© silberkorn73 - Fotolia.com

Fettleber

LANGE VERKANNT

Viele sind sich der Gefahren nicht bewusst, die von einer Steatosis hepatis ausgehen – dabei hat sie sich zu einer regelrechten Volkskrankheit entwickelt. Mit kleinen Alkoholmengen kann man das Risiko gering halten.

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Sie verarbeitet, speichert, filtert, ist an Verdauungsprozessen beteiligt, baut körpereigene wie -fremde Stoffe ab und scheidet sie aus, entgiftet – die Leber nimmt eine Schlüsselstellung im Stoffwechsel ein. Das Organ kann durch verschiedenste Einflüsse Schaden nehmen; zu den häufigen Problemen gehört die Fettleber . Diese Störung des Fettsäurestoffwechsels in den Leberzellen entsteht im Allgemeinen durch ein Ungleichgewicht zwischen der zugeführten Energie, also Kalorien, und dem Energieverbrauch in Form von Muskelarbeit.

Der chronische übermäßige Alkoholgenuss ist nur eine mögliche Ursache; man spricht von der alkoholischen Fettleber: Bei zu hohem Konsum über längere Zeit kommt es zu einer Blockade des Abtransports von Fetten über das Blut. Das Fett, hauptsächlich Triglyzeride, wird in die Leberzellen eingelagert. Normalerweise beträgt der Fettanteil einer Leber höchstens fünf Prozent. Die Fettleber ist definiert als Zustand, bei dem über die Hälfte aller Leberzellen übermäßig Fett eingelagert haben.

Nicht-alkoholische Fettleber Eine Steatose, eine Leberverfettung, ist in der Bevölkerung weit verbreitet: bis zu 30 Prozent der Erwachsenen sind nach Schätzungen betroffen. Insbesondere das metabolische Syndrom, also die Kombination mehrerer Faktoren wie Fettleibigkeit, Bluthochdruck, erhöhten Blutfetten sowie Insulinresistenz oder Diabetes mellitus, ist häufig mit einer Fettleber assoziiert.

Schuld ist meist, verkürzt gesagt, eine Überernährung oder Hyperalimentation. Dabei geht es durchaus nicht nur um ein Überangebot an Fetten, sondern auch an Kohlenhydraten: Überschüssige, nicht benötigte Kohlenhydrate kurbeln die Lipogenese (Fettsynthese) an. Außerdem kann das Organ unter dem Einfluss großer Mengen an Energieträgern die Fette nicht mehr vollständig verwerten und/oder abtransportieren.

Selten kommt es auch vor, dass bestimmte Arzneimittel oder Gifte diesen Transport blockieren oder den Fettabbau stören. Eine Fetteinlagerung in die Leber kann zum Beispiel bei langfristiger unkontrollierter Medikation mit Methotrexat, Tetrazykline, Glukokortikoiden oder Valproat drohen. Achtung: Menschen mit Fettleber können gängige Medikamente wie Paracetamol oder Phenprocoumon in hohen Dosen schnell gefährlich werden.

Zufallsbefund Das Tückische an der Leberverfettung ist, dass sie symptomlos, und damit unbemerkt verläuft beziehungsweise allenfalls leichte, unspezifische Beschwerden wie zum Beispiel ein Druckgefühl im Oberbauch oder auch Blähungen verursacht. Sie wird daher häufig nur zufällig im Rahmen von Routinelabortests entdeckt, oder es fällt – bei einer Ultraschalluntersuchung aus anderem Anlass – die Vergrößerung des Organs auf (Hepatomegalie).

Bei einem Verdacht, etwa bei Vorliegen von Risikofaktoren, kann der Arzt Auffälligkeiten im Sonogramm feststellen; bisweilen lässt sich die Vergrößerung auch tasten. Im Zweifelsfall wird eine Biopsie gemacht. Die Diagnose ist wichtig, denn zum einen erhöht die Leberverfettung ihrerseits wiederum das Risiko eines Diabetes sowie von Herzerkrankungen. Außerdem begünstigt sie die Entstehung einer Entzündung. In 10 bis 30 Prozent der Fälle, so schätzt man, entwickelt sich auf Dauer eine Fettleberhepatitis (alkoholische beziehungsweise nicht-alkoholische Steatohepatitis).

PARADOXON
So merkwürdig es sich zunächst auch anhören mag: Auch anhaltender Hunger (in armen Weltengegenden, beziehungsweise bei Magersucht) kann die Organverfettung verursachen. Das Problem hierbei ist der Eiweißmangel, der sich - unter anderem - auch als Defizit an bestimmten Transportvehikeln auswirkt. Ohne diese wiederum kann die Leber die Fette nicht mehr ans Blut abgeben.

Und dieses entzündliche Stadium kann weiter fortschreiten und zu einem bindegewebigen Umbau des Lebergewebes (Fibrosierung) mit Vernarbung führen, dessen Endstadium die Zirrhose ist. Die Veränderungen sind dann unumkehrbar, der Funktionsverlust irreversibel. Leberversagen sowie Leberzellkarzinom drohen.

Keine radikalen Fastenkuren Wegen dieser Risiken sollten Betroffene trotz Symptomfreiheit etwas unternehmen. Zunächst gilt es, die zugrunde liegenden Faktoren zu korrigieren. Im Fall von Diabetes ist auf eine gute Blutzuckereinstellung zu achten; bei Übergewicht steht die Gewichtsreduktion im Vordergrund. Aber Achtung, nicht zu rasch abnehmen: Geht gespeichertes Fett zu schnell ins Blut über, kann dies wiederum die Leber belasten.

Empfehlen Sie Ihren Kunden, bei der Ernährung möglichst auf eine Kost zu achten, bei der gesättigte Fettsäuren durch ungesättigte ersetzt werden und die möglichst wenig schnell verfügbare Kohlenhydrate, also freie Zucker (Süßigkeiten, Brötchen, etc.) enthält. Bei Alkohol-bedingter Fettleber muss komplett auf diese Noxe verzichtet werden, bei Organverfettung anderer Genese darf Alkohol in kleinen Mengen genossen werden. Wesentlich ist der Kalorienverbrauch durch möglichst viel und regelmäßige körperliche Bewegung.

Durch diese Umstellungen des Lebensstils gelingt es, die Veränderungen komplett rückgängig zu machen, denn die Leber verfügt über eine hohe Regenerationsfähigkeit.

Exkurs: Die Fruchtzucker-Connection Immer deutlicher zeichnet sich die ungünstige Rolle von Fruktose bei der Entwicklung des metabolischen Syndroms und der Fettleber ab. Dieser Einfachzucker galt früher als für Diabetiker besser geeignet, da er Insulin-unabhängig verstoffwechselt wird und der Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit langsamer ansteigt.

In größeren Mengen jedoch kann die Fruktose nach neueren Erkenntnissen zu Insulinresistenz führen sowie die Triglyzeridsynthese stark ankurbeln, da sie – anders als Glukose (Traubenzucker) – praktisch unkontrolliert in Fett umgewandelt werden kann. Die möglichen Folgen: Gewebsverfettung und Entwicklung einer Fettleber. Seit kurzem dürfen mangels eindeutiger Vorteile keine speziellen Diabetiker- oder Diätprodukte mehr angeboten werden; in den Regalen stehen nur mehr alte Produkte bis zum Ablauf ihrer Haltbarkeit.

Die Fruktose hat allerdings längst die „normale“ Lebensmittelproduktion erobert: Die Industrie, vor allem der USA, setzt verstärkt auf den wesentlich billiger zu produzierenden Maissirup; das fruktosereiche Süßungsmittel mit der hohen Süßkraft verdrängt mehr und mehr den klassischen Haushaltszucker, die Saccharose.

Fruchtzucker findet sich in Back- und Süßwaren, Müslis, Früchteriegeln, Fruchtjogurt – und vor allem Limonaden, Softdrinks, Ketchup. Von diesen Produkten sollte man möglichst geringe Mengen verzehren. Angesichts der neuen Einschätzungen wäre es aber falsch, ins andere Extrem zu verfallen und Fruktose generell zu meiden: Obst ist und bleibt ein gesunder und wichtiger Bestandteil ausgewogener Ernährung.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/13 ab Seite 54.

Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin

×