ist der Lein aber noch eine sehr wichtige Nutzpflanze. Das aus den Samen gewonnene Leinöl wird aufgrund seiner schnellen Trocknungsfähigkeit überwiegend technisch gebraucht (z. B. Bindemittel für Farben und Lacke). Die Pressreste kommen als eiweißreiches Viehfutter zum Einsatz. Außerdem wird das fette Öl als Speiseöl geschätzt, da es reich an ungesättigten Fettsäuren (Linolsäure) ist und den höchsten Gehalt an Omega-Fettsäuren (Linolensäure) der bekannten Nahrungsöle aufweist. Allerdings ist das Öl aus diesem Grunde nicht lange lagerfähig.

Mildes Abführmittel Heute werden die reifen Samen vorwiegend bei Verstopfung eingesetzt. Verantwortlich für die laxierende Wirkung sind die in der Epidermis der Samenschale lokalisierten unverdaulichen Schleimstoffe (Polysaccharide). Infolge ihres Quellungsvermögens und des Rohfasergehaltes der Samenschale kommt es zur einer Volumenzunahme des Dickdarminhaltes, was einen Dehnungsreiz auslöst, der die Peristaltik fördert und nach 12 bis 24 Stunden zur Darmentleerung führt.

Wird der Leinsamen vor Einnahme leicht gequetscht oder geschrotet, trägt das fette Öl zur Gleitverbesserung bei und verstärkt den abführenden Effekt. Geschrotete Leinsamen sollten nicht länger als 24 Stunden gelagert werden, da sie sonst ranzig werden. Raten Sie daher Ihren Kunden, den Leinsamen vor Gebrauch möglichst selber zu zerkleinern.

Aus der abdeckenden Wirkung der Schleimstoffe erklären sich die schleimhautschützenden Eigenschaften der Leinsamen, die bei Entzündungen der Magen-Darmschleimhaut genutzt werden. Leinsamen helfen auch bei Diarrhö. Durch Bindung der überschüssigen Flüssigkeit im Darm wird der Stuhl fester. Studien konnten zudem eine lipidsenkende Wirkung nachweisen, die auf den hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren zurückzuführen ist.

Vorgequollen oder nicht gequollen Der Leinsamen kann seine laxierende Wirkung nur dann optimal entfalten, wenn er nicht vorgequollen eingenommen wird. Dann erfolgt bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr (circa 150 Milliliter auf einen Esslöffel Leinsamen) die Volumenzunahme der Samen dort, wo sie wirken sollen – im Darm. Milch ist nicht geeignet, da diese nicht in die Schleimstoffe eingelagert wird und somit den Samen nicht quellen lässt. Bei Darmentzündungen wird Leinsamen hingegen nur in gequollenem Zustand eingenommen. Äußerlich lindert diese Schleimzubereitung als heißer Breiumschlag (Kataplasma) lokale Entzündungen.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 04/14 ab Seite 32.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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