Kommunikation

GESPRÄCHSTIPPS BEI TRAUERNDEN KUNDEN IM HOCHBETRIEB

In drei Reihen stehen die Kunden heute Schlange und haben es eilig – und nun bricht Ihre Stammkundin Frau Schneider in Tränen aus: „Er ist letzte Nacht gestorben“.

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Bevor Ihnen zum ersten Mal ein trauernder Kunde im Hochbetrieb begegnet, wäre es gut, wenn Sie sich mit der Situation theoretisch auseinandersetzen. Zu schnell fühlt man sich ansonsten überrumpelt und durch die eigene Angst zu einer ganz unprofessionellen Reaktion genötigt. Diese kann von einem verdutzten „Wer? Soll ich den gekannt haben?“ bis zum ebenso unnötigen „Na ja, was haben Sie auch erwartet, schließlich war er schon 75 Jahre alt und herzinsuffizient“, während Sie mit den Augen bereits unruhig nach einem Rezept suchen.

Ihre persönliche Haltung Haben Sie sich mit Ihrem eigenen befristeten Dasein schon intensiv befasst oder mit dem eines nahestehenden Menschen? Sind Sie in der Lage, den Gedanken an die eigene Sterblichkeit zu ertragen und welche Schlüsse für Ihr jetziges Leben können Sie positiv daraus ziehen? Denn nur wenn Sie eine Position dazu bezogen haben, können Sie anderen Menschen in ihrer Trauer und in ihrer Angst angemessen begegnen.

Nicht bewerten – Nicht ablenken – Nicht bemitleiden – Nicht verallgemeinern. Die tückischsten Kommunikationsfallen im Umgang mit einer tiefen Trauer sind die Folgenden:

  • Bewerten: „Das ist eine ganz schlimme Sache für Sie.“
  • Ablenken: „Aber sonst ist doch alles in Ordnung, sind Ihre übrigen Familienmitglieder gesund?“
  • Mitleid: „Was Sie alles mitmachen müssen, oh je, da tun Sie mir aber leid.“
  • Verallgemeinern: „Das wird sich bald wieder geben, das ist immer so, das erleben wir hier in der Apotheke Tag für Tag.“

Allgemeinplätze dieser Art kann man sich getrost sparen. Der Trauernde fühlt sich nicht verstanden – und Zeit kostet es außerdem auch noch, um den heißen Brei herum zu reden. Denn die Frage ist: Was würde Ihrer Kundin in diesem Augenblick am ehesten Kraft geben? Wie können Sie am besten Verständnis signalisieren?

Einfach annehmen. Eine bewährte Kommunikationsstrategie ist das aktive Zuhören. Hierbei wiederholt der Zuhörer das soeben Gehörte und macht Gefühle deutlich. Dadurch fühlt sich der Trauernde angenommen und verstanden. Es geht nicht darum, große Reden zu schwingen. Ein paar wenige Sätze reichen schon, um Solidarität zu zeigen und Hilfe anzubieten. Und so könnte das Gespräch laufen:

Kundin: „Er ist heute Nacht gestorben“.
Apotheke: „Heute Nacht ist Ihr Mann gestorben.“
Kundin: „Ja.“ Apotheke: „Das macht Sie sehr traurig“.
Kundin: „Ja.“ (weint noch mehr)
Apotheke: „Wissen Sie, Frau Schneider, wir möchten gerne für Sie da sein. Wenn ich also irgendetwas für Sie tun kann, dann lassen Sie es mich bitte wissen“
Kundin: „Ja, danke. Ich danke Ihnen sehr.“ (trägt den eigentlichen Grund ihres Apothekenbesuchs vor).

Beim aktiven Zuhören geht man davon aus, dass die Lösung des Problems allein durch den „Problemträger“ selbst herbei geführt werden kann. Es dient also dem behutsamen Auffinden eben dieser individuellen Lösung. Üben Sie sich darin – es wird Ihnen nicht nur bei trauernden Kunden im Hochbetrieb helfen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/11 auf Seite 28.

Anna Laven, Apothekerin und Pharmazietrainerin

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