Ein Warnsignal für eine ernstere Erkältung ist ein sehr starkes Krankheitsgefühl, mit Abgeschlagenheit oder Fieber. © dragana991 / iStock / Getty Images Plus

Interview

"HÄNDE SCHÜTTELN VERMEIDEN. DAS IST KEINE UNHÖFLICHKEIT, SONDERN INFEKTIONSSCHUTZ".

Dr. med. Christoph Rehkamp ist Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Naturheilverfahren, Palliativmedizin, Notfallmedizin, Akupunkturbehandlung und Allergologie (BV-HNO) im CITTI-PARK in Flensburg. Wir haben uns mit ihm über die anstehende Erkältungssaison, die auftretenden Symptomatiken und die Therapiemöglichkeiten unterhalten.

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DIE PTA IN DER APOTHEKE: Die Erkältungs-Saison steht vor der Tür, was schätzen Sie: Wie viele Patienten kommen am Tag mit akuten Atemwegsinfekten zu Ihnen in die Praxis?

Dr. med Christoph Rehkamp: Wir sind drei HNO-Ärzte in der Praxis und behandeln aktuell in der Hauptinfektzeit 150 bis 170 Patienten am Tag. Davon haben circa 20 Prozent im Moment akute Erkältungsinfekte mit akuten Halsbeschwerden, Husten, Schnupfen und Nasennebenhöhlenentzündungen.

In welchem Stadium werden die Patienten häufig bei Ihnen vorstellig? 

Das Stadium, in dem die Patienten vorstellig werden, variiert von ersten Anzeichen mit Schnupfen und leichten Gliederschmerzen bis hin zu ausgeprägten, eitrigen Nasennebenhöhlenentzündungen, weil die Patienten schon ein bis zwei Wochen gewartet haben. Dazwischen gibt es jedes Stadium.

Wenn man bei stark ausgeprägter Symptomatik zu lange bis zu einem Arztbesuch wartet, kann es dann zu komplizierten Verläufen oder gar Folgeschäden kommen?

Auch bei ausgeprägter Symptomatik muss es nicht zwingend zu komplizierten Verläufen kommen. Es sei denn, die Infektion trifft den falschen Patienten – also sehr jung, sehr alt oder immungeschwächt – dann kann es gefährlich werden. Gefährlich kann es z.B. dann werden, wenn in der Familie größere Kinder einen banalen Schnupfen haben und ein Neugeborenes aber dadurch mit dem gefährlichen RS-Virus anstecken, was bei unter Einjährigen zu lebensbedrohlichen Atemwegsinfektionen und zum Atemstillstand führen kann. Das gleiche gilt für die akute Bronchitis. Gefährlich wird es dann, wenn sich bei immungeschwächten, älteren Patienten eine Lungenentzündung auflagert. Sie ist nach wie vor in den Top Ten der weltweiten Todesursachen. 2018 war sie auf Platz acht der weltweit häufigsten Todesursachen. Auch bei älteren Patienten mit vorbestehender Grunderkrankung, wie Diabetes oder Rheuma mit Cortison-Therapie, sollte man vorsichtig sein. Gleiches gilt bei Influenza, der echten Grippe mit ihrem schlagartigen Krankheitsbeginn.

Wie lange sollte man einen erkältungsbedingten Atemwegsinfekt auskurieren? Gibt es das gefürchtete „Verschleppen“ einer Erkältung wirklich?

Bei einer akuten Rhinopharyngitis reichen im Allgemeinen drei bis vier Tage, dann kann man wieder arbeiten gehen. Einen banalen Schnupfen kann man nicht verschleppen. Auch wenn bei einer akuten Bronchitis ein Patient drei Wochen lang hustet, bedeutet das keine Verschleppung. Es dauert manchmal einfach solange, bis das Immunsystem das Virus besiegt hat.

Anders ist es bei einer akuten Bronchitis, die nicht richtig ausheilt und sich zusätzlich eine Lungenentzündung entwickelt. Dann kann es Wochen bis Monate dauern, bis diese komplett ausgeheilt ist.

Was wäre denn dann ein Warnsignal dafür, dass es sich doch um etwas Ernsteres handelt?

Ein Warnsignal für etwas Ernsteres wäre ein sehr starkes Krankheitsgefühl, mit Abgeschlagenheit oder Fieber (ab 38,5 Grad). Bei Kindern sollten spätestens ab 39 Grad fiebersenkende, medikamentöse Maßnahmen ergriffen werden. Ab 40 Grad Fieber sollten Kinder und Erwachsene spätestens einen Arzt aufsuchen, weil dann neben einer Erkältung oder einer Bronchitis ein schwerwiegender Infekt dahinterstecken könnte. Ebenso bei Husten mit gelbem oder eitrigem Schleim und starkem Auswurf.

Bestimmt kennen Sie den Spruch, dass ein Schnupfen drei Tage kommt, drei Tage bleibt und drei Tage geht – kann dieser Verlauf mit einer frühzeitig einsetzenden Therapie verkürzt werden?

Dass sich Schnupfen verkürzen lässt, ist durch Studien belegt. Bei GeloMyrtol® forte wurde das insbesondere bei der Nasennebenhöhlenentzündung nachgewiesen. Das ist zwar kein banaler Schnupfen mehr, aber auch beim akuten Infekt lassen sich die Erkältungssymptome um ein bis zwei Tage verkürzen und damit unter diese drei-drei-drei Regel. Pflanzliche Expektoranzien erzielen einen positiven Effekt und unterstützen das Immunsystem dabei, mit diesen Atemwegsinfekten schneller klarzukommen.

Was bedeutet eine frühzeitig einsetzende Therapie?

Eine frühzeitige Therapie setzt ab dem Anflug erster Symptome mit einer wirksamen pflanzlichen Behandlung ein, die das Immunsystem sowie die Sekretolyse – und damit den Abtransport des viral besetzten Schleims – fördert. Dazu gehört auch eine ausreichende Trinkmenge, vielleicht etwas abschwellendes Nasenspray, pflanzliche Schleimlöser wie GeloMyrtol® forte. Bei Halsbeschwerden kommen Salbei- oder Kamillentee dazu. Dazu kann man ergänzend den physikalischen Reinigungseffekt einer Nasendusche mit einer warmen isotonischen Salzlösung nutzen.

Viele Patienten beschreiben die Farbe ihres Schleims in der Apotheke. Sagt das etwas über eine bakterielle Beteiligung aus?

Die Farbe des Schleims ist ein Hinweis, aber kein hundertprozentiger. Bei einem schweren Infekt der oberen Atemwege, wie der akuten Nasennebenhöhlenentzündung, ist bei einem endoskopisch diagnostizierten gelblich-eitrigen Sekretfluss im mittleren Nasengang eine Antibiose abzuwägen. Auch wenn eine Ultraschalluntersuchung der Nasennebenhöhlen beispielsweise einen Eiterspiegel in Kiefer- oder Stirnhöhlen ergibt. Aber das ist schwierig, weil auch virale Entzündungen einen eitrigen Naseschleim verursachen können. Bei klarem Schleim ist keine Antibiose erforderlich.

Kann der Patient überhaupt selbst bestimmen, ob eine virale oder bakterielle Infektion vorliegt?

Für einen Patienten ist es schwierig selbst zu bestimmen, ob er eine bakterielle oder virale Infektion hat. 80 bis 90 Prozent der akuten Atemwegsinfekte sind viral bedingt. Bakterien spielen eine untergeordnete Rolle. Die wichtigste Regel lautet: ‚Nicht sofort zum Antibiotikum greifen.‘ Die Verordnung eines Antibiotikums, von dem der Patient nur eine Tablette über drei Tage nehmen muss, ist sehr verführerisch. Aber Antibiotika sind hier absolut nicht indiziert. Fast immer liegt bei einem akuten Atemwegsinfekt ein Virusinfekt vor. Solange keine verdächtigen Vereiterungen oder hohes Fieber auftreten und die Lunge frei klingt, muss nicht antibiotisch therapiert werden.

Sind Sie der Meinung, dass sich durch eine bessere Aufklärung der Patienten eine Reduktion des Antibiotikagebrauchs in Deutschland realisieren lässt?

Ja. Die deutschen Ärzte, insbesondere die Hausärzte und vor allem die Kinderärzte haben allein im letzten Jahr den Antibiotikaverbrauch um 20 Prozent gesenkt. Das liegt auch an unseren ärztlichen Weiterbildungen, in welchen der Antibiotika-Einsatz kritisch diskutiert wird. Das trägt langsam Früchte. Vor zwei Jahren haben schon die deutschen Lungenfachärzte in einem Rundschreiben darauf hingewiesen, dass die akute Bronchitis nicht antibiotisch behandelt werden muss. Dann gibt es das Antibiotic Stewardship-Weiterbildungsprogramm zur Antibiotikareduktion vor allem im Klinikbereich. Hinzu kommen immer intensivere Hygienemaßnahmen. Die deutsche Ärzteschaft hat das Problem erkannt. Sie raten bei akuten Atemwegsinfekten erst mal zu Maßnahmen wie Nasenspray, Nasendusche und GeloMyrtol® forte und das funktioniert fast immer gut.

Zum Abschluss: Haben Sie konkrete Tipps, wie man sich in der Erkältungssaison vor einer Ansteckung schützen kann? Was kann man schwangeren Kundinnen raten?

Der banalste Tipp – und der gilt natürlich auch für Schwangere – Hände schütteln vermeiden. Das ist keine Unhöflichkeit, sondern Infektionsschutz. Bei Türklinken im öffentlichen Raum ist mit Viren- und Bakterienbesatz zu rechnen. Für Schwangere und andere Immungeschwächte macht es Sinn in der Erkältungszeit ein kleines Händedesinfektionsmittel in der Tasche mitzunehmen zur regelmäßigen Desinfektion der Hände zwischendurch.

Wer selbst erkrankt ist, sollte nicht in die Hände niesen, sondern in die Ellenbeuge. Da sind die Hände als Übertragungsweg schon mal ausgeschaltet. Es geht aber auch immer um die Kontaktzeit. Es macht einen Unterschied, ob man im Bus einmal angeniest wird oder nachts neben dem stark erkälteten, hustenden Partner acht Stunden im gleichen Raum verbringt. Da ist die Viruslast wesentlich höher. Eine Schwangere sollte ihren kranken Ehemann deshalb bitten, im Nebenraum oder auf der Couch zu schlafen. Eine banale Maßnahme, die funktioniert.

Schwangere und andere können in der Erkältungszeit auch vom Tragen eines Mundschutzes profitieren, wenn sie in der Erkältungszeit unterwegs sind. Das senkt das Infektionsrisiko ebenfalls.

Auch eine vollwertige Ernährung mit ausreichend frischem Obst und Gemüse – oder schockgefrostetem Tiefkühlgemüse – zur Versorgung mit wichtigen Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen wie Vitamin C und Zink, hat eine schützende Wirkung. Ob jemand dann Nahrungsergänzungsmittel nutzen will, sei jedem selbst überlassen. Solange man kein Veganer ist, ist es eigentlich nicht notwendig.

Das Interview für DIE PTA IN DER APOTHEKE führte Nadine Hofmann

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