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Tiere in der Apotheke

JUNGE HUNDE – KRANKE KNOCHEN

Knochenschmerzen und Gelenkprobleme sind nicht grundsätzlich eine Alterserscheinung – auch junge Hunde und sogar Welpen können von Erkrankungen des Bewegungsapparates betroffen sein.

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Es gibt sogar einige Knochenerkrankungen, bei denen es sich um klassische Junghundekrankheiten handelt. Dazu gehören beispielsweise die Panostitis beziehungsweise die Enostose (generalisierte Knochenentzündung) sowie die Craniomandibuläre Osteopathie.

Panostitis Ein junger Hund mit Bewegungsunlust, der plötzlich lahmt, könnte unter Panostitis leiden. Dabei handelt es sich um eine Begleiterscheinung von Wachstumsstörungen der langen Röhrenknochen bei jungen Hunden, deren Ursache noch nicht vollständig geklärt ist. Möglicherweise liegt eine Zirkulationsstörung im Knochenmark zugrunde. Vor allem wird aber ein Zusammenhang mit Ernährungsfehlern angenommen, da die Tiere in vielen Fällen energie- und calciumreich ernährt werden. Als weitere Ursachen werden Stoffwechselstörungen, Allergien, Parasitenbefall und Autoimmunreaktionen nach Virusinfektionen diskutiert.

Große Hunde bevorzugt Die Panostitis wird in erster Linie bei Junghunden schnell wachsender, mittelgroßer und großwüchsiger Rassen im Alter von fünf bis neun Monaten diagnostiziert – das heißt, die Erkrankung tritt insbesondere im ersten Lebensjahr auf. Sie kann aber auch bis zum Ende der Skelettreifung im Alter von 16 bis 18 Monaten beobachtet werden. Deutsche Schäferhunde werden besonders häufig als Panostitis-Patienten vorgestellt, daher geht man von einer genetischen Disposition aus. Auch Doggen, Dobermann, Golden Retriever und Labrador sind betroffen. In manchen Zuchtlinien tritt die Erkrankung gehäuft auf. Bevorzugt erkranken Rüden.

Hinweise für eine Panostitis ist Lahmheit, ohne dass eine Verletzung oder ein anderer Anlass zugrunde liegen, wobei sich die Lahmheit in unterschiedlichen Schweregraden zeigt. Es ist möglich, dass ein Lahmheitswechsel auf eine andere Gliedmaße in zwei- bis dreiwöchigem Abstand beobachtet wird. Die Panostitis kann auch an mehreren Gliedmaßen gleichzeitig entstehen. Schmerzen in allen Beinen können dazu führen, dass sich der Hund überhaupt nicht mehr bewegen möchte. Die Schultergliedmaßen sind häufiger betroffen als die Hintergliedmaßen. In der Reihenfolge der Häufigkeit zeigen sich die Symptome daher am Oberarm, Speiche und Elle vor Ober- und Unterschenkel. Neben der Lahmheit werden Druckschmerz, Schmerzen beim Auftreten, unspezifische Symptome wie Fieber, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Nervosität und Apathie beobachtet.

Begleitend können auch die Mandeln entzündet sein. Im weiteren Verlauf können sich schubweise Lahmheits-Episoden in mehrwöchigem Abständen entwickeln. Bei länger andauernder Krankheit kann es zu Muskelschwund an den betroffenen Gliedmaßen kommen. Differenzialdiagnostisch müssen Hüftgelenksdysplasie, Kreuzbandriss, Meniskuserkrankungen und Knochenbrüche abgeklärt werden. Die Verdachtsdiagnose sollte daher röntgenologisch abgesichert werden. Die Krankheit heilt meistens bis zum zweiten Lebensjahr aus. Die Behandlung erfolgt aufgrund der hohen Schmerzhaftigkeit symptomatisch mit schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamenten. Dafür werden nichtsteroidale Schmerzmittel und in Einzelfällen auch cortisonhaltige Präparate eingesetzt. Außerdem sollten Tierhalter in Absprache mit dem Tierarzt die Ernährung gegebenenfalls korrigieren. Bei Bedarf sollten im Futter Kalorien und Calcium reduziert werden. Hunde, die an akuten Panostitis-Schüben leiden, sollten sich schonend bewegen. Treppen steigen, längere Spaziergänge sowie schnelle Stopps sind zu vermeiden.

Craniomandibuläre Osteopathie Unter der Craniomandibulären Osteopathie (CMO) versteht man eine Knochenerkrankung, die mit einer meistens gutartigen Wucherung vor allem des Unterkieferknochens einhergeht. Seltener sind die langen Röhrenknochen betroffen. In ungünstigen Fällen gehen die Wucherungen auf das Kiefergelenk über, was zu einer Versteifung des Gelenks führen kann. Die Veränderungen treten an einem oder mehreren Knochen auf und zwar meistens beidseitig symmetrisch. Die Umfangsvermehrungen wachsen wochen- oder auch monatelang und können die Gesichtsform drastisch verändern, was dann als Löwenkiefer bezeichnet wird.

Die CMO ist eine Erkrankung, die familiär gehäuft bei Terrierrassen beiderlei Geschlechts, vor allem beim West Highland White Terrier, nachgewiesen wird. Auch bei dieser Knochenerkrankung wird daher von einer genetischen Ursache ausgegangen. Inzwischen gibt es Gentests auf CMO. Die Hunde erkranken durchschnittlich im Alter von drei bis sechs Monaten. Die schubweise auftretende CMO ist gekennzeichnet durch starke Schmerzen beim Öffnen des Fangs, was zum Teil nicht oder nur über wenige Zentimeter möglich ist, Schwierigkeiten bei der Futteraufnahme und bei Kauen sowie vermehrten Speichelfluss. Weitere Symptome sind Fieber, Appetitmangel und Abmagerung.

Die Untersuchung ergibt eine feste Schwellung beider Unterkieferäste oder der unteren Gliedmaßenabschnitte. Diese Schwellungen sind oft auch für den Laien deutlich erkennbar. Im fortgeschrittenem Stadium der CMO können die betroffenen Hunde wegen der reduzierten Futter- und Wasseraufnahme ausgetrocknet sein. Ab dem Alter von etwa einem Jahr bilden sich die Knochenveränderungen in der Regel wieder zurück, sodass die Prognose daher gut ist. Die betroffenen Hunde erhalten eine symptomatische Therapie mit Cortison oder nichtsteroidalen Schmerzmitteln bis zur Besserung der Symptomatik. Außerdem sollte weiches, püriertes Futter angeboten werden. Stark ausgetrocknete Patienten müssen zudem infundiert werden. Da bei beiden Erkrankungen eine genetische Ursache diskutiert wird, sollten die betroffenen Hunde nicht zur Zucht eingesetzt werden.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 09/2020 ab Seite 76.

Dr. med. vet. Astrid Heinl, Tierärztin

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