Cannabiszigarette © Tunatura / iStock / Getty Images
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Psychologie in der Apotheke

KIFFEN HAT FOLGEN

Cannabis gilt als das in Deutschland am häufigsten konsumierte, illegale Rauschmittel. Der regelmäßige Konsum geht mit verschiedenen sozialen und gesundheitlichen Nachteilen einher.

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Kiffen ist cool? Total harmlos und völlig in Ordnung? Vielleicht sogar gesund, schließlich wird Cannabis zu medizinischen Zwecken eingesetzt? Diese Annahmen sind nicht zutreffend, ganz im Gegenteil. Man geht davon aus, dass der Konsum vor allem bei zwei Personengruppen Schäden verursachen kann und zwar bei Teenagern sowie bei Menschen, die zu Psychosen neigen.

Verschiedene Effekte Die Pflanzengattung Cannabis zählt zu der Familie der Hanfgewächse. Cannabis ist die Bezeichnung für die gesamte Pflanze, während die getrockneten, weiblichen Blütenstände Marihuana oder „Gras“ genannt werden. Haschisch oder „Pott“ ist das gepresste Harz der weiblichen Hanfpflanze. Für die berauschende Wirkung ist Δ-9-Tetrahydrocannabinol (THC) verantwortlich. THC ist der Hauptwirkstoff der Pflanze, während das nicht psychotrop wirkende Cannabidiol (CBD) den zweithäufigsten Inhaltsstoff der Droge darstellt. THC und teilweise auch CBD docken an den Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 an, um ihre Wirkungen zu entfalten. CB1 befinden sich im zentralen Nervensystem (hauptsächlich in Basalganglien, Kleinhirn, Hippocampus) und in den peripheren Nervenzellen (besonders in der Leber und im Gastrointestinaltrakt).

CB2-Rezeptoren kommen vor allem in Immunzellen vor, sind an der Zytokinausschüttung beteiligt und befinden sich auch auf den Zellen, die für den Knochenstoffwechsel zuständig sind. Der Cannabiskonsum wirkt sich vor allem schmerzlindernd, anxiolytisch, psychotrop, muskelrelaxierend, antiemetisch und appetitanregend auf den Organismus aus. Das körpereigene Endocannabinoid Anandamid bindet wie THC an die Cannabinoid-Rezeptoren des Gehirns und ruft dort angenehme Gefühle hervor. Endocannabinoide haben einen beruhigenden Effekt, nehmen Einfluss auf das Essverhalten, lassen Erinnerungen verblassen und können Schmerzen lindern.

Doch nicht so harmlos! Die Cannabis-Wirkung hängt unter anderem von der Art der Aufnahme ab. Beim Rauchen wird das THC rasch über die Atemwege aufgenommen und führt zu einem euphorisierenden und sedierenden Effekt. In höheren Konzentrationen kann Cannabis auch Wahrnehmungsstörungen, Halluzinationen, Schwindel, Erbrechen, Orientierungs-, Sprach- und Gedächtnisstörungen, Angst- und Unruhezuständen hervorrufen. In den meisten Fällen verstärkt es die (euphorische oder depressive) Ausgangsstimmung der Konsumenten und entfaltet eine beruhigende Wirkung. Die Sinneswahrnehmungen, insbesondere der Farben und Geräusche, verändern sich ebenso wie das Zeit- und Raumgefühl.

Das Denken wird sprunghaft, die üblichen Denkmuster sind beeinträchtigt und oft können Betroffene keine klaren Gedanken mehr fassen. Bei regelmäßigem Konsum verschlechtert sich das Kurzzeitgedächtnis, oft stellt sich ein Gefühl der Gleichgültigkeit gegenüber der Umwelt ein und mitunter kommt es zu Schlafstörungen und zu Persönlichkeitsveränderungen. Bei der oralen Aufnahme von Cannabiszubereitungen wird das THC langsamer vom Körper aufgenommen, die Wirkung kann dann aber sehr plötzlich erfolgen. Konsumenten erleben häufig das, was man als Absturz bezeichnet, und sind durch den intensiven Rausch psychisch überfordert.

Vorsicht, Gewöhnungsgefahr! Das Risiko sozialer und gesundheitlicher Auswirkungen hängt von der Menge und Häufigkeit des Konsums ab. Von einem „weichen Konsummuster“ spricht man, wenn Betroffene Cannabis nur gelegentlich (zum Beispiel zwei- bis dreimal im Monat) in geringen Mengen konsumieren. Ein hartes Konsummuster kennzeichnet sich dadurch, dass der Konsum fest in den Alltag integriert ist und gewohnheitsmäßig, häufig sogar täglich stattfindet. In diesen Fällen können Konsumenten von der Droge psychisch abhängig werden und ein starkes Verlangen entwickeln. Wer körperlich abhängig ist, reagiert auf den Beginn einer Abstinenz mit Entzugssymptomen in Form von Ängsten, Unruhe, Nervosität oder depressiven Verstimmungen.

Einfluss auf den IQ Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Droge Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen zur Folge hat. Haben Betroffene erst im Erwachsenenalter mit dem Konsum begonnen, bilden sich die Begleiterscheinungen möglicherweise zurück. In einer neuseeländischen Studie an Kiffern wurde ihr IQ im Alter zwischen 13 und 38 Jahren gemessen. Während der IQ bei den Nicht-Kiffern in diesem Zeitraum anstieg, sank er bei den Kiffern um bis zu acht Punkte (je höher der Konsum, desto größer die Einbußen). Bei Erwachsenen, die als Teenager nicht gekifft hatten und dann aufhörten, normalisierte sich der IQ wieder.

Zusammenhang mit Psychosen Es gab in den vergangenen zehn Jahren verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen Cannabis und Psychosen. In hohen Konzentrationen kann Cannabis kurzzeitige Psychosen hervorrufen, außerdem treten bei Kiffern häufiger psychotische Störungen auf als bei Nicht-Konsumenten – so viel ist klar. Wissenschaftler der Universität Maastricht fanden beispielsweise heraus, dass jugendlichen Kiffer ein erhöhtes Risiko hatten, später psychotische Symptome zu zeigen.

Bei Personen, die über einen längeren Zeitraum Cannabis konsumierten, bestand eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass die psychotischen Symptome in einer Psychose wie der Schizophrenie münden. Ein niederländisches Forscherteam verglich die DNA von über 180 000 Cannabiskonsumenten mit der DNA von Nicht-Konsumenten und entdeckte acht Genvarianten, die bis zu elf Prozent des Konsums erklären könnten. Diese entsprachen den genetischen Varianten, die mit dem Schizophrenierisiko in Verbindung gebracht werden.

Rechtslage In Deutschland sind Anbau, Handel, Abgabe, Erwerb und Besitz von Cannabis laut Betäubungsmittelgesetz (BtMG) strafbar beziehungsweise genehmigungspflichtig, allerdings betrifft dies nicht den Konsum. Seit März 2017 ist der Einsatz von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland erlaubt, als Rauschmittel jedoch weiterhin verboten.

Verbote schützen nicht Laut einer Umfrage der Berliner Fachstelle für Suchtprävention liegt das Einstiegsalter der Kiffer bei durchschnittlich 14 bis 15 Jahren. Jugendliche lassen sich demnach durch die Verbote nicht davon abbringen, die Droge zu konsumieren, sodass der Schwarzmarkt boomt. Die Tatsache, dass Strafverfahren aufgrund des Erwerbs von geringen Mengen Cannabis zum Eigengebrauch in der Regel eingestellt werden, vermittelt Konsumenten oft Sicherheit. In den USA wurde Cannabis in einigen Bundesstaaten legalisiert. Seitdem sank die Wahrscheinlichkeit, dass ein Jugendlicher regelmäßig kifft, in den „legal states“ um neun Prozent – wie das Fachmagazin JAMA Pediatrics berichtete. Der Autor der Studie Mark Anderson vermutet, dass die Teenager durch die Legalisierung schlechter an die Droge herankommen. Außerdem könnten Eltern durch das neue Gesetz auf das Thema aufmerksam geworden sein und ihre Aufklärungsarbeit verbessert haben.

Aufklärung durch Bezugspersonen Empfehlen Sie besorgten Eltern, Kindern ihre Haltung gegenüber der Droge klar zu kommunizieren. Angehörige sollten außerdem mit den Teenagern reden und sie nach ihren Erfahrungen fragen, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Es ist ratsam, Regeln aufzustellen wie: Kein Cannabis-Konsum vor dem 18. Lebensjahr. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass es trotzdem zu einem Probierkonsum kommt, jedoch werden sich die Jugendlichen vorsichtiger verhalten.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/2021 ab Seite 30.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

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