Pilze © Ingo Bartussek / stock.adobe.com
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Gefahrstoffkunde

GENUSS MIT REUE

Eine Knollenblätterpilzvergiftung ist eine tückische Angelegenheit. Gegen den giftigsten unserer heimischen Pilze gibt es aber zum Glück ein Antidot. Wie wirkt der Pilz und wie das Gegengift?

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Der grüne Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) wächst bis zu den ersten Frösten in Laubwäldern unter Eichen und Buchen. Verwechselt wird er gerne mit dem Wiesen- oder dem Waldchampignon. Pilzkenner unterscheiden den Giftpilz durch die weiße, kelchförmige Hautscheide am Grunde des Stils, die ihm seinen Namen gab und beim Champignon nie vorkommt. Zudem sind seine Lamellen stets weiß bis blassgrün, beim Champignon jedoch rosa bis braun. Das Tückische am Knollenblätterpilz ist neben der Verwechslungsgefahr mit essbaren Pilzen, dass schon geringe Mengen tödlich wirken und sich die Vergiftung erst nach Stunden oder gar Tagen bemerkbar macht. Noch dazu soll er köstlich schmecken, aber eben nur einmal.

Phalloides-Syndrom Bei den für die Vergiftung verantwortlichen Amatoxinen handelt es sich um Peptide, die sowohl gegenüber der Hitze beim Kochen als auch gegenüber der Magensäure und den Enzymen des Magen-Darm-Traktes stabil sind. Amatoxine sind starke Leberzellgifte, ihre Wirkung beruht auf einer Hemmung der RNS-Polymerase, wodurch die Proteinbiosynthese in der Leber gestört wird. Die tödliche Dosis für einen erwachsenen Menschen beträgt circa vier bis acht Milligramm (mg) dieser Amatoxine. Ein mittelgroßer Pilz kann bis zu zehn mg enthalten.

Die Vergiftung, das sogenannte Phalloides-Syndrom, beginnt nach 6 bis 24 Stunden zunächst mit heftigen, wässrigen Durchfällen und starken Bauchschmerzen sowie Übelkeit und Erbrechen. Es folgt eine Phase der scheinbaren Besserung, die bis zu 24 Stunden anhalten kann. Gelegentlich wurden Patienten in dieser Phase bereits wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Erst vier bis fünf Tage nach der Pilzmahlzeit kommt es dann zu gastrointestinalen Blutungen sowie zum Ikterus (Gelbsucht) durch Störung des Bilirubinstoffwechsels in der Leber. Die Patienten sind zunehmend delirant und fallen in schweren Fällen ins Koma. Der Tod tritt in der Regel durch Nierenversagen ein.

Richtige Diagnose ist lebensrettend Bei einem Verdacht auf eine Knollenblätterpilzvergiftung muss sofort ein Notarzt gerufen werden. Eventuell Erbrochenes sollte zur Pilzidentifizierung aufgehoben werden. Ist die Diagnose klar, wird der Arzt neben – falls noch möglich – resorptionsvermindernden Maßnahmen und einer forcierten Diurese sofort mit der Gabe von Silibinin, das aus den Früchten der Mariendistel gewonnen wird, beginnen.

Das Antidot wird in Form von Silibinin-Dihemisuccinat über mehrere Tage als intravenöse Infusion gegeben. In dieser hohen Konzentration blockiert Silibinin durch kompetitive Rezeptorbindung die Giftaufnahme in die Leberzellen. Wird die Vergiftung schnell richtig diagnostiziert und das Antidot konsequent angewendet, stehen die Chancen gut, die Vergiftung zu überleben.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER SCHULE 2018 auf Seite 30.

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