Kommunikation

GESPRÄCHSTIPPS IM UMGANG MIT SEXUELL AUFDRINGLICHEN KUNDEN

Wenn Sie ehrlich sind, kommt es wirklich selten vor, dass man in der Apotheke unerwünschte Avancen bekommt. Umso unsicherer ist man, wenn es dennoch passiert – denn wie verhält man sich richtig?

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Sexuelle Belästigung ist verboten und gesetzlich definiert als „jede Form von unerwünschtem Verhalten sexueller Natur, das sich in unerwünschter verbaler, nicht-verbaler oder physischer Form äußert und das bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.“ Die folgenden Beispiele sind nicht geschlechtsneutral formuliert, sollen aber stellvertretend für beide Geschlechter stehen.

Hat er mir jetzt wirklich in den Ausschnitt geguckt?Regel Nummer 1: Wer etwas zeigt, läuft natürlich auch Gefahr, dass es gesehen wird – und zwar von jedem, der das gerne möchte. Aus diesem Grund sollte für berufliche Anlässe stets eine Garderobe gewählt werden, die keinerlei sexuelle Andeutungen zulässt. Vermeiden Sie Kleidung, die stark aufträgt und sorgen Sie dafür, mit Ihrem Auftreten nicht die Fantasie anzuregen.

Hat er das wirklich gesagt? Im Zweifel hat er das nicht. Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen – prüfen Sie genau, ob Ihr Verdacht wirklich gerechtfertigt ist, bevor Sie handeln. Daraus folgt Regel Nummer 2: Solange Sie nicht sicher sind, dass eine eindeutig zweideutige Bemerkung Ihnen gegolten hat, überhören Sie sie geflissentlich und seien Sie distanziert und kühl. Bleiben Sie bei den pharmazeutischen Fakten und beraten Sie diesen Kunden vollständig, aber zurückhaltend. Bevorzugen Sie einen festen, gleichgültigen Blickkontakt anstatt sich einschüchtern zu lassen. Sie können nicht erwarten, dass jemand wirklich zugibt, Sie zu belästigen. Insofern ist „Aussprechen“ in diesem Fall kontraproduktiv und sorgt sogar dafür, dass die Situation sich verschärft.

Jetzt fasst er mich auch noch an! Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Hierzu gehört auch entscheiden zu dürfen, von wem man angefasst wird und von wem nicht. Setzen Sie deutliche Grenzen, wenn Sie sich in Ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen. Hierzu haben Sie unterschiedliche Möglichkeiten:

  • Sprechen Sie die Person sofort, kurz, diskret und ruhig an. Sagen Sie zum Beispiel: „Bitte fassen Sie mich nicht an. Ich gehe davon aus, dass das ein Versehen war. Bitte tun Sie das nicht wieder.“
  • Holen Sie sich eine Kollegin oder einen Kollegen zur Hilfe und sprechen Sie die Person erst dann an. Auch hier ist es wichtig, dass die Reaktion sofort und ruhig erfolgt.

Einmal klar gestellt, kann die Sache dabei belassen werden, sofern sie sich nicht wiederholt. Der betreffende Kunde sollte nach Möglichkeit von einer anderen Kollegin bedient und von Ihnen völlig ignoriert werden. Denn der Angreifer könnte sich auch über Ihren Ärger oder Ihre Verunsicherung freuen. Ist der Übergriff eindeutig und unmissverständlich, sollte die Apothekenleitung allerdings Hausverbot erteilen und Sie gegebenenfalls Anzeige erstatten.

Soll ich oder soll ich nicht? Möglicherweise taucht der Übergreifer von gestern heute mit einem Strauss Blumen oder einer Tafel Schokolade wieder in der Apotheke auf und will sich bei Ihnen entschuldigen. Hier gilt: Nehmen Sie Geschenke auf keinen Fall an, sondern sagen Sie mit fester und ruhiger Stimme: „Ich möchte dieses Geschenk nicht annehmen. Bitte warten Sie einen Moment, es kommt jemand zu Ihnen.“

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/11 auf Seite 28.

Anna Laven, Apothekerin und Pharmazietrainerin

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