Auge © Ekaterina_Jurkova / iStock / Getty Images
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Haut

LACKE OHNE VIEL CHEMIE?

Die Welt der Nagellacke ist bunt und schillernd. Doch ist alles Gold, was glänzt oder gibt es auch Schattenseiten? Klären Sie Ihre Kunden auf, was in den kleinen Fläschchen steckt.

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Sagte Humphrey Bogart in Casablanca einst „Schau mir in die Augen, Kleines“, könnte dieser legendäre Spruch aus der Filmgeschichte heute in „Schau mir auf die Nägel“ verändert werden. Denn Nagellack ist ein Hingucker. In jüngster Zeit wird allerdings immer häufiger die Frage gestellt, ob die vielen Inhaltsstoffe negative Begleiterscheinungen mit sich bringen können. Ist nun also auch der bisher „harmlose“ Lack für Hand- und Fußnägel gesundheitlich bedenklich?

Die vermeintliche Gefahr aus dem Fläschchen Bis vor wenigen Jahren lief Nagellack eher unterhalb des Gefährdungsradars. Man ging davon aus, dass sämtliche, darin enthaltenen Stoffe nicht durch die Nageloberfläche in den Körper gelangen können. Doch der Nagel beseht aus Horn und ist durchlässig. Außerdem kommt der Lack mit umliegender Haut in Berührung. Deshalb sehen Experten dies mittlerweile anders. Den Stein ins Rollen brachte eine amerikanische Studie mit der Aussage, dass Inhaltsstoffe und Dämpfe aus dem Lack gesundheitsschädlich wirken. Zwei Jahre später entdeckte ein Schweizer Forscherteam eher zufällig, dass in sehr vielen Lacken krebserregende Nitrosamine enthalten sind. Diese sind eigentlich laut Kosmetikverordnung in Europa verboten.

Wie genau diese Nitrosamine in den Lack geraten, ist derzeit noch nicht eindeutig geklärt. Die Forscher gehen davon aus, dass es mit dem Filmbildner Nitrocellulose, der in so gut wie jedem Lack, auch in einigen Naturkosmetikprodukten enthalten ist, zusammenhängt. Derzeit gibt es von Seiten des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) keine Richtlinie, wie viel davon in Nagellack stecken darf. Hier heißt es lediglich, dass die Aufnahme über verschiedene Quellen so gering wie nur eben möglich gehalten werden soll. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis es hier zu entsprechenden Empfehlungen kommen wird. Gibt es denn auch Produkte, die gesundheitlich unbedenklich sind? Wäre zertifizierte Naturkosmetik eine Alternative?

Aufatmen mit 3free, 5free, 7free? Dass Kunden auch bei Nagellack zunehmend grünere Produkte wünschen, zeigte sich schon vor den Ergebnissen der Schweizer Forscher. So sind heute Nagellacke im Angebot, bei denen auf verschiedene, kritische und kontrovers diskutierte Inhaltsstoffe verzichtet wird. Deshalb steht auf den Fläschchen gerne die Bezeichnung „free“ mit einer entsprechenden Zahl. Die kann von drei bis in den zweistelligen Bereich gehen. Ist ein Lack zum Beispiel „3free“, sind drei toxische und als gefährlich eingestufte Stoffe nicht darin enthalten. Leider wird der Begriff derzeit nicht einheitlich verwendet und gesetzlich geschützt ist er auch nicht. Jeder Hersteller kann demnach selbst entscheiden, was er im Lack weglässt, damit daraus ein „free“- Produkt wird.

Häufig ist es Formaldehyd, der im Verdacht steht krebserregend zu wirken sowie Allergien und Atemwegserkrankungen zu begünstigen. Ferner Phtalate, wie Dibutylphtalat, die als Weichmacher fungieren. Sie sind in Europa schon in Kinderspielzeug verboten, da sie im Verdacht stehen das Erbgut zu schädigen. Verzichtet wird in diesen Lacken auch auf das Lösungsmittel Toluol, welches möglicherweise Nervenschäden und Allergien auslöst. Bei „5-free“-​Lacken wird in der Regel zusätzlich auf Formaldehydharze (Wirkungen ähnlich Formaldehyd), Campher sowie das natürliche Harz Colophonium, welches allergische Reaktionen hervorrufen kann, verzichtet. Bei steigender „free“-Zahl sind die Produkte dann häufig als vegan zertifiziert.

Den Filmbildner Nitrocellulose, der offenbar zur Nitrosamin-​Entstehung beiträgt, haben die meisten Hersteller bisher nicht auf dem Schirm. Deshalb gibt es auch nur eine sehr kleine Gruppe an Produkten, die frei von Nitrocellulose ist. Lacke ohne Nitrocellulose brauchen länger zum Trocknen und ihre Konsistenz ist sehr dünn, fast wässrig. In Naturkosmetikprodukten gibt es vereinzelt Unter- und Klarlack, die diesen möglicherweise kritischen Stoff nicht enthalten. Vor allem beim Überlack werden Kundinnen fündig, wenn Sie die INCI-​Deklaration genau studieren. Farblacke ohne diesen Filmbildner zu finden ist aktuell noch eine Herausforderung. Doch die Entwicklung geht weiter und es wird nur noch eine Frage der Zeit sein, bis diese im Angebot sind. Eine Möglichkeit, die Nagelplatte zumindest teilweise zu versiegeln und so das Eindringen von Nitrosaminen zu verhindern, wäre die Verwendung eines Unterlacks, der keine Nitrocellulose enthält. Dieser Basiscoat kann in ein bis zwei Schichten aufgetragen werden. Im Anschluss folgt der Farblack.

Pflegen nicht vergessen Regelmäßiges Lackieren hinterlässt auf der Nagelplatte seine Spuren. Sie wirken gelblich bis hellbraun. Besonders ausgeprägt ist die Färbung, wenn kein Unterlack verwendet wird. Ob mit oder ohne Unterlack: Gesundheitlich bedenklich ist dies nicht, es sieht jedoch nicht besonders gepflegt aus. Insbesondere wenn die Nägel im Anschluss eine Zeit lang keinen Farbanstrich bekommen. Hier können spezielle optisch aufhellende Klarlacke Abhilfe schaffen. Einfacher geht es, wenn Ihr Kunde die Nägel ohne Nagellack mit einem in Zitronensaft getränkten Wattepad abreiben.

Im Anschluss bietet es sich an eine Polierfeile zu verwenden. Mittels der groben Seite wird die Nagelplatte leicht aufgeraut und Verfärbungen lösen sich. Ganz wichtig: Nägel im Anschluss an grobes Behandeln mit der Polierseite versiegeln. Sollen die Nägel unlackiert bleiben, etwas Öl, Nagelserum oder Handcreme in Nägel und Nagelhaut einarbeiten. Dies ist auch bei lackierten Nägeln wichtig und sinnvoll, damit die Nagelhaut weich und elastisch bleibt. Besonders in der kalten Jahreszeit ist die Pflege der Nägel und Hände wichtig, da nasskaltes Wetter sie zusätzlich austrocknet. Natürlich freuen sich auch Männerhände über Extra-Pflege.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/19 ab Seite 52.

Kirsten Metternich von Wolff, Freie Journalistin

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