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Säuglinge und Kleinkinder

HILFE, HALSSCHMERZEN!

Halsschmerzen bei Kindern sind nicht immer banal. Bei langanhaltenden oder starken Schluckbeschwerden können Bakterien die Auslöser sein, die eine antibiotische Therapie erforderlich machen.

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Halsschmerzen sind lediglich ein Symptom. Ursache ist meist ein beginnender Infekt der oberen und unteren Atemwege, der mit einer Entzündung des Rachenraums (Pharyngitis) einhergeht. Übeltäter sind gleichermaßen Viren oder Bakterien. Bei den ganz Kleinen stehen virale Infektionen im Vordergrund. Im Kindergarten- und Schulalter werden die Schmerzen im Hals zunehmend durch Bakterien verursacht.

Viral oder bakteriell Virusinfektionen im Rahmen einer Erkältung rufen nur mäßige Halsschmerzen hervor. Allerdings kann man sich bei Kindern auf Aussagen zur Stärke der Beschwerden nicht verlassen. Kleinere Kinder sind meist noch gar nicht in der Lage, sich richtig auszudrücken. Verbal äußern sie daher keine Halsschmerzen. Ein typisches Anzeichen für Schmerzen im Hals ist vielmehr, dass sie die Nahrung verweigern. Erst ältere Kinder – ungefähr ab dem Vorschulalter – vermögen über Halsschmerzen oder Schluckbeschwerden zu klagen. Sie können dann sogar zwischen einem Kratzen, Brennen oder Pieken im Hals differenzieren.

Der Verlauf des Infektes gibt zusätzlich Hinweise, ob es sich um eine virale oder bakterielle Entzündung handelt. Bei Virusinfektionen im Kindesalter verbessert sich der Zustand meist innerhalb von ein bis zwei Tagen spürbar. Zudem treten die Halsschmerzen bei viralen grippalen Infekten meist als erstes Symptom auf und klingen im weiteren Krankheitsverlauf schnell wieder ab. Schnupfen und Husten, die mit einer Rachenentzündung meist Hand in Hand gehen, treten dann in den Vordergrund und bestimmen das Krankheitsgeschehen. Fieber, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, eine Schwellung der Halslymphknoten und ein allgemeines Krankheitsgefühl sind hingegen oft nur wenig ausgeprägt.

Angina ist nicht gleich AnginaLiegt eine Entzündung der Gaumenmandeln (Tonsillen) vor, sind diese gerötet und geschwollen. Bei einer glasig-hellroten Schwellung ohne Eiterbildung handelt es sich in der Regel um eine viral bedingte Mandelentzündung (Tonsillitis), die auch nichteitrige Angina (Angina = lat. Enge, Beklemmung) genannt wird. Bessern sich aber die Halsschmerzen innerhalb von drei Tagen nicht, können sich zusätzlich Bakterien auf der Rachenschleimhaut angesiedelt haben. Oft handelt es sich dabei um beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A.

Die Gaumenmandeln sind dann meist stark gerötet und es können sich auf ihnen kleine gelbliche Eiterstippchen zeigen. Derartige bakterielle Mandelentzündungen werden als eitrige Angina oder nach ihren Verursachern als Streptokokken-Angina bezeichnet. Sie sind in der Regel mit sehr starken Schmerzen verbunden. Typisch ist auch ein plötzlicher Beginn mit hohem Fieber, geschwollene Halslymphknoten und ein starkes Krankheitsgefühl. Viele klagen außerdem über Bauchschmerzen und Erbrechen.

Auch die Echte Grippe, Mumps, Pseudokrupp und Diphtherie gehen mit Halsschmerzen einher.

Arztbesuch anraten Eine einmal durchgemachte Streptokokkeninfektion hinterlässt keine lebenslange Immunität, sodass ein mehrmaliges Auftreten möglich ist. Da eine Abgrenzung zwischen einer viral oder bakteriell ausgelösten Angina sehr schwierig ist, sollte zur Diagnosestellung das Kind bei länger anhaltenden oder starken Halsschmerzen immer einem Arzt vorgestellt werden. Meistens untersucht er das Rachensekret mit Hilfe eines Rachenabstrichs. Dieser Schnelltest gibt Auskunft, ob Streptokokken für die Beschwerden verantwortlich sind.

Samtiger Hautauschlag Manchmal kommt noch ein rotes Exanthem hinzu. Nur wenn dieser rote Ausschlag auftritt, heißt die Erkrankung Scharlach. Zwölf bis 48 Stunden nach Krankheitsbeginn breitet sich der in den Beugefalten der Achseln und Leisten beginnende Ausschlag über den gesamten Körper aus. Charakteristischerweise bleibt ein blasses Munddreieck frei. Durch kleine dicht stehende, rote Pünktchen fühlt sich die Haut samtig an. Charakteristischerweise juckt der Ausschlag nicht und er verblasst, wenn man mit dem Finger drauf drückt. Die anfangs belegte Zunge wird am dritten oder vierten Krankheitstag zur charakteristischen Himbeerzunge mit flammendroter Färbung, die der Erkrankung ihren Namen gibt: Scharlach leitet sich vom persischen Sakirlat ab und bedeutet „rote Farbe“. Ab dem siebten Tag beginnt sich die Haut an Gesicht und Körper zu schuppen, drei Wochen später folgen Hand- und Fußsohlen.

Spätkomplikationen vermeiden Beta-hämolysierende Streptokokken sind also sowohl Auslöser einer Streptokokken-Angina als auch von Scharlach. Beide erfordern daher eine Antibiose, um schwere Verläufe mit Folgeerkrankungen zu vermeiden. Unbehandelt können sich eitrige Komplikationen wie beispielsweise eine Mittelohrentzündung (Otitis media) oder eine Nasennebenhöhlenentzündung (Rhinosinusitis) einstellen.

Gefürchtet sind auch schwerwiegende Entzündungen an den Gelenken (rheumatisches Fieber), den Nieren oder am Herzmuskel mit später daraus resultierenden Herzklappenfehlern. Grundlage für die Spätkomplikationen ist eine Autoimmunreaktion, bei der die gegen Streptokokkentoxine gebildeten Antikörper körpereigenes Gewebe angreifen. Deshalb versucht man bereits beim geringsten Verdacht auf einen Streptokokkeninfekt, die Immunantwort des Körpers durch eine Antibiotikabehandlung (Penicillin, Cephalosporine, Makrolide) zu verhindern.

Symptomatisch lindern Bei Antibiotikagabe verspüren die Kinder in kurzer Zeit (in der Regel nach 24 bis 48 Stunden) keine Beschwerden mehr im Rachen. Bis dahin kann eine symptomatische Therapie helfen, die Halsschmerzen abzuschwächen. Lindernd wirkt vor allem alles, was dem Austrocknen der Schleimhäute entgegenwirkt. So mildert schon das Trinken warmer Getränke (z. B. Salbei- oder Kamillentee) den Halsschmerz. Auch Lutschen von Bonbons (z. B. mit Salbei) befeuchtet die Schleimhäute. Zudem regt das Lutschen den Speichelfluss an, wodurch die erregerbesetzten Beläge heruntergespült werden.

Wenn die Kinder schon groß genug zum Gurgeln sind (etwa ab Schulalter) kann man die Tees auch zum Spülen des Rachenraumes verwenden und sich so zusätzlich ihre desinfizierende Wirkung zunutze machen. Entsprechende Zubereitungen haben häufig erst für Kinder ab zwölf Jahren eine Zulassung. Auch Lutschtabletten mit antiseptischen Wirkstoffen sind oftmals erst ab sechs oder zwölf Jahren zugelassen. Bei sehr starken Halsschmerzen können systemische Analgetika mit Ibuprofen oder Paracetamol in altersgerechten Dosierungen indiziert sein. Daneben tragen auch Halswickel zu einer Linderung bei.

Halsentzündungen durch Herpesviren Starke Halsschmerzen mit hohem Fieber und starker Schwellung der Lymphknoten im Halsbereich können auch Symptome des Pfeifferschen Drüsenfiebers (infektiöse Mononucleose) sein. Diese Erkrankung tritt vorwiegend bei Schulkindern und Jugendlichen auf. Sie ist auf eine Infektion mit dem Eppstein-​Barr-Virus, einem Herpesvirus, zurückzuführen. Er wird über den Speichel übertragen, weshalb die Erkrankung auch als Kusskrankheit bezeichnet wird. Die Betroffenen fühlen sich meist schwer krank. Auch Komplikationen sind nicht selten (z. B. bakterielle Superinfektion, Erschöpfungszustände, Leber- oder Milzschwellung). Die Infektion kann sich über Wochen bis Monate hinziehen, da nur eine symptomatische Behandlung mit desinfizierenden Lutschtabletten, Analgetika oder Halswickeln möglich ist.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 06/2020 ab Seite 82.

Gode Chlond, Apothekerin

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