Kratzend und rau

HEISERKEIT

Die Stimmstörung tritt oft bei einer Erkältung auf, doch sie kann auch Symptom zahlreicher anderer Erkrankungen sein.

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Man möchte doch so gerne etwas sagen, bringt aber keinen vernünftigen Ton über die Lippen. Heiserkeit ist lästig und zwingt Betroffene, sich vorübergehend in Schweigen zu hüllen. Und genau das sollten sie auch tun. Denn die Stimme zu schonen ist unbedingt erforderlich, um die Heiserkeit möglichst schnell wieder loszuwerden.

Verzichten sollten Betroffene übrigens auch aufs Flüstern. Denn gerade das leise Sprechen ist für unsere Stimmlippen ein großer Kraftakt und strapaziert sie noch mehr. Die gute Nachricht lautet jedoch: Nach einigen Tagen ist die Heiserkeit meist wieder vergessen – zumindest dann, wenn sie im Rahmen einer einfachen Atemwegsinfektion auftritt. Und das ist jetzt im Winter sehr oft der Fall. Breiten sich Erkältungsviren in Richtung Kehlkopf aus, entzündet sich die Kehlkopfschleimhaut, die Stimmlippen schwellen an und röten sich. Mediziner sprechen von akuter Laryngitis. Von einer akuten Kehlkopfentzündung geplagte Apothekenkunden leiden meist nicht nur unter Heiserkeit, sondern gleichzeitig auch unter anderen typischen Erkältungssymptomen wie Schnupfen, Halsschmerzen und Husten.

Wie Töne entstehen Um zu verstehen, was genau bei einer Laryngitis passiert, hilft ein Blick in den Hals, genauer gesagt in den Kehlkopf. Dieses Organ am Eingang der Luftröhre ist für die menschliche Stimmbildung zuständig. In seinem Inneren befinden sich die beiden Stimmlippen, die wie ein dünner Vorhang aus Muskeln und Bindegewebe aussehen. Die freien inneren Ränder der Stimmlippen heißen Stimmbänder. Sie bestehen aus elastischen Bindegewebsfasern. Bei jedem Atemzug öffnen sich die Stimmlippen, wodurch die Stimmritze sichtbar wird. Wenn wir aber sprechen oder singen, spannen sich die Stimmlippen an und die Stimmritze schließt sich.

Die Luft, die aus der Lunge strömt, lässt die Stimmlippen in Schwingung geraten – viele Male pro Sekunde. Der Luftstrom wird mal stärker und mal schwächer durch die Stimmritze gepresst. Und dabei entsteht ein Ton. Je entspannter die Stimmlippen sind, desto langsamer schwingen sie und der Ton wird tiefer. Sind sie angespannt, schwingen sie schneller und der Ton wird höher. Nicht mehr frei schwingen können unsere Stimmlippen, wenn sie sich durch eine virale Infektionen entzündet haben. Anstelle wohlklingender Töne kommt dann nur noch ein flaches Krächzen aus dem Hals.

VORSICHT, PSEUDOKRUPP BEI KINDERN!
Jüngere Kinder sollten bei Heiserkeit immer dem Kinderarzt vorgestellt werden, denn bei ihnen kann die Stimmstörung auf Pseudokrupp hinweisen. Pseudokrupp, auch Krupphusten genannt, tritt bevorzugt im Alter zwischen sechs Monaten und fünf Jahren auf. Verursacht wird er meist durch Viren, vor allem durch Parainfluenzaviren. Dadurch unterscheidet sich Pseudokrupp übrigens vom echten Krupp (Diphtherie), der von Bakterien ausgelöst wird. In aller Regel geht der Erkrankung eine banale Erkältung mit Halsschmerzen und Schnupfen voraus. Typischerweise entzündet sich beim Pseudokrupp die Schleimhaut im Bereich des Kehlkopfs und der Stimmbänder – die Schleimhaut schwillt an, wodurch die Kleinen nur sehr schwer Luft bekommen. Folgen sind Heiserkeit und anfallsartig auftretender, bellender Husten. Im Gegensatz zum gewöhnlichen Erkältungshusten kommt es im Rahmen eines Pseudokrupp- Anfalls zu hektischem Ringen nach Luft und pfeifenden, fauchenden oder rasselnden Atemgeräuschen. Da das Krankheitsbild recht bedrohlich wirkt und oft mitten in der Nacht auftritt, rufen viele Eltern den Notarzt. Damit die stark geschwollenen Schleimhäute abschwellen, ist oft die Gabe von Kortisonzäpfchen erforderlich.

Gut zu wissen:
Bei einem Pseudokruppanfall profitieren die meisten kleinen Patienten von kalter, feuchter Luft, die die Schwellung der Atemwege reduziert und somit das Durchatmen erleichtert. Möglich ist es beispielsweise, dass Eltern ihr Kind auf den Arm nehmen und sich gemeinsam an ein weit geöffnetes Fenster stellen. Auf jeden Fall ist es wichtig, dass Eltern bei einem Anfall selbst Ruhe bewahren und ihr Kind beruhigen. Denn Panik und Schreien verschlimmern die Luftnot zusätzlich.

Selbstmedikation bei Heiserkeit Vorübergehende Heiserkeit im Rahmen einer Erkältung ist für viele Menschen nicht gleich Grund für einen Arztbesuch. Vielmehr kommen Betroffene zuerst in die Apotheke, um ihre Sprache wiederzufinden. Empfehlen Sie heiseren Kunden, Halsbonbons oder -pastillen zu lutschen, um den Speichelfluss anzuregen. Eine Wohltat für die entzündeten Stimmlippen sind beispielsweise Salbeibonbons, Pastillen mit Salz oder mit Glycerin. Bewährt haben sich auch schleimstoffhaltige pflanzliche Präparate, darunter Isländisch Moos, Eibisch und Spitzwegerich.

Gut gegen Heiserkeit sind außerdem Inhalationen mit Salzwasser und Gurgeln mit Salbeiblättertee. Ist der Rachen gleichzeitig entzündet, leisten Halsschmerztabletten mit lokal betäubenden Wirkstoffen wie Benzocain und Lidocain gute Dienste. Die Homöopathie setzt bei Heiserkeit beispielsweise auf Ammonium bromatum (Ammoniumbromid) und Arum triphyllum (Zehrwurzel), von den Schüßler-Salzen kommen unter anderem Ferrum phosphoricum (Nr. 3) und Kalium chloratum (Nr. 4) zum Einsatz.

Gut zu wissen: Im Beratungsgespräch sollten Sie heisere Kunden darauf hinweisen, dass die Selbstbehandlung ihre Grenzen hat. Hält die Stimmstörung länger als zwei Wochen an, tritt die Heiserkeit immer wieder auf oder kommen weitere Symptome wie Fieber oder Schmerzen hinzu, ist es Zeit für einen Arztbesuch. Der Mediziner wird der Ursache der Heiserkeit auf den Grund gehen, denn nicht immer steckt eine durch Erkältungsviren ausgelöste akute Kehlkopfentzündung hinter der „Sprachlosigkeit“.

Raten Sie Ihren Kunden, den Haus- oder direkt den Hals-Nasen-Ohren-Arzt aufzusuchen. Manchmal ist eine Kehlkopfspiegelung (Laryngoskopie) erforderlich. Möglicherweise ist auch eine Untersuchung durch einen Facharzt für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen, einen Phoniater, hilfreich, um die Stimmfunktion zu beurteilen.

Hohes Risiko für Vielsprecher Eine verbreitete Ursache von Heiserkeit ist eine Überlastung der Stimme. Vor allem Menschen, die berufsbedingt viel reden müssen, beispielsweise Lehrer und Anwälte, kennen das Problem. Auch Sänger, Schreikinder und Schwerhörige leiden oft unter Heiserkeit, weil ihre Stimme ständig überproportional belastet wird. Dadurch schwillt die Schleimhaut an den Stimmlippen an, möglicherweise bilden sich auch stecknadelkopfgroße Knötchen. Diese gutartigen Gebilde werden bezeichnenderweise auch „Sängerknötchen“ oder „Schreiknötchen“ genannt. Aus Stimmlippenknötchen können sich benigne Polypen entwickeln, die meist mikrochirurgisch abgetragen werden können.

Ein Symptom – viele Ursachen Abgesehen von akuten Erkältungen und Überlastungen der Stimme gibt es für Heiserkeit noch zahlreiche andere Erklärungen. So kann eine Kehlkopfentzündung – und dadurch bedingte Heiserkeit – beispielsweise auch durch Bakterien hervorgerufen werden. Übeltäter sind unter anderem Chlamydien, Streptokokken und Staphylokokken. In diesen Fällen wird der Arzt geeignete Antibiotika verordnen. Möglich auch, dass sich die Kehlkopfschleimhaut durch wiederholten Rückfluss von Magensaft in die Speiseröhre entzündet. Mediziner sprechen von einer Refluxlaryngitis, die mit Protonenpumpenhemmern (PPI) behandelt werden kann.

Ziel der Therapie ist es, die Magensäureproduktion zu drosseln, sodass Sodbrennen und saures Aufstoßen nachlassen. Dann kann sich auch der Kehlkopf wieder „erholen“. Ebenfalls Heiserkeit hervorrufen können Tabakqualm, chemische Reizstoffe und Alkoholmissbrauch. Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum sind übrigens auch die Hauptursachen für Kehlkopfkrebs (Larynxkarzinom) – eine Erkrankung, die überwiegend Männer trifft. Das Erkrankungsalter liegt häufig zwischen 50 und 70 Jahren.

TIPPS FÜR HEISERE KUNDEN
+ Unbedingt erforderlich ist es, die Stimme konsequent zu schonen. Das heißt: Betroffene sollten weder flüstern noch laut sprechen, auf keinen Fall schreien und generell möglichst wenig reden.
+ In jedem Fall sollten Geplagte aufs Rauchen verzichten. Auch Passivrauchen ist „Gift“ für die angegriffenen Stimmlippen. Verqualmte Buden sollten deshalb gemieden werden.
+ Viel trinken ist besonders wichtig, aber die Durstlöscher sollten weder eiskalt noch zu heiß sein. Gut sind neben zimmerwarmem, stillem Mineralwasser auch warme Kräutertees.
+ In Wohnräumen oder im Büro sollte für eine ausreichend hohe Luftfeuchtigkeit gesorgt werden. In der Heizperiode leisten Luftbefeuchter gute Dienste. Ebenfalls möglich: Wasserschalen auf die
Fensterbank über der Heizung stellen.
+ Sinnvoll ist es, den Hals warm zu halten. Am besten einen Rollkragenpulli oder einen Schal tragen.

Alarmsignal für eine bösartige Tumorerkrankung des Kehlkopfs ist oft anhaltende Heiserkeit. Es kann aber auch zu anderen Beschwerden wie Räusperzwang, Fremdkörpergefühl im Hals, trockenem Reizhusten und Schluckbeschwerden kommen. Weitere mögliche Ursachen für eine heisere Stimme sind: Operationen im Halsbereich, bei denen der Kehlkopf oder der Nervus vagus, der für die Stimmbandfunktion zuständig ist, verletzt wurden; einseitige Stimmbandlähmungen; Allergien; Schilddrüsenerkrankungen; Flüssigkeitsansammlungen in den Stimmbändern (Reinke-Ödem) etc.

Auch einige Medikamente, beispielsweise inhalative Glukokortikoide, können Heiserkeit als Nebenwirkung haben. Die Auflistung zeigt: Obwohl Heiserkeit sehr oft völlig harmlos und dann ein klassischer Fall für die Selbstmedikation ist, kann sie auch eine Reihe ernsthafter Ursachen haben. Deshalb der gute Rat für Ihre Kunden: Wenn die Stimme versagt, auf keinen Fall zu lange selbst „herumdoktern“, sondern bei Zeiten zum Arzt gehen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/12 ab Seite 60.

Andrea Neuen-Biesold, Freie Journalistin

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