Mädchen impft Teddybär. © Alina Demidenko / iStock / Getty Images Plus
© Alina Demidenko / iStock / Getty Images Plus

Säuglinge und Kleinkinder

GUT GESCHÜTZT

Mit Impfungen geht es für die Kleinen früh los. Bereits mit sechs Wochen sieht der Impfkalender die erste Impfung vor, weitere folgen zeitnah. Macht das wirklich Sinn und wie werden Mehrfachimpfungen vertragen?

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Eine aktuelle Auswertung der Techniker Krankenkasse zeigt, dass nur knapp die Hälfte der TK-versicherten Kinder, die im Jahr 2017 geborenen wurden, in den ersten zwei Lebensjahren alle der derzeit 13 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen erhalten haben. Eigentlich unverständlich, denn Impfungen zählen zu den wichtigsten präventiven Maßnahmen im Gesundheitswesen. Sie bieten den besten Schutz vor schweren Infektionskrankheiten samt ihrer Komplikationen.

Keine generelle Impfpflicht In Deutschland existiert keine Impfpflicht. Jeder kann individuell entscheiden, ob er eine Impfung durchführen lassen möchte. Ausnahmen gibt es bei den Masern. Nach dem Masernschutzgesetz müssen Eltern nachweisen, dass ihre Kinder vor Eintritt in eine Gemeinschaftseinrichtung wie den Kindergarten oder die Schule die von der STIKO empfohlenen Impfungen gegen Masern erhalten haben. Zudem können bestimmte Reiseimpfungen aufgrund internationaler Gesundheitsvorschriften verpflichtend sein (z. B. Gelbfieber).

Impfempfehlungen der STIKO Die STIKO des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin spricht regelmäßig Impfempfehlungen aus, die sie den epidemiologischen Entwicklungen anpasst. Die aktualisierte Version wird jedes Jahr mit Erläuterungen im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht (letzter Stand: August 2020) und ist auf den Internetseiten des RKI abrufbar. Die Abfolge der erforderlichen Standardimpfungen sowie die Zeiträume, nach denen Auffrischimpfungen erfolgen sollten, werden dort für alle Altersgruppen in Form eines Impfkalenders übersichtlich dargestellt. Darüber hinaus sind in einer gesonderten Tabelle Empfehlungen zu Standardimpfungen des Erwachsenenalters sowie zu Indikations- und Auffrischimpfungen für alle Altersgruppen aufgelistet.

Impfkalender Die aktuelle Fassung des Impfkalenders für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene umfasst Impfungen zum Schutz vor Tetanus, Diphtherie, Pertussis (Keuchhusten), Haemophilus influenzae Typ b (Hib), Poliomyelitis (Polio), Hepatitis B, Pneumokokken, Rotaviren, Meningokokken C, Masern, Mumps, Röteln, Varizellen (Windpocken) sowie gegen Humane Papillomviren (HPV), Herpes zoster und Influenza. Während die Grippe-Impfung bereits bei Säuglingen mit gesundheitlicher Gefährdung ab sechs Monaten gegeben werden kann, ist die Herpes zoster-Vakzine lediglich für Personen über 50 Jahre eine Indikationsimpfung. Beide sind zudem Standardimpfungen für Erwachsene über 60 Jahre.

Frühzeitig beginnen Grundsätzlich sind den empfohlenen Impfungen im Impfkalender bestimmte Impftermine zugeordnet. Prinzipiell sollten die Impfungen möglichst frühzeitig erfolgen, um eine Erkrankung bei Säuglingen und Kleinkindern zu vermeiden. Die Grundimmunisierung gegen Rotaviren beginnt bereits mit sechs Wochen. Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hib, Polio, Hepatitis B und Pneumokokken folgen möglichst ab dem vollendeten zweiten Lebensmonat und sollten spätestens mit elf Monaten abgeschlossen werden. Gegen Masern, Mumps, Röteln (MMR) und Varizellen kann erst ab einem Alter von elf Monaten geimpft werden. Vorher ist eine Impfung nicht möglich, da der Säugling von der Mutter schützende Antikörper erhalten hat, welche die Impfviren neutralisieren könnten. Bis zum zweiten Geburtstag soll die zweite Impfdosis spätestens verabreicht sein. Außerdem ist für alle Kinder im Alter von zwölf Monaten eine Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C vorgesehen.

Die STIKO empfiehlt die Verwendung von Kombinationsimpfstoffen, um die Zahl der Injektionen möglichst gering zu halten. Es gibt entgegen der landläufigen Meinung einiger Eltern keine Hinweise darauf, dass Mehrfachimpfstoffe das kindliche Immunsystem überlasten, denn die gespritzten Antigene stellen nur einen Bruchteil der Belastung dar, mit der sich der Organismus täglich auseinandersetzt. Neben der Sechsfachimpfung gegen Tetanus, Diphtherie, Polio, Hib, Pertussis und Hepatitis B stehen noch eine Dreifachimpfung gegen Mumps, Masern und Röteln (MMR) sowie eine Vierfachimpfung gegen MMR in Kombination mit der Varizellen-Impfung zur Verfügung.

Schutz gegen Rotaviren Die erste Impfung erfolgt gegen Rotaviren. Diese rufen bei Säuglingen und Kleinkindern schwerste Durchfallerkrankungen mit Erbrechen hervor, die teilweise zu lebensbedrohlichen Flüssigkeitsverlusten führen. Der wirksamste Schutz gegen Rotaviren ist – neben einer sorgfältigen Hygiene - die Schluckimpfung, die seit dem Jahr 2013 zu den Standardimpfungen zählt. Die Impfserie beginnt im Alter von sechs Wochen und umfasst je nach Impfstoff zwei oder drei Impfungen im Abstand von vier Wochen.

Sechsfacher Rundum-Schutz Seit Ende Juni 2020 empfiehlt die STIKO ein neues Schema für die Sechsfachimpfung im Säuglingsalter, mit dem eine Impfdosis eingespart werden kann. Für die Grundimmunisierung soll jetzt nach dem 2+1-Impfschema (statt wie bisher nach dem 3+1-Schema) geimpft werden. Somit erhalten die Kleinen drei Impfdosen im Alter von zwei, vier und elf Monaten. Frühgeborene, die vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt kamen, sollen aber weiterhin wie bisher im Alter von zwei, drei, vier und elf Monaten vier Impfstoffdosen bekommen (3+1-Impfschema).

Säuglinge, die bereits zum zweiten Mal vor dem Alter von vier Monaten geimpft wurden, sollen nach dem alten 3+1-Impfschema weiter versorgt werden, das heißt, sie erhalten demnach drei Impfungen mit dem Sechsfachimpfstoff im ersten und eine Impfung im zweiten Lebenshalbjahr. Im Alter von fünf und sechs Jahren benötigen Kinder die erste Auffrischimpfung gegen Tetanus, Diphtherie und Pertussis. Eine weitere erfolgt gegen die drei Infektionen im Alter von neun bis 16 Jahren und dann im zehnjährigen Abstand. Gegen Polio ist nur eine zweite Auffrischung vorgesehen, und zwar zum gleichen Zeitpunkt wie die dritte Auffrischimpfung gegen Tetanus, Diphtherie und Pertussis.

HPV-Schutz für Mädchen und Jungen Im etwa gleichen Zeitrahmen sollen alle Kinder und Jugendlichen im Alter von neun bis 14 Jahren einen Impfschutz gegen Humane Papillomviren erhalten. Wird dies versäumt, sind spätestens bis zum Alter von 17 Jahren die Impfungen gegen HPV nachzuholen. Angestrebt wird dabei, die vollständige Impfserie vor dem ersten Sexualkontakt abzuschließen. Für die Anzahl der erforderlichen Impfstoffdosen ist das Alter bei Beginn der Impfserie entscheidend. Wird die Impfserie im Alter von neun bis 14 Jahren gestartet, ist ein 2-Dosen-Impfschema mit einem Impfabstand von fünf Monaten zugelassen. Bei Nachholimpfungen im Alter von über 14 Jahren oder bei einem Impfabstand von weniger als fünf Monaten zwischen der ersten und zweiten Dosis ist eine dritte Impfstoffdosis erforderlich (Angaben in den Fachinformationen beachten).

Indikationsimpfungen nicht vergessen Für Kinder können auch Indikationsimpfungen indiziert sein. Klassische Beispiele sind Impfungen gegen FSME und Hepatitis A, für die speziell für Kinder zugelassene Impfstoffe zur Verfügung stehen. Während ein FSME-Schutz auch in Deutschland notwendig sein kann, stellt die Hepatitis A-Impfung eine typische Reiseimpfung dar.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 11/2020 ab Seite 76.

Gode Chlond, Apothekerin

×