Schwangere Frau bekommt Spritze © Elnur / stock.adobe.com
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Schwangerschaft und Stillzeit

IMPFUNGEN IN DER SCHWANGERSCHAFT

Jetzt ist wieder Zeit für die Grippeimpfung. Auch Schwangere dürfen sich impfen lassen. Doch wie sieht es mit anderen Impfungen während der Schwangerschaft aus? Welche sind erlaubt und welche sind kontraindiziert?

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Ein wirksamer Impfschutz ist nicht nur für die Gesundheit der Mutter, sondern auch für eine komplikationslose Schwangerschaft und regelrechte Entwicklung des Ungeborenen wichtig. Da aber nicht alle Impfungen in der Schwangerschaft erlaubt sind, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) Frauen mit Kinderwunsch, ihren Impfstatus gegen Masern und Röteln (vorzugsweise mit einem MMR-Impfstoff), Varizellen, Pertussis, Tetanus, Diphtherie und Polio regelmäßig zu überprüfen und Lücken vor Beginn einer Schwangerschaft rechtzeitig zu schließen. Doch unverhofft kommt oft und auch Frauen ohne einen ausreichenden Impfschutz werden schwanger. Welche Impfungen sind während dieser besonderen Zeit möglich? Oder darf erst nach der Geburt wieder geimpft werden?

Totimpfstoffe sind erlaubt Allgemein gilt während der Schwangerschaft der Leitsatz „So viel wie nötig und so wenig wie möglich“ zu impfen. Das bedeutet, dass auch Impfungen, die prinzipiell in der Schwangerschaft als sicher gelten, immer nur nach strenger Risiko-Nutzen-Abwägung durchgeführt werden sollten. Grundsätzlich können Totimpfstoffe (inaktivierte Erreger beziehungsweise deren Bestandteile), wie beispielsweise gegen Influenza, Tetanus, Diphterie, Pertussis, Hepatits A und B, auch während der Schwangerschaft verabreicht werden.

Impfungen gegen diese Infektionen gelten ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel (Trimenon) als unbedenklich. Die STIKO rät, die Impfungen nicht vorher durchzuführen. Einen früheren – prinzipiell möglichen - Impftermin halten die Experten im Allgemeinen nicht für sinnvoll, damit die in der Frühschwangerschaft häufig auftretenden spontanen Fehlgeburten nicht fälschlicherweise mit der Impfung in Zusammenhang gebracht werden. Impfungen in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft sollten daher nur bei dringender Indikation erfolgen.

Ausdrücklich empfohlen Eine Impfung gegen Influenza wird Schwangeren von der STIKO sogar explizit angeraten, da ungeimpfte Schwangere aufgrund diverser physiologischer und immunologischer Veränderungen während der Schwangerschaft empfänglicher für schwere Krankheitsverläufe sind. An Grippe erkrankte Schwangere tragen ein erhöhtes Risiko, ins Krankenhaus eingewiesen zu werden oder gar zu sterben.

Auch bei weniger dramatischen Verläufen leidet das ungeborene Kind und es kann unter dieser schweren Infektions- krankheit zu Wachstumsverzögerungen kommen. Ebenso werden häufiger Fehl- und Frühgeburten verzeichnet. Da es sich beim Influenza-Impfstoff um einen Totimpfstoff handelt, empfiehlt die STIKO auch diese Impfung erst ab dem zweiten Trimenon. Bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens (z. B. Diabetes, Asthma) können Schwangere aber schon früher geimpft werden.

Lebendimpfstoffe sind in der Schwangerschaft kontraindiziert, Totimpfstoffe sind dagegen, wenn nötig, erlaubt.

Mütterlicher Nestschutz Ebenso ist eine Impfung gegen Wundstarrkrampf indiziert bei Schwangeren, die keinen ausreichenden Schutz dagegen aufweisen. Daher sollte in der Schwangerschaft eine Tetanus-Impfung erfolgen, wenn die letzte Auffrischungsimpfung länger als zehn Jahre zurückliegt. Zudem profitiert das Kind von der mütterlichen Immunität, da gebildete Antikörper vom Blutkreislauf der Mutter über die Plazenta in den kindlichen Organismus gelangen und dem Neugeborenen einen Schutz für die ersten Wochen bieten (mütterlicher Nestschutz). Dieser Effekt ist vor allem in den Entwicklungsländern wichtig, wo der Neugeborenen-Tetanus noch immer eine große Rolle spielt.

Diskussion um Pertussis-Impfung Wie neuere Daten und Erfahrungen aus den USA zeigen, kann der neue Erdenbürger auch bei Keuchhusten von einem mütterlichen Nestschutz profitieren. So verringert eine mütterliche Impfung das Pertussis-Risiko in den ersten beiden Lebensmonaten erheblich, vor allem, wenn die Impfung während der Schwangerschaft (ab der 28. Schwangerschaftswoche) erfolgt. Daher wird in einigen Ländern (z. B. USA, Belgien, Schweiz) eine Impfung gegen Keuchhusten in jeder Schwangerschaft ausdrücklich angeraten. In Deutschland existiert bislang keine routinemäßige Impfempfehlung in der Schwangerschaft.

Derzeitige hiesige Impfstrategie ist hingegen, dass sich stattdessen alle engen Kontaktpersonen des Neugeborenen (z. B. Vater, Geschwister, Betreuer) impfen lassen sollen, sofern bei diesen in den letzten zehn Jahren keine Pertussis-Impfung dokumentiert wurde. Die Mutter soll vor der Konzeption eine Impfung erhalten, wenn die letzte dokumentierte Impfung gegen Keuchhusten länger als zehn Jahre zurückliegt. Wurde dieser Zeitpunkt versäumt, sehen die STIKO-Empfehlungen eine Impfung der Mutter in den ersten Tagen nach der Geburt des Kindes vor. Die Immunisierung des Säuglings selber sollte unmittelbar nach Vollendung des zweiten Lebensmonats erfolgen.

Lebendimpfstoffe kontraindiziert Immunisierungen mit Lebendimpfstoffen, also mit abgeschwächten, aber noch vermehrungsfähigen Erregern, gegen Röteln, Masern-Mumps-​Röteln (MMR) oder Varizellen sind grundsätzlich kontraindiziert, da beim Übertritt auf das Ungeborene ein theoretisches Infektionsrisiko besteht. Daher rät die STIKO auch nach Verabreichung von Lebendimpfstoffen vier Wochen mit einer Schwangerschaft zu warten. Sie betont aber ebenso, dass eine versehentliche Impfung während oder kurz vor einer Schwangerschaft mit einem MMR-, Röteln- oder Varizellen-Impfstoff keine generelle Indikation zum Schwangerschaftsabbruch darstellt, da bislang durch Impfungen mit Lebendimpfstoffen kein erhöhtes Risiko für Fruchtschädigungen bekannt wurde.

Immunglobuline möglich Sollte ein Kontakt mit Masern- oder Varizella-Zoster-Viren (Windpocken) stattgefunden haben, können der ungeimpften, seronegativen Schwangeren als postexpositionelle Prophylaxe Immunglobuline gegeben werden (passive Impfung), um Fehlgeburten (bei Masern) oder schwere Missbildungen beim Kind (Varizellensyndrom bei Windpocken) zu vermeiden. Dabei werden Antikörper direkt verabreicht, sodass die Erreger unschädlich gemacht und somit der Ausbruch der Erkrankung verhindert oder zumindest schwere Verläufe deutlich abgemildert werden können. Schwangeren Frauen, die keine ausreichende Immunitiät gegen das Röteln-Virus aufweisen, empfiehlt das RKI allerdings keine passive Impfung, da die Datenlage ungenügend ist. Die Gabe von humanem Immunglobulin kann zwar die Symptome abschwächen, die Infektion des Fetus und damit eine Rötelnembryopathie aber nicht sicher verhindern.

Reisen überdenken Allerdings gibt es Ausnahmen von der Regel, dass Lebendimpfstoffe in der Schwangerschaft nicht verabreicht werden dürfen. So kann der Typhus-Schluckimpfstoff zur Anwendung kommen, falls es unbedingt erforderlich sein sollte. Ebenso darf die Gelbfieber-Impfung bei unaufschiebbaren Reisen in Gelbfiebergebiete erfolgen. Prinzipiell ist es aber ratsam, wenn Schwangere Fernreisen in die Tropen oder in andere Gebiete, die besondere Impfungen erfordern, möglichst vermeiden und auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.

Auch wenn Totimpfstoffe grundsätzlich möglich sind und in bestimmten Fällen auch in der Schwangerschaft stets unverzüglich appliziert werden müssen (z. B. Tollwut postexpositionell), liegen wiederum für andere Impfstoffe nur begrenzte Daten zur Anwendung bei Schwangeren vor (z. B. Japanische Enzephalitis) oder sind in seltenen Fällen mit der Gefahr einer Fehlgeburt assoziiert (z. B. Cholera), sodass sie bei der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG) als relativ kontraindiziert gelten. Außerdem existieren gegen viele Tropenkrankheiten keine Impfstoffe (z. B. Zika-Virus) und bei anderen ist die Möglichkeit einer medikamentösen Prophylaxe in der Schwangerschaft eingeschränkt (z. B. bei Malaria).

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/18 ab Seite 74.

Gode Chlond, Apothekerin

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