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Desinfektionsmittel

KLEINE WUNDEN

Bagatellverletzungen treten häufig im Alltag auf. Eindringende Keime können zu Entzündungen und verzögerter Wundheilung führen. Welche Desinfektionsmittel gehören zur Erstversorgung in die Hausapotheke?

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Familien mit kleinen Kindern können ein Lied davon singen – Schürf- und Platzwunden kommen immer wieder beim Spielen, Toben und Sporttreiben vor. Von Vorteil ist, wenn die wichtigsten Utensilien zur Wundreinigung und -versorgung parat stehen. Denn nur eine gut versorgte, nicht infizierte Wunde kann in Ruhe abheilen.

Aber nicht jede Wunde bedarf einer intensiven Desinfektion. Häufig reicht es aus, sie sorgfältig mit klarem Wasser auszuspülen. Sind Wunden stark verschmutzt, sollten sie wegen der Infektionsgefahr anschließend mit geeigneten Desinfektionsmitteln behandelt werden. Schmutzpartikel können auch mechanisch mit einer sterilen Pinzette entfernt werden.

Abhängig von der Art der Wunde unterscheidet sich auch die Versorgung. Saubere, glatte Schnittwunden habe eine hohe Blutungsneigung. Sie reinigen sich durch Ausschwemmen der Keime bis zu einem gewissen Grad selber. Da die Wundränder relativ glatt sind, lassen sie sich mit einem Pflaster gut fixieren und abdecken. Im Gegensatz dazu sind Schürfwunden weniger tief, dafür aber flächiger und bluten sehr viel weniger. Meistens sind sie stärker verschmutzt, sodass die Reinigung schwieriger und die Desinfektion eine wichtige Maßnahme für den Heilungsprozess ist.

Tipps zur Erstversorgung:

  • Wunde mit isotonischer Kochsalzlösung oder sauberen Leitungswasser ausspülen.
  • Fremdkörper entfernen.
  • Wunddesinfektion auftragen/sprühen
  •  Blutung stillen:
    - Wunde mit einer sterilen Kompresse oder einem Wundschnellverband abdecken.
    - Stark blutende Wunden mit einem Stapel steriler Kompressen abdecken, mit einer Mullbinde
      fixieren. Wenn nötig, einen Druckverband anlegen.
    - Betroffenes Körperteil hochlegen, das unterstützt die Blutstillung.
  • Wann zum Arzt?
    - Wenn die Blutung schlecht zu stillen ist
    - Bei Kreislaufbeschwerden
    - Bei stark verschmutzten, beziehungsweise großen Biss-, Brand-, Platz- oder Schnittwunden.

Wundantiseptika früher und heute Die „Dinosaurier“ der Antiseptika sind Wasserstoffperoxid oder Ethacridinlactat. Heute sind sie nicht mehr die erste Wahl. Wasserstoffperoxid weist eine hohe Gewebetoxizität und zahlreiche Inkompatibilitäten auf. Ethacridinlactat hat nur einen langsamen Wirkungseintritt und ein eingeschränktes -spektrum. Genauso wie Gentianaviolett, Kaliumpermanganat und quecksilberhaltige Antiseptika sind Ethacridinlactat und Wasserstoffperoxid als obsolet einzustufen.

Mittlerweile sind Octenidin und Polihexanid der Goldstandard bei der Verwendung von Antiseptika. Octenidin hat ein breites Wirkspektrum und ist gut gewebeverträglich. Von Vorteil bei der Applikation ist die kurze Einwirkzeit. Außerdem brennt es nicht beim Auftragen, sodass es auch bei Kindern eine gute Akzeptanz aufweist. Das farblose Spray hinterlässt im Gegensatz zu jodhaltigen Antiseptika keine Verfärbungen auf Haut und Kleidung.

Wundantiseptika
Sie werden auf Haut und Schleimhäute aufgebracht und wirken nicht nur durch die direkte Abtötung der Erreger, sondern hemmen auch deren Anheftung an das Gewebe sowie die Bildung von pathogenen Toxinen. Antiseptika sollten nur bei Infektionsgefahr und dann auch nur kurzfristig angewendet werden. Ein gutes Produkt ist verträglich, brennt nicht, hat ein möglichst geringes Allergierisiko, einen raschen Wirkungseintritt und ein breites antibiotisches Spektrum. Lokalantibiotika werden zur Desinfektion von unkomplizierten Wunden wegen des Resistenzrisikos nicht empfohlen. Ausnahme: Tyrothricin, Resistenzen sind nicht bekannt.

In Kombination mit 2-Phenoxyethanol erhöht sich die bakterizide, fungizide und viruzide Wirkung. Die Eiweiße der Erreger werden zerstört und die Zellfunktionen gehemmt. Neben der Wunddesinfektion wird die Kombination auch zur Hautdesinfektion, zur Behandlung von Entzündungen in der Mundhöhle und zur Desinfektion vor dem Einführen eines Blasenkatheters verwendet.

Polihexanid hat ebenfalls ein breites Wirkspektrum gegenüber Pilzen, Viren, Bakterien und Mykobakterien und zeigt bisher keine Resistenzbildung bei den typischen Wundkeimen. Wie Octenidinlösungen ist das Antiseptikum farblos und bedarf nur einer kurzen Einwirkzeit. Etwas stärker als bei Octenidin wird der granulationsfördernde Effekt beschrieben. Es kann nicht nur bei akuten Wunden, sondern auch bei chronischen Wunden oder Verbrennungen zum Einsatz kommen.

Povidon-Jod, PVP-Jod gilt hinter diesen beiden Antiseptika als zweite Wahl. Aufgrund der guten Verträglichkeit auf Haut- und Schleimhäuten, dem breiten Wirkspektrum und der guten Resistenzlage wird es auch immer noch häufig bei der Desinfektion chronischer Wunden eingesetzt. Jodhaltige Desinfektionsmittel haben eine rasche Wirkung auf die Erreger und hemmen außerdem Entzündungsmediatoren.

Bei stark blutenden oder eitrigen Wunden ist die Wirkung von PVP-Jod allerdings vermindert. Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen, Schwangere oder Säuglingen unter sechs Monaten sollten PVP-Jod allerdings nicht anwenden. Chlorhexidin ist in vitro Untersuchungen verträglicher als Octenidin und kann ebenfalls zur kurzfristigen Versorgung oberflächlicher Wunden verwendet werden.

Bisher liegt das Haupteinsatzgebiet für chlorhexidinhaltige Antiseptika insbesondere im Bereich der Desinfektion des Mund- und Rachenraums. Silberhaltige Auflagen werden immer wieder gerne zur Abdeckung von kleinen infektiösen Wunden verwendet. Bei Kontakt mit dem Wundsekret werden Silberionen freigesetzt, die bakterizid und mykozid wirken. Silber-Aktivkohle-Auflagen haben eine wichtige Stellung bei der Versorgung von chronischen nässenden Wunden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/13 ab Seite 84.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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