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Kulinaria

KOCHEN MIT MUSSE

Wenn wir einmal über den Tellerrand hinausschauen, können wir in

fremden Küchen allerhand entdecken. Die Amerikaner beispielsweise

besitzen ein Herz für Berufstätige – und die haben wenig Zeit.

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Vom Auswuchs der Fast Food-Küche einmal abgesehen – hier soll nicht von fettigen Hamburgern und frittierten Hühnerschenkeln die Rede sein – gibt es ein Küchengerät, das in den 70er-Jahren erfunden wurde und das in Deutschland nur ganz langsam den Markt erobert: der Slowcooker. Während er in den USA praktisch in jedem Haushalt zu finden ist, gibt es in Deutschland nur eine kleine, jedoch stetig wachsende Gemeinde, die die Vorzüge dieses einfachen Gerätes zu schätzen weiß.

Simpel, aber effektiv Der Slowcooker hat eine äußere, beheizbare Hülle aus Aluminium und einen passenden Einsatz aus Keramik plus Deckel. Dazu ein Knopf mit zwei Heizstufen. Das ist schon alles. Die einstellbaren Temperaturen sind 70 und 90 Grad, bleiben also stets unter den Siedepunkt. Der Slowcooker kocht nicht – auch wenn sein Name anderes vermuten lässt –; er lässt die Speisen langsam gar ziehen. Dazu braucht er Zeit, vier bis zehn Stunden lang. Immerhin hat der Slowcooker mittlerweile einen eigenen Wikipedia-Eintrag, der das Kochgerät aus Amerika etwas schwerfällig mit „Schongarer“ übersetzt.

Es gibt ihn in allen Preisklassen (ab ca. 40 Euro), je nachdem ob mit Zeitschaltuhr oder ohne. Er erlaubt berufstätigen Menschen, ihn morgens zu befüllen und abends ein fertiges, warmes Essen zu genießen. Besonders gut ist er übrigens in der Zubereitung von Fleisch: Auch zähe Stücke springen nach acht Stunden im eigenen Saft von der Gabel, so zart sind sie. Pulled Pork, Spare Ribs oder die gute deutsche Roulade, sie haben hier einen Ort zum Reifen. Und das bei sehr niedrigen Energiekosten. Schließlich könnte man die Speisen auch mit der Niedergarmethode im Backofen zubereiten – doch der verbraucht mit durchschnittlich zwei Kilowattstunden pro Garvorgang deutlich mehr als der „Crocky“ – wie der Topf von seinen Anhängern liebevoll genannt wird –, der nur 0,7 Kilowattstunden benötigt.

LANGSAM GAREN
Menschen, die gut organisieren können, werden mit dem „Slowcooker“ oder „Crockpot“ glücklich. Das Küchengerät, das in den USA erfunden wurde, bedarf vor der Benutzung etwas Planung – macht dann jedoch alles allein. Die Zubereitungsart hat Ähnlichkeit mit der Niedergarmethode, verbraucht allerdings weniger Energie.

Geschmacksintensiv Was sind nun die Vorteile des Kochgerätes aus Übersee? Die simple Methode eines geschlossenen Garraums ermöglicht, dass sowohl die Aromen als auch die Flüssigkeit im Gargut bleiben. Gewürze und Kräuter schmecken kräftiger, das sollte bei der Zugabe berücksichtigt werden. Saucen, Suppen, Eintöpfe aber auch Braten und Hühnchenteile entwickeln somit einen Geschmack, der sonst nur mit viel Würzraffinesse zu erreichen ist. Mittlerweile gibt es eigene Kochbücher für den Slowcooker, denn seine Rezepte folgen wenigen, besonderen Regeln. Beispielsweise ist Kochflüssigkeit kaum vonnöten, das „Pulled Pork“ kommt sogar mit dem Saft der zugefügten Zwiebeln aus. Mit ein wenig Planung lässt sich der Tagesablauf erheblich entschleunigen. Und es muss auch niemand Angst haben, dass das Haus in Flammen aufgeht, während der Crocky-Besitzer auf der Arbeit weilt – hält man sich an die Aufstellanweisungen, besteht keine Brandgefahr.

Und die Nachteile? Fürs schnelle Mittagessen ist der üblicherweise 3,5 Liter große Topf nicht gemacht. Fisch und Milchspeisen sollten erst in der letzten halben Stunde hinein, gerade Eiweiß flockt bei längerem Simmern aus. Rosa Roastbeef oder ein vernünftiges Steak sind auch nicht zu erwarten, Bratkartoffeln schon mal gar nicht – alles, was schnelle, trockene Hitze benötigt ist im Crocky fehl am Platz. Aber der Braten, die Ratatuoille, die Reispfanne, Kötbullar und sogar Möhrenkuchen – es gibt kaum eine Zubereitungsart, die diese Gerichte besser schmecken lässt. Ein stressfreier Sonntagvormittag, dem trotzdem ein deliziöses Mittagessen folgt, ist ebenfalls garantiert – falls man daran denkt, ihn Samstagabend beim Zubettgehen einzuschalten.

Gut zum Fleisch Dass der Slowcooker oder „Crock Pot“ einmal von einer amerikanischen Firma erfunden wurde, ist sicherlich kein Zufall, liebt man es doch in den USA kulinarisch eher deftig und saucig – und mit viel Fleisch. Da die Amerikaner Weltmeister im Grillen sind, ist darauf hinzuweisen, dass sich im Slowcooker eine wirklich gute Barbecue- Soße herstellen lässt, ebenso Ketchup aus eigener Produktion. Damit übergossen, erhalten selbst simple Hühnerflügel wahnsinnige Aromen und werden garantiert als „Chicken Wings“ neues Lieblingsessen der Kinder. Was der Crocky ebenfalls gut kann, sind Eintöpfe. Und was läge da näher, als einen traditionellen Tex-Mex-Bohnen-Eintopf, hier einmal groß herauszustellen.

Um „Chili con Carne“ ranken sich erhebliche Legenden; die älteste erwähnt eine Nonne, der das Gericht in Trance erschienen ist. Ob es nun erstmals in Mexiko, Texas, Arizona oder beim US-Militär gekocht wurde; die Frage, wer das Chili erfunden hat, ist nicht mehr zu klären. Seine ursprünglichen Zutaten beschränkten sich auf Rindfleisch, Chili, Zwiebeln und Gewürze – Chilischoten mit Fleisch (con Carne) eben – und das Gericht hatte den unschlagbaren Vorteil, gleichzeitig billig und konservierfähig zu sein. Bohnen und Mais wurden hinzugefügt, um es nahrhafter zu machen. Seit dem 17. Jahrhundert streitet man sich um seine Entstehung, seinen Ursprungsort und seine „richtige“ Zusammensetzung. Das Chili wurde in Texas sogar zum „State Dish“ (Staatsgericht). In Amerika gibt es gleich zwei Chili-Weltmeisterschaften mit eigenen, sehr strengen Regeln. Allen Weltmeistern gemeinsam ist, dass sie Kaffee und Kakao in ihren Chilirezepten verwendeten – einen Tipp, den man gern beherzigen darf. Hier also das (erprobte) Rezept für den Slowcooker:

Chili con carne In einer großen Pfanne ein Kilogramm Rinderhackfleisch mit zwei Zwiebeln und zerdrückten Knoblauchzehen (Anzahl nach Geschmack) kurz anbraten, in den Einsatz des Slowcookers geben. Zwei Esslöffel Tomatenmark hinzugeben und eine kleine Dose geschälte Tomaten. Salz, Pfeffer, zwei Esslöffel Zucker, Chiliflocken nach Gusto (ein Teelöffel ist schon ziemlich scharf) sowie einen Teelöffel Backkakao hinzugeben. Jetzt kommt die Flüssigkeit: Je 200 Milliliter Schwarzbier, Kaffee und Brühe hinzugeben. Zwei Dosen Kidney-Bohnen und eine Dose Mais in ein Sieb geben, kurz abspülen, hinzugeben. Umrühren und Deckel drauf. Baguette kaufen gehen, nach fünf Stunden nachschauen. Falls Sie sich wegen des aromatischen Geruches so lange beherrschen konnten.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 01/17 ab Seite 88.

Alexandra Regner, PTA, Journalistin und Redaktion

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