© Fernando Sanchez / 123rf.com

Politik

KLEINES JUBILÄUM - TEIL 1

Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) trat vor 25 Jahren in Kraft. Etliche Änderungsgesetze haben es fortgeschrieben, meist um Ausgaben im Gesundheitswesen zu begrenzen.

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Das Fünfte Buch SGB enthält alle Bestimmungen zur gesetzlichen Krankenversicherung, niedergelegt in mehr als dreihundert Paragrafen. Grundpfeiler sind das Solidaritätsprinzip, das gleiche Leistungen unabhängig vom Einkommen beziehungsweise von der Beitragshöhe und dem Krankheitsrisiko der Versicherten gewährleistet, sowie das sogenannte Sachleistungsprinzip, das Leistungen ohne finanzielle Vorleistungen der Versicherten sicherstellt. Insoweit unterscheiden sich gesetzliche und private Krankenversicherung fundamental voneinander.

Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist es, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder zu bessern. Grundsätzlich sind alle Arbeiter und Angestellten sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten versichert, sofern ihr Arbeitsentgelt nicht die Versichertenpflichtgrenze übersteigt. Damit gehören rund neunzig Prozent der Bevölkerung der GKV an.

Ausreichend – nicht gut Im SGB V ist insbesondere geregelt, dass die Versicherten im Krankheitsfall Anspruch auf Leistungen haben, allerdings lediglich auf eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Leistung. Eine gute oder gar bestmögliche Versorgung kann nicht eingefordert werden. Vielmehr dürfen die Leistungen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

Schließlich muss die Solidargemeinschaft die Kosten tragen und darf nicht überfordert werden. Denn finanziert werden die Leistungen hauptsächlich durch einkommensbezogene Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Besonders wichtige arzneimittelrelevante Regelungen finden sich im fünften Abschnitt des SGB V, der Leistungen bei Krankheit beschreibt; im siebten Abschnitt können Regelungen zum Apotheken- und Arzneimittelbereich nachgeschlagen werden.

Wie alles begann Das SGB V trat am 1. Januar 1989 in Kraft und feiert somit ein kleines Jubiläum. Zuvor war die gesetzliche Krankenversicherung vor allem in der Reichsversicherungsordnung geregelt. Seither gab es weit mehr als ein Dutzend Änderungsgesetze mit immer kürzeren „Verfalldaten“. Hatte das Gesundheitsreformgesetz von 1989, das unter Federführung des damaligen Arbeit- sund Sozialminister Norbert Blüm das GKV-System auf eine neue gesetzliche Grundlage stellte, noch eine „Haltbarkeit“ von vier und das folgende Gesundheitsstrukturgesetz eine von drei Jahren, werden inzwischen beinahe im Jahresrhythmus Änderungen verabschiedet, um die Leistungsausgaben der GSK nicht größer als die Einnahmen werden zu lassen.

Mit dem bereits erwähnten Gesundheitsreformgesetz (GRG) wurden vor 25 Jahren die Festbeträge eingeführt. De facto sind sie eine deutsche „Erfindung“. Festbeträge legen Höchstpreise für bestimmte Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung fest. Sie sind gemäß SGB V so festzusetzen, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleistet ist. Übersteigt der Preis des Arzneimittels den Festbetrag, muss der Versicherte die Mehrkosten selber tragen. Zudem wurden mit dem GRG erstmalig Bagatellarzneimittel aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen ausgenommen … und blieben es bis heute.

Neue Gesundheitsminister, weitere Eingriffe Die nächste Reform trug den Namen Gesundheitsstrukturgesetz, kurz GSG, und wurde notwendig, weil die Einsparungen durch das GRG nicht nachhaltig waren. Der Bundesgesundheitsminister hieß damals Horst Seehofer. Sein Gesetz war eine Mischung aus Kostenbremse und weit reichenden strukturellen Änderungen in der GKV.

Ärztliche Leistungen wurden budgetiert, ein kassenübergreifender Risikoausgleich eingeführt, Fallpauschalen etabliert und freie Kassenwahl implementiert. Im Arzneimittelbereich wurden die Zuzahlungen der Versicherten bei Arzneimitteln angehoben und nach Packungsgrößen gestaffelt. Dass umstrittene Vorhaben, eine Positivliste erstattungsfähiger Arzneimittel zu erstellen, wurde später wieder aufgegeben.

Es folgten ein SGB V Änderungsgesetz im Jahr 1996, das Ausnahme von der Festbetragsbildung für patentgeschützte Wirkstoffe brachte, um den Forschungsstandort Deutschland nicht zu benachteiligen und das sogenannte Beitragsentlastungsgesetz im Folgejahr mit erhöhten Zuzahlungen im Arzneimittelbereich. Auch mit dem 1. und 2. GKV-Neuordnungsgesetz im Jahr 1997 wurde − immer noch unter Gesundheitsminister Seehofer − erneut an der Zuzahlungsschraube für Versicherte gedreht und zugleich der Beitragssatz an eine Zuzahlungserhöhung gekoppelt.

Ein Vorschaltgesetz der nachfolgenden Gesundheitsministerin Andrea Fischer mit dem sogenannten GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz machte diese Regelungen wieder rückgängig, um dann mit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz im Jahr 2000 neue Wege zu beschreiten.

Die „Millenniums-Reform“ sah unter anderem die Gründung des Instituts für die Arzneimittelverordnung in der GKV vor, um die Positivliste doch noch zu erstellen. Auch dieser zweite Anlauf scheiterte; bis heute gibt es lediglich eine Negativliste, die von Ärzten (Regress) und Apotheken (Retaxation) zu beachten ist. Ein größerer Erfolg war der verpflichtenden Abgabe von Reimporten beschieden, die mit dem Reformgesetz eingeführt wurde und bis heute von Apotheken umzusetzen ist.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/14 ab Seite 122.

Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium

×