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Medizinische Fachgebiete

LABORATORIUMSMEDIZIN

Bei der Labormedizin handelt es sich um ein Fachgebiet, das eine deutliche Überschneidung zu naturwissenschaftlichen Fächern wie der Molekularbiologie oder der Chemie zeigt. Kontakt zum Patienten hat ein Laborarzt in der Regel nicht.

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Die Bestimmung von Laborwerten ist ein wesentlicher Bestandteil der Labormedizin, deren sachkundige Bewertung stellt jedoch ebenfalls eine wesentliche ärztliche Leistung dar, die oft innerhalb kürzester Zeit (etwa im Falle eines Herzinfarktes) benötigt wird. Ob ein Herzinfarkt vorliegt, lässt sich beispielsweise durch verschiedene Serummarker ausschließen oder bestätigen. Die Proteine Troponin T und Troponin I geben Auskunft darüber, ob der Herzmuskel bereits geschädigt ist, während Myoglobin als Indikator zur Therapiekontrolle einer Lysebehandlung dient. In Deutschland können Ärzte eine spezielle Ausbildung zum Facharzt für Labormedizin absolvieren. Diese findet nach einem abgeschlossenen Medizinstudium über einen Weiterbildungszeitraum von fünf Jahren statt.

Fachärzte für Laboratoriumsmedizin arbeiten fachübergreifend für alle medizinischen Disziplinen, insbesondere jedoch für die Innere und Allgemeinmedizin. Laborärzte helfen durch die aussagekräftigen Laborbefunde bei der Diagnostik und Stadienbestimmung von Krankheiten, bei der Verlaufs- und Therapiekontrolle sowie bei der Prävention. Zusätzlich kümmern sie sich um Organisatorisches wie die Probenvorbereitung, den Transport ins Labor, die Datenfernübertragung oder die Übermittlung der Ergebnisse an den behandelnden Arzt. Labormediziner werden nur auf Auftrag eines behandelnden Arztes tätig und führen dann die geforderten Analysen durch. Der Haus- oder Facharzt entnimmt den Patienten vorab die dafür notwendigen Proben, im Normalfall kommt ein Patient mit dem Laborarzt persönlich nicht in Kontakt.

Verschiedene Methoden Zu den häufigsten Verfahren in der Labormedizin gehören Blut-, Stuhl-, Speichel- und Urinuntersuchungen oder spezielle Maßnahmen wie die Zytodiagnostik des Sputums. Die Fachrichtung befasst sich außerdem mit humanen Körpermaterialien wie Abstrichen oder Liquor zum Ausschluss oder Bestätigung einer Diagnose. Liquorproben zerfallen schnell und sollten daher möglichst rasch auf ihr Aussehen, die Zellzahl, den Glucosegehalt sowie auf Lactat und Erythrozytenbeimengungen geprüft werden. In der Toxikologie testen die Labormediziner anhand von Haar-, Urin- oder Blutproben, ob ein Missbrauch von Drogen vorliegt.

Außerdem liefern verschiedene diagnostische Verfahren Hinweise auf Infektionen mit Bakterien oder Viren, auf chronisch-entzündliche ZNS-Erkrankungen, auf Demenz sowie auf Enzephalopathien. Alle Materialien werden im Labor und demnach außerhalb des Körpers (in vitro) untersucht. Laut Angaben des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte e.V. beruhen zwei Drittel aller ärztlichen Diagnosen auf labormedizinischen Untersuchungen oder bestätigen sie. Mit Hilfe mikrobiologischer Untersuchungsverfahren decken Labormediziner ansteckende Krankheiten auf. Dazu geben sie Speichelproben auf Nährstoffschalen und regen die Vermehrung der Keime in speziellen Brutschränken an. Bei einer bestehenden Infektion entwickelt sich je nach Erreger eine Bakterien- oder Pilzkultur.

„Norm-Werte“ Die individuellen Blut- und Urinwerte, die sich bei der Messung ergeben, werden mit den entsprechenden Normwerten verglichen, um eventuelle Krankheiten zu erkennen. Normalbereiche sind durch Ober- und Untergrenzen festgelegt und durch Erhebungen an offensichtlich gesunden Menschen festgelegt. Es handelt sich dabei um die Ober- und Untergrenzen desjenigen Bereichs, in dem sich 95 Prozent aller Messwerte befinden. Somit wird deutlich, dass ein Wert außerhalb der Norm nicht unbedingt auf eine Erkrankung schließen lässt.

Immerhin jeder 20. Wert hat definitionsgemäß bei gesunden Personen außerhalb der angegebenen Grenzwerte zu liegen – die Werte dienen somit lediglich als Anhaltspunkte. Der Normalbereich wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst, wie etwa von der Population (Alter und Geschlecht) oder von der verwendeten Methodik. Neugeborene, Kinder, Frauen und Männer können somit völlig unterschiedliche Normalwerte aufweisen. Weicht ein Laborwert vom Referenzwertebereich ab, ist die Messung am besten (mehrfach) zu wiederholen, um Messfehler auszuschließen. Bestätigt sich die Abweichung, sollte der Arzt den Wert regelmäßig und sorgfältig überwachen.

Schwerpunkte in der Labormedizin Die Laboratoriumsmedizin gliedert sich in die Bereiche der klinischen Chemie, Mikrobiologie, Hämatologie, Hämostaseologie, Immunchemie, Endokrinologie, Transfusionsmedizin, Humangenetik oder molekulare Risikodiagnostik. Das Untersuchungsspektrum der Klinischen Chemie umfasst die Bestimmung von Tumormarkern, also von Proteinen, die bei der Entstehung und beim Wachstum von Karzinomen produziert werden. Beim Biomonitoring bestimmt man den Spiegel von Pharmaka, um eine Wirkung zu gewährleisten und toxische Begleiterscheinungen der Medikamente zu vermeiden. Mit Hilfe von elektrochemischen oder spektroskopischen Methoden lassen sich Schwermetalle und Elektrolyte identifizieren, während in der Proteinchemie Proteine, Enzyme, Kohlenhydrate und Lipide mit verschiedenen Verfahren getrennt und quantifiziert werden.

Die Infektionsserologie beschäftigt sich mit dem Nachweis von Antigenen und Antikörpern bestimmter Erreger. Dagegen befassen sich die Hämatologie und Hämostaseologie (Gerinnungsanalytik) mit Veränderungen des Blutes, den Blutkrankheiten sowie mit Abweichungen im Gerinnungsbildungsablauf. Im Rahmen der Allergiediagnostik wird beispielsweise Allergen-​spezifisches IgE mittels eines sogenannten Enzym-Allergo-Sorbent-Tests (EAST) bestimmt. Außerdem ist es möglich, den Botenstoff Histamin, das Enzym Diaminoxidase sowie das Eosinophile Kationische Protein, die bei einem akuten Neurodermitis-Schub, einem Asthmaanfall oder einer atopischen Dermatitis ins Blut abgegeben werden, nachzuweisen.

Exkurs: Hochsicherheitslabor In einem Labor der höchsten Schutzstufe 4 darf mit Erregern der höchsten Risikogruppe 4 umgegangen werden (zum Beispiel Krim-Kongo-Hämorrhagisches-Fieber-Viren; Lassa- oder Ebola-Viren). Das Hochsicherheitslabor gewährleistet den sicheren Verkehr, die Erforschung sowie die Diagnostik von lebensgefährlichen Krankheitserregern, ohne die Bevölkerung und das Personal zu gefährden.

Das Betreten und Verlassen der Räumlichkeiten geschieht über verschiedene Schleusen, außerdem ist das Labor unabhängig hinsichtlich seiner Stromversorgung und seiner Lüftungsanlagen sowie gegen technische Ausfälle speziell gesichert. Im Juli 2018 hat ein neues S4-Labor des Robert-Koch-Institutes seinen Betrieb aufgenommen. In diesem Labor sollen Wissenschaftler neue Erreger wie zum Beispiel SARS-Viren, MERS-Corona-​Viren oder Grippeviren möglichst rasch identifizieren, charakterisieren und Verfahren zur Diagnostik, Behandlung und Impfung entwickeln.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2020 ab Seite 122.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

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