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Akupressur

HIER WIRD DRUCK GEMACHT

Schmerzlinderung auf Fingerdruck? Das ist durchaus möglich: Vor allem bei leichteren Beschwerden kann die Methode, ein uraltes Heilverfahren aus Fernost, Abhilfe schaffen.

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Als sanfte Schwester der Akupunktur genießt die Akupressur auch bei uns einen guten Ruf. Im Wesentlichen wird bei dieser Behandlung mit den Fingern sanfter Druck auf bestimmte Akupressurpunkte ausgeübt. Dadurch soll es möglich sein, die Gesundheit positiv zu beeinflussen, Beschwerden zu lindern und Schmerzen zu vertreiben.

Das Praktische: Im Gegensatz zur Akupunktur, bei der der Therapeut mit feinen Nadeln arbeitet, eignet sich die Akupressur auch zur Selbstbehandlung. Wer beispielsweise Migräneattacken vorbeugen, Gelenkschmerzen lindern oder Reiseübelkeit loswerden möchte, kann von der sanften Druckmassage-Technik profitieren. Voraussetzung für den Erfolg: Es werden die richtigen Akupressurpunkte gedrückt, geklopft oder massiert.

Qi im Fluss? Ihre Wurzeln hat die Akupressur in der Traditionellen Chinesischen Medizin . Benutzt werden für die Behandlung die gleichen Leitbahnen (Meridiane) wie für die Akupunktur. Auch hinter der Akupressur steht die Vorstellung, dass Krankheiten dann entstehen können, wenn der Fluss der Lebensenergie (Qi) an irgendeiner Stelle blockiert ist. Der Fingerdruck auf die entsprechenden Stellen soll Blockaden lösen, Selbstheilungskräfte anregen und Beschwerden so vertreiben.

Westliche Wissenschaftler haben für den schmerzlindernden Effekt der Akupressur andere, weitaus weniger mystische Erklärungsansätze. Einer besagt, dass der erzeugte Druck einen starken Reiz darstellt, der von den Nervenfasern besonders schnell ans Gehirn weitergeleitet wird. Für weniger ausgeprägte Reize, auch für den Schmerz, ist diese „Nervenbahn“ dann blockiert, sodass er nicht mehr im Gehirn ankommt. Auch scheint der durch die Akupressur erzeugte Druck die Produktion von Endorphinen anzuregen. Und diese morphinähnlichen Verbindungen können den Schmerz bekanntlich lindern.

Die Druckmassage hat übrigens nicht nur in China, sondern auch in Japan eine lange Tradition. Hier ist sie als Shiatsu bekannt, was im Japanischen „Fingerdruck“ bedeutet. Die Bezeichnung ist jedoch ein wenig irreführend, denn bei Shiatsu wird der Druck auf die Massagepunkte nicht nur mit den Fingern, sondern auch mit Ellenbogen, Knien und anderen Körperteilen ausgeübt, wobei es verständlicherweise nicht immer ganz so sanft zugeht.

Eine Frage der Technik Durchgeführt wird die Akupressur in bequemer, entspannter Körperhaltung – im Sitzen oder im Liegen. Hat der Patient die richtige Position gefunden, werden die Druckpunkte meist mit der Kuppe des Daumens, Zeige- oder Mittelfingers behutsam bearbeitet. Dabei werden verschiedene Grifftechniken angewandt, etwa das Drücken mit kreisenden Bewegungen, das Punktieren mit Klopf- und Stoßbewegungen oder das Schieben entlang einer bestimmten Körperlinie oder -zone.

»Zu den Einsatzgebieten der Druckpunktmassage gehören unter anderem Kopfschmerzen und Migräne.«

Abhängig von der Grifftechnik, der Druckstärke, -dauer und den genutzten Akupressurpunkten kann die Behandlung unterschiedliche Ziele verfolgen, beispielsweise anregend oder sedierend wirken, der Gesundheitsprophylaxe oder der Therapie akuter Beschwerden dienen. All das zeigt: Bevor der medizinische Laie selbst Hand anlegt, sollte er von einem qualifizierten Akupressurexperten in die Welt der Druckpunktmassage eingeführt werden. Möglich ist es beispielsweise, sich bei einem ausgebildeten Arzt oder Heilpraktiker zu informieren, einen entsprechenden Volkshochschulkurs zu besuchen oder einen Gesundheitsratgeber zu studieren.

Hilfreich bei Alltagsbeschwerden Insbesondere lassen sich mit der Akupressur leichtere, akute, aber auch die Symptome chronischer Krankheiten behandeln. Zu den Einsatzgebieten der Druckpunktmassage gehören unter anderem Kopfschmerzen und Migräne, Gelenkbeschwerden, Rückenschmerzen, Verdauungsstörungen, Schlafstörungen und Erkrankungen der Atemwege, etwa grippale Infekte. Aber auch psychische Beeinträchtigungen wie Nervosität, Erschöpfungszustände, Stress und Prüfungsangst lassen sich mitunter „wegdrücken“.

Von selbst versteht sich, dass nur bekannte und leichtere akute Beschwerden auf eigene Faust therapiert werden dürfen. Anhaltende oder sich verstärkende Schmerzen müssen immer Anlass für einen Arztbesuch sein. Darauf sollten Sie auch Apothekenkunden hinweisen, die sich für alternativmedizinische Heilverfahren wie die Akupressur interessieren.

Natürlich gibt es auch Menschen, die nicht akupressiert werden dürfen. Dazu zählen beispielsweise Patienten mit organischen Herzerkrankungen und damit verbundenen Kreislaufproblemen sowie Menschen mit lokalen Hautirritationen (z. B. Entzündungen, Pilzinfektionen) im Bereich der Akupressurpunkte. Betroffene mit schweren Erkrankungen sollten zunächst mit ihrem Arzt sprechen. Er kann beurteilen, ob die Akupressur ergänzend zur Behandlung – etwa zur Schmerzlinderung – eingesetzt werden darf. Das gilt auch für die Akupressur bei jüngeren Kindern und in der Schwangerschaft.

Speziell für werdende Mütter wichtig zu wissen ist: Es gibt bestimmte Akupressurpunkte, die die Gebärmuttermuskulatur aktivieren könnten. Hier heißt es: Finger weg! Abgesehen von einigen Kontraindikationen ist die Akupressur jedoch eine recht sichere und nebenwirkungsarme Behandlungsmethode, die bei vielen Befindlichkeitsstörungen einen Therapieversuch wert sein kann. Jedoch: Wunder erwarten sollten gesundheitlich Angeschlagene und Schmerzgeplagte nicht.

Akupressur aus der Apotheke Gerade weil sich die Akupressur als „schonende Therapie ohne Pillen“ großer Beliebtheit erfreut, werden längst auch allerlei Akupressurutensilien angeboten. So etwa Massagegeräte, Matten und Einlegesohlen. In Apotheken werden von interessierten Kunden häufig spezielle Akupressurbänder nachgefragt, die an den Handgelenken getragen werden. Das Prinzip ist einfach: Eine kleine Noppe auf der Bandinnenseite übt Druck auf einen bestimmten Akupressurpunkt aus, wodurch der Reisekrankheit vorgebeugt beziehungsweise Übelkeit und Brechreiz beseitigt werden sollen. Entsprechende Akupressurbänder gibt es sowohl für Erwachsene als auch in Kindergröße.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/14 ab Seite 78.

Andrea Neuen-Biesold, Freie Journalistin

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