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Trockene Augen

KEIN WASSER IN SICHT?

Sie brennen, sind gerötet und gereizt – und beeinträchtigen Sehleistung sowie Lebensqualität. Tränenersatzmittel können das Problem oft beheben, doch sollte der Selbstmedikation immer eine augenärztliche Diagnose vorangehen.

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Schätzungsweise acht bis zehn Millionen Deutschen machen trockene und gereizte Augen zu schaffen. Typischerweise klagen Betroffene über ein Fremdkörpergefühl, so, als habe man ein Sandkorn im Auge. Zu den charakteristischen Symptomen gehören auch Augenrötung, Lichtempfindlichkeit, Juckreiz und brennende Schmerzen.

Mit diesen Beschwerden kommen viele Betroffene hilfesuchend in die Apotheke. Aus gutem Grund, denn schließlich gibt es hier eine große Auswahl an rezeptfreien Augentropfen, -gelen und -sprays, die das lästige Übel lindern können. Doch sollten Sie im Beratungsgespräch immer darauf hinweisen, dass Augenprobleme nicht auf die „leichte Schulter” genommen werden dürfen. Denn einerseits können die Symptome auf andere Augenerkrankungen hinweisen, die ursächlich behandelt werden müssen.

Und andererseits ist auch bekannt, dass trockene Augen Begleitsymptom zahlreicher systemischer und organischer Erkrankungen sein können: Diabetes, rheumatische Erkrankungen, Allergien, Schilddrüsenfunktionsstörungen und Hautkrankheiten wie Neurodermitis gehören dazu. Auf diese Zusammenhänge sollten Sie hinweisen und Kunden, die unter länger anhaltenden, stärkeren oder plötzlich einsetzenden Augenbeschwerden unklarer Ursache leiden, dringend zum Arztbesuch raten.

Mangel an Tränen Beim trockenen Auge, medizinisch als Siccasyndrom oder Keratokonjunktivitis sicca bezeichnet, handelt es sich um eine Benetzungsstörung der Augenoberfläche. Dazu kommt es entweder durch eine zu geringe Produktion von Tränenflüssigkeit oder durch eine falsche Zusammensetzung des Tränenfilms. Der hauchdünne Tränenfilm hat die Aufgabe, die Lidinnenseite, die Binde- und die Hornhaut des menschlichen Auges zu befeuchten, somit geschmeidig zu halten und vor dem Austrocknen zu bewahren. Außerdem versorgt er die Hornhaut mit Sauerstoff und Nährstoffen und ist dank seiner keimtötenden Substanzen in der Lage, die empfindlichen Augen vor Infektionen zu schützen.

Der gesunde Tränenfilm besteht aus drei Schichten: Ganz innen, direkt auf der Hornhautoberfläche, befindet sich die schleimhaltige Muzinschicht, in der Mitte die wässrige Schicht, die auch Abwehrstoffe und desinfizierende Substanzen enthält, und außen die Lipidschicht, die dafür sorgt, dass die wässrige Schicht nicht so schnell verdunstet. Mit dem Lidschlag – der alle fünf bis zehn Sekunden erfolgt – verteilt sich die Tränenflüssigkeit gleichmäßig über die gesamte Augenoberfläche.

Vielfältige Risikofaktoren Unterschiedliche Faktoren können für einen Mangel an Tränenflüssigkeit oder eine falsche Zusammensetzung des Tränenfilms verantwortlich sein und so die Entstehung des Siccasyndroms begünstigen. Dazu zählen – neben den bereits beschriebenen Krankheiten – beispielsweise auch Umweltfaktoren und persönliche Lebensumstände wie Belastungen durch Sonne, Wind und Zugluft, zu geringe Luftfeuchtigkeit in klimatisierten und geheizten Räumen, langes Arbeiten am Bildschirm sowie Tabakqualm.

Zu den nachgewiesenen Risikofaktoren gehören ein fortgeschrittenes Alter und ein veränderter Sexualhormonstatus. Insbesondere im Körper der Frau finden während des Klimakteriums weitreichende physiologische Veränderungen statt, die trockene Augen begünstigen können. Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass Frauen nach den Wechseljahren besonders häufig unter dem Siccasyndrom leiden.

Darüber hinaus können auch zahlreiche Arzneimittel zu trockenen Augen führen. Zu nennen sind hier unter anderem Antidepressiva, Antihistaminika, Benzodiazepine, Beta-Rezeptorenblocker, Diuretika, Kontrazeptiva und Neuroleptika. Im Beratungsgespräch sollten Sie Kunden unbedingt auf diesen Zusammenhang aufmerksam machen.

DIE AUGEN SCHÜTZEN
Natürlich kommt es beim Siccasyndrom auch darauf an, die gereizten, geröteten Augen „pfleglich” zu behandeln und ihnen regelmäßige Erholungsphasen zu gönnen. Darauf können Sie betroffene Kunden im Beratungsgespräch aufmerksam machen und ihnen beispielsweise empfehlen …

+ für eine ausreichend feuchte und frische Raumluft zu sorgen.
+ Zugluft zu vermeiden.
+ das Gebläse im Auto nie direkt auf die Augen zu richten.
+ regelmäßige Computerpausen einzulegen und bei langer Bildschirmarbeit immer wieder bewusst zu
blinzeln.
+ sowohl aktives als auch passives Rauchen zu vermeiden.
+ Kontaktlinsen (zumindest gelegentlich) durch eine Brille zu ersetzen.
+ sich für reizarme Kosmetik zu entscheiden, vor allem dann, wenn die Augen trocken und empfindlich zugleich sind. Hier können Sie auch auf hypoallergene Produkte aus Ihrem Sortiment aufmerksam machen.
+ viel zu trinken. Mindestens anderthalb bis zwei Liter gesunde Durstlöscher sollten es täglich sein.

Guter Ersatz Ist die Diagnose augenärztlich gesichert, kann das Siccasyndrom sehr oft erfolgreich mit Tränenersatzmitteln therapiert werden. Wie der Name bereits andeutet, ersetzen diese auch als künstliche Tränen oder Filmbildner bezeichneten Präparate den natürlichen Tränenfilm. In der Apotheke gibt es Tränenersatzmittel rezeptfrei als Augentropfen und -gele mit unterschiedlicher Viskosität. Zu den Filmbildnern zählen unter anderem Povidon, Polyvinylalkohol, Carbomer, Carmellose, Hypromellose und Hyaluronsäure.

Die Wirkstoffe kommen einzeln oder kombiniert zum Einsatz. Einige Präparate enthalten zusätzlich weitere Wirkstoffe wie Dexpanthenol oder Vitamin A. In der Regel müssen künstliche Tränen mehrfach täglich in beide Augen geträufelt werden. Welches Tränenersatzmittel Sie im Gespräch empfehlen können, richtet sich unter anderem nach der Stärke der Beschwerden. Kunden mit leichteren Problemen kommen mit wässrigen Lösungen (niedrige Viskosität) oft gut zurecht, während bei stärkeren Beschwerden oft Präparate mit höherer Viskosität hilfreich sind.

Vor allem für Kunden, die häufig tropfen müssen oder die empfindliche Augen haben, sind Tränenersatzmittel ohne Konservierungsstoffe die bessere Empfehlung. Bekannt ist nämlich, dass Konservierungsmittel wie Benzalkoniumchlorid das Auge zusätzlich austrocknen können. Zu beachten ist auch, dass für Kontaktlinsenträger nicht alle Mittel geeignet sind. Verursacht ein verminderter Lipidgehalt des Tränenfilms das trockene Auge, sind spezielle Tränenergänzungsmittel in Form liposomaler Augensprays eine Therapieoption. Wichtig zu wissen: Augentropfen, die Sympathomimetika enthalten, sind zur Behandlung des trockenen Auges nicht geeignet.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/12 ab Seite 66.

Andrea Neuen-Biesold, Freie Journalistin

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