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Kulinaria

GUT GEPLANT IST HALB GEGESSEN

Mal wieder keine Zeit gehabt, zu kochen? Dafür schnell was in den Mund gestopft? Der ungesunden Begleiterscheinung unserer schnelllebigen Zeit steht jetzt ein neuer Trend entgegen: Meal Prep.

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Manchmal hilft es, den Dingen einen neuen Namen zu geben. Unsere Großmütter nannten das Ganze noch „vorkochen“ – wenn man keine Zeit zum täglichen Herstellen der Mahlzeiten hatte, musste man sie eben einmal in der Woche vorbereiten. Die Idee dahinter: Wer langfristige Schäden bei der Ernährung vermeiden will, plant so, dass immer alles da ist. Vorbereitete Mahlzeiten haben den Vorteil, dass jederzeit die Gewissheit herrscht: Es gibt noch was Gesundes im Kühlschrank, und das muss ich nur aufwärmen!

Vernünftig und zeitgemäß Barbara Rias-Bucher, die große alte Dame des Vollwert-Kochens, hat sich mit beinahe 80 Jahren den Trend noch einmal genauer angeschaut und ein eigenes Buch darüber geschrieben. „Vernünftig und zeitgemäß“ nennt sie das Konzept des „Meal Prep“: „Es hilft uns, Ernährungsprobleme zu lösen, die unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden zunehmend belasten: Fertiggerichte schaden Herz und Kreislauf, weil sie häufig zu fett und salzig sind, Essen unter Stress scheint Übergewicht zu begünstigen, süße Naschereien bei Heißhunger fördern Diabetes.“ Der Trend, der aus Amerika herübergeschwappt ist und übersetzt nichts anderes als „Essen vorbereiten“ heißt, kommt hier ganz langsam in die Gänge. Bodybuilder handhaben ihn schon länger, weil sie einen erhöhten Proteinbedarf und somit Bedarf für Spezialnahrung haben. Doch für alle anderen erscheinen im August neue Bücher zum Thema.

Singe niemals „God save the Queen“
Wenn man sich keinen Ärger einhandeln möchte, sollte man darauf verzichten, die englische Nationalhymne anzustimmen. Wer aber dennoch sein musikalisches Talent zum Besten geben mag, sollte dann lieber die irische Nationalhymne „Soldier Song“ oder eines der vielen Tradionals singen.

Drei Komponenten Eigentlich ist Bücherwissen gar nicht erforderlich. Man muss sich nur an ein paar Regeln halten. Zum einen: Bereite nur das vor, was du wirklich gern isst. Zum andern: Betreibe eine durchdachte Vorratshaltung, die Komponenten aus den Bereichen Proteinquellen, Kohlenhydraten und gesundes Fett enthält. So sorgen Hähnchen- und Truthahnfleisch, Rind- und Schweinefleisch, Dosentunfisch und geräucherter Lachs sowie Eier für die nötigen Eiweiße. Reis, Quinoa, Hirse, Kartoffeln und Hülsenfrüchte liefern die Carbs, Oliven-, Rapsöl und Co. das Fett. Es gibt auch Lebensmittel, die man meiden sollte: Frischer Fisch sollte beispielsweise nicht wieder aufgewärmt werden, deshalb gibt es diesen nur in konservierter Form. Ein ausgeklügelter Einkaufsplan ist notwendig, um die gewünschten Zutaten parat zu haben. Ein Beispiel: Hühnchen in Erdnusssoße, Reis mit Ofengemüse und Tsatziki, Kartoffelsalat mit Nackensteak und Broccoli – dies alles kann in einem Glas mit Schraubdeckel geschichtet, kühl gestellt oder eingefroren werden und als Komplett-Mahlzeit in der Firmen-Mikrowelle wieder aufgewärmt werden.

Mancher schwört auf Ofengemüse: Einfach eine Ladung Lieblingsgemüse waschen und schnippeln, ein wenig Öl und Gewürze darüber geben, auf einem Backblech ausbreiten und 20 Minuten bei 200 Grad schmurgeln. Schmeckt mit einer Kohlenhydratquelle super und macht solo weder faul noch träge. Und wer gern Nudeln mit Tomatensoße isst, sollte die Nudeln immer extra einpacken, denn sonst wird es matschig. Doch mit den ebenfalls gerade in Mode kommenden Bento-Boxen ist auch das kein Problem. Der von den Japanern abgeschaute wiederverwendbare Kunststoffbehälter lädt mit seinen zahlreichen Extra-Behältnissen dazu ein, Soßen, Gemüse, Fleisch sowie alle denkbaren Zutaten einzeln und doch miteinander zu verstauen.

Bücher zum Thema
Barbara Rias-Bucher: Einmal kochen, mehrmals genießen. Meal Prep: der neue Trend. 80 Seiten, ISBN-13: 9783903159297, Weltbild Martina Kittler: One Pot Meals. Das Wunder aus einem Topf. 64 Seiten, ISBN-13: 978-3833859434, Gräfe und Unzer

Sonntagsküche Einmal in der Woche – Meal-Prep-Experten nehmen dazu am liebsten den Sonntag – stellt man sich für zwei bis drei Stunden in die Küche und produziert alles, was man die Woche über braucht. Dazu ist genaue Planung notwendig, doch dies ist auch Sinn und Ziel des neuen Trends. Rias-Bucher findet dazu deutliche Worte: „Die Wegwerf-​Mentalität unserer Gesellschaft wird von der Nahrungsmittelindustrie gefördert, indem man uns mit ständigen Sonderangeboten billige Ware nahezu aufdrängt. Etwa ein Drittel davon landet dann im Müll, weil wir mehr kaufen, als wir verbrauchen können. Durch Meal Prep lässt sich diese Verschwendung zumindest reduzieren.“ Die Autorin meint außerdem: „Wir behandeln gute Lebensmittel sorgsam und schätzen unser Essen wert, wenn wir es selbst zubereiten.“ Der Gang über den Wochenmarkt macht somit Vergnügen, denn es wird garantiert alles verbraucht, was auf dem Einkaufszettel steht!

Alles in einen Topf Jedoch: Für manche Menschen bedeutet es Entspannung, sich täglich in die Küche zu stellen und zu kochen. Doch auch die haben oftmals ein Zeitproblem. „One Pot“ heißt für sie das Zauberwort; sämtliche Zutaten wandern in einen einzigen Topf, was ihre Aromen auf das köstlichste miteinander verbindet. Und es geht schnell, vorausgesetzt es wurde nach dem oben erwähnten ausgeklügelten Einkaufszettel eingekauft. Das Prinzip der „One Pot Meals“ ist ganz einfach: Das Öl im Topf erhitzen; Fleisch, Geflügel, Fisch oder Tofu darin kräftig anbraten und wieder herausnehmen. Zwiebeln, Knoblauch und klein geschnittenes Gemüse im Bratfett andünsten.

Dann kommen die Sattmacher hinzu (Pasta, Kartoffeln), Gewürze und Kräuter. Flüssigkeit angießen, zugedeckt aufkochen und köcheln, bis alles gar ist. Zum Schluss die anfangs angebratenen Zutaten unterheben. Fertig! Die Autorin Martina Kittler, Autorin eines der brandneuen „One Pot“ Bücher (siehe Kasten), hat sich diese Zubereitungsart aus der Campingküche abgeschaut: „Man kann mit minimaler Ausstattung ein schmackhaftes Familiengericht zaubern. Und: Abwasch ade. Man braucht eben nur einen breiten Topf“. Der Food-Blog „springlane“ nennt diesen Trend „die Zauberformel für alle, die großen Hunger haben, aber wenig Lust aufs Spülen“. Man muss sich nur noch entscheiden: Soll es lieber Afrikanischen Hähnchen-Erdnusstopf, Asia-Nudeln auf Garnelen oder One Pot Pasta Caprese geben? Die Methode eignet sich sogar für Spontankocher, denn nach dem beschriebenen Prinzip kann auch auf Vorräte zurückgegriffen werden.

Kein Heißhunger mehr Die segensreichen Wirkungen kontrollierter Nahrungszubereitung werden nach einigen Wochen sichtbar. „Anfänge von Heißhunger tauchen nicht mehr auf, weil man weniger Zuckerhaltiges isst. Man bleibt länger satt, weil das Essen Proteine, Fett und Kohlenhydrate im richtigen Verhältnis liefert. Die Verdauung funktioniert besser, weil Meal-Prep-Speisen genügend Ballaststoffe enthalten. Und allmählich normalisiert sich auch das Gewicht“, weiß Rias-Bucher. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/17 ab Seite 130.

Alexandra Regner, PTA und Redaktion

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