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Meningitis

INFEKTION MIT FOLGEN

Eine Hirnhautentzündung kann tödlich verlaufen. Je früher die Behandlung einsetzt, desto größer sind die Überlebenschancen. Gegen viele Erreger existiert eine Impfung.

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Ärzte bezeichnen die Amerikanerin Kali Hardig als medizinisches Wunder. Das Mädchen infizierte sich in einem Freizeitbad mit einem Parasiten, dem amöbenähnlichen Naegleria fowleri. Er löste eine seltene, lebensgefährliche Hirnhautentzündung aus, die bis dahin weltweit nur vier Menschen überlebt hatten. Mit Kali Hardig sind es nun fünf – seit September geht die Zwölfjährige wieder in die Schule.

Entzündete Hirnhaut Unser Gehirn und Rückenmark werden durch mehrere Bindegewebshüllen geschützt, die Hirnhäute oder Meningen. Sie liegen zwischen Gehirn und Schädeldecke und setzen sich außerhalb des Schädels am Rückenmark fort. Entzünden sich diese Hüllen, spricht man von einer Meningitis oder Hirnhautentzündung. Sie beginnt nach drei bis vier Tagen relativ unspezifisch mit Fieber, dann kommen starke Kopfschmerzen und eine typische Nackensteifigkeit hinzu.

Eine Meningitis kann verschiedene Ursachen haben. Selten sind diese nicht-infektiös, zum Beispiel als Folge einer Krebserkrankung oder entzündlicher Haut- oder Gefäßprozesse. Weitaus häufiger rufen jedoch Infektionen durch Parasiten, Pilze, Viren oder Bakterien eine Meningitis hervor.

Häufigste Ursache: Viren In Deutschland werden die meisten Hirnhautentzündungen durch Viren ausgelöst, zum Beispiel als Komplikation einer Maserninfektion oder eines Zeckenbisses (Frühsommer-Meningo-Enzephalitis). Seltener, dafür aber wesentlich gefährlicher, ist die bakterielle Meningitis, die unbehandelt in den meisten Fällen tödlich verläuft. Ihre Symptome können sich innerhalb von Stunden lebensgefährlich verschlimmern, wenn Betroffene eine Sepsis entwickeln oder der Hirndruck durch Ödeme stark ansteigt.

Daher gilt jede Meningitis zuerst einmal als Notfall. Die ursächlichen Erreger können mithilfe einer Lumbalpunktion nachgewiesen werden. Da diese jedoch bei raumgreifenden Veränderungen im Gehirn, zum Beispiel durch Hirnödeme, kontraindiziert ist, muss in etwa der Hälfte aller Fälle vorher ein CT oder Ultraschall des Kopfes durchgeführt werden.

Bei einer bakteriellen Meningitis zählt aber jede Stunde, sodass Betroffene bei länger dauernder Diagnose vorsorglich ein Breitbandantibiotikum erhalten. Bezugspersonen sollten sich mitbehandeln lassen, denn eine bakterielle Meningitis ist über Tröpfcheninfektion ansteckend. Häufig gibt man in der Therapie noch den entzündungshemmenden Kortisonabkömmling Dexamethason, was die Sterblichkeit senkt und Folgeschäden wie etwa Hörverlust vorbeugt.

Unterschiedliche bakterielle Erreger In verschiedenen Lebensstadien sind unterschiedliche Bakterien für eine Meningitis ursächlich. Die Neugeborenenmeningitis wird zum Beispiel durch Darmbakterien wie Streptokokken oder E. coli ausgelöst, die von der Mutter über das Fruchtwasser oder beim Geburtsvorgang auf das Kind übertragen werden.

Bei älteren Kindern und Erwachsenen sind die Erreger eher Pneumokokken und Meningokokken. Hierbei handelt es sich meist um eine Superinfektion, der eine virale Infektion, wie eine Mittelohr- oder Nebenhöhlenentzündung vorausgeht. Durch diese ist das Immunsystem geschwächt, sodass die Bakterien sich stark vermehren können. Sie wandern dann direkt über die Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raumes zu den Hirnhäuten oder dringen durch Überwinden der Blut-Hirn-Schranke aus dem Blut dorthin vor. Hierbei ist besonders die Meningokokkenmeningitis wegen ihrer lebensgefährlichen Komplikationen gefürchtet.

Hautausschlag als Notfallsignal Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Meningokokkeninfektion einen schweren Verlauf nimmt und es zu einer Sepsis kommt. Diese führt zu einer Blutgerinnungsstörung, wodurch sich im ganzen Körper Blutpropfen in den kleinen Gefäßen bilden und sie verstopfen. Bereits wenige Stunden nach den ersten Symptomen macht sich dies durch kleine rote Einblutungen in die Haut (Petechien) bemerkbar.

In der weiteren Folge führen die Gefäßverschlüsse dazu, dass ganze Extremitäten absterben können und amputiert werden müssen. Sind auch die Nebennieren davon betroffen, können sie das lebenswichtige Hormon Kortisol nicht mehr herstellen und es kommt zum gefürchteten Waterhouse-Friderichsen-Syndrom. Selbst unter intensivmedizinischer Behandlung überleben nur etwa zehn Prozent der Betroffenen diese Komplikation.

Weitere Todesursachen sind Multiorganversagen durch die Sepsis oder ein Hirninfarkt als Folge eines Hirnödems. Ohne solche Komplikationen heilt eine Meningitis meist nach etwa zwei Wochen aus. Zu Folgeschäden wie Epilepsie, Schwerhörigkeit oder kognitiven Einschränkungen kommt es in etwa 15 Prozent der Fälle.

Impfen hilft Gegen viele Meningitiserreger gibt es mittlerweile Impfstoffe. So erkrankten früher die meisten Kinder durch Haemophilus influenza an einer Meningitis. Seit gegen dieses Bakterium flächendeckend geimpft wird, gibt es kaum noch solche Fälle. Auch gegen eine Infektion mit Meningokokken gibt es standardmäßig seit den 1980er-Jahren eine Impfung. Sie umfasst aber nicht die Serogruppe B, die mittlerweile für etwa 70 Prozent aller Neuinfektionen verantwortlich ist.

Erst in diesem Jahr wurde ein Impfstoff für diese Serogruppe in der EU zugelassen. Er soll Ende des Jahres auf den Markt kommen und kann bereits Kindern ab zwei Monaten verabreicht werden.
Wachsam sein: Auch wenn Impfungen der bakteriellen Meningitis ein wenig von ihrem Schrecken genommen haben, gibt es keinen hundertprozentigen Schutz.

ZUSATZINFORMATIONEN

Etwa jedes dritte erkrankte Neugeborene stirbt trotz Behandlung. Bei älteren Kindern liegt die Todesrate bei etwa zwei Prozent. Erstaunlicherweise verlaufen Hirnhautentzündungen dann bei Erwachsenen wieder komplizierter. Hier liegt die Letalität bereits wieder bei bis zu 37 Prozent.
Gerade die Anfangssymptome sind so unspezifisch, dass sie häufig als grippaler Infekt oder, bei kleinen Kindern, als Probleme beim Zahnen fehlinterpretiert werden.

Man sollte jedoch bei folgenden Symptomen, gerade in der Winterzeit, an Meningitis denken:

– Fieber
– Kopfschmerzen
– Unruhe, Gereiztheit
– Übelkeit, Schwindel
– Bewusstseinsstörungen
– Kalte Extremitäten und blasse Haut (bei Kindern).

Meist treten nicht alle Beschwerden gleichzeitig auf. Klagen die Betroffenen über Kopfschmerzen, sollten sie versuchen, den Kopf schnell hin und her zu schütteln. Verschlimmern sich die Kopfschmerzen dabei nicht, ist eine Meningitis sehr unwahrscheinlich. Trotzdem gilt: Im Zweifel lieber zu früh ins Krankenhaus fahren als zu spät!

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/13 ab Seite 126.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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