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Apothekenkooperationen

GEMEINSAM STARK

Etwa drei Viertel aller deutschen Apotheken sind Mitglied einer Kooperation. Vor diesem Hintergrund ist es auch für PTA wichtig, die Bedeutung dieser Zusammenschlüsse zu kennen.

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Wer sich schwach fühlt, hält nach Gleichgesinnten Ausschau, mit denen er sich mit dem Ziel verbündet, mehr Macht zu erlangen. Was auf Menschen zutrifft, gilt auch für die Wirtschaft. Insofern verwundert es nicht, dass Vorformen von Kooperationen wie etwa Zünfte und Gilden schon im Mittelalter entwickelt wurden.

In Bezug auf Apothekenkooperationen stammt die prägnanteste Begriffsdefinition von Professor Strobel, FH Worms: „Es sind eigenständige Unternehmen, die freiwillige vertragliche Vereinbarungen treffen, um die Ziele der Mitglieder zu fördern.“ Unter Apothekern erlebten Kooperationen zu einer Zeit einen Boom, als Gerüchte über den Fall des so genannten Fremd- und Mehrbesitzverbotes kursierten und man befürchten musste, dass große Konzerne Apothekenketten gründen.

Die Kooperationen verloren jedoch auch dann nicht an Bedeutung, als der Europäische Gerichtshof am 19. Mai 2009 das Fremd- und Mehrbesitzverbot bestätigte und somit die inhabergeführte Apotheke stärkte. Gleichzeitig wurde dem Apotheker erlaubt, bis zu drei Filialen zu gründen.

Kooperation stärkt Individualapotheke Die Motivation für Apotheker auch heutzutage Mitglied einer Kooperation zu werden, ist ganz einfach zu erklären: Der Wettbewerbsdruck ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, sei es durch Internetapotheken, Pick-up-Stellen, Drogerien oder den so genannten Mass Market. Um diesem Wettbewerb standhalten zu können, handeln viele Apotheker nach einem paradox anmutenden Muster: Sie geben ein Stück ihrer Eigenständigkeit auf, um langfristig ihre Selbstständigkeit zu sichern.

Diese Überlebensstrategie bringt natürlich auch eine Sicherung der PTA-Arbeitsplätze mit sich. Insofern sollte sich jede PTA darüber bewusst sein, dass sie mit der aktiven Umsetzung beispielsweise der von der jeweiligen Kooperation vorgegebenen Marketingmaßnahmen einen elementaren Beitrag zur Erhaltung „ihrer“ Apotheke beiträgt. Natürlich spielen vergünstigte Einkaufskonditionen für den Beitritt zu einer Kooperation eine wesentliche Rolle: In der von der Sempora Consulting GmbH erhobenen Untersuchung „Coop-Study 2013“ nennen 65 Prozent der Befragten den finanziellen Vorteil im Einkauf als Hauptgrund ihrer Kooperationsmitgliedschaft.

88 Prozent der Apotheker sind davon überzeugt, dass die Einkaufsvorteile auch in Zukunft die entscheidende Rolle spielen. Einleuchtend ist auch, dass eine Kooperation im Hinblick auf professionelles Marketing und BWL mehr bewirken kann als eine einzelne Apotheke. Im günstigsten Fall kümmert sich die Kooperation beispielsweise um folgende Aufgaben: Werbung, Aktionen, Category Management, Eigenmarken, Schulungen der Apothekenmitarbeiter, Optimierung der Betriebskosten durch Unterstützung im Back Office Bereich und die Bereitstellung von Ladenbaukonzepten.

Unterschiedliche Modelle Da die Bedürfnisse und Schwerpunkte der einzelnen Apotheken unterschiedlich sind, haben sich verschiedene Arten von Kooperationen ausgebildet. Beim Modell der Franchise-Kooperation erstellt der Franchisegeber ein unternehmerisches Gesamtkonzept, das von seinen Franchise-Nehmern selbstständig an ihrem Standort umgesetzt wird. Im Gegensatz zu allen anderen Kooperationsformen ist der Apotheker hierbei gezwungen das Konzept vollständig umzusetzen.

Diese Art der Kooperation ist bei den meisten Apothekern relativ unbeliebt, weil der Inhaber sehr stark in seiner unternehmerischen Freiheit eingeschränkt wird. Auf der anderen Seite kann diese Form der Kooperation aufgrund der rigiden, zentral gesteuerten Führung gegenüber der Industrie als besonders verlässlicher Partner auftreten und somit bei Verhandlungen punkten.

Umfrage
Kooperationen ersetzen nicht die Beratung! Dies belegt eine Studie über Apothekenkooperationen vom Deutschen Institut für Servicequalität aus dem Jahr 2012. Dort heißt es: „Bei Fachfragen machten die Mitarbeiter in 22 Prozent der Beratung unvollständige und in 8 Prozent sogar fehlerhafte Aussagen“. Was lernen wir daraus? Die Beratung auch durch PTA zählt zur Kernkompetenz der Apotheke!

Nachdem der Stern von „Doc-Morris“ verblasst ist, sind die „easy Apotheken“ ein typisches Beispiel für diese Art der Kooperation. Am weitesten verbreitet sind Kooperationen, die im Umfeld von Großhändlern entstanden sind, wie beispielsweise „vivesco“, die der „Alliance Healthcare“ (vormals „Anzag“) zugeordnet ist. Relevant sind auch Zusammenschlüsse wie etwa die „Natürlich-Apotheken“, die ihre Hauptaufgabe nicht im Kampf um Einkaufsvorteile sehen, sondern mit kontinuierlich weiter entwickelten Marketingkonzepten dem Endverbraucher die ganz besondere Kundenorientierung der Mitglieder vermitteln wollen.

Apotheker, die sich in allzu großen Organisationsformen unwohl fühlen, bevorzugen gerne regional ausgerichtete Kooperationen. Die Betreuung in diesen Gruppierungen ist in der Regel individueller – der einzelne Apotheker kann sich in diesen Konstellationen besser einbringen. Ein typisches Beispiel hierfür ist die „Migasa“, die in ihrem Leitbild die Gleichheit und Unabhängigkeit der Mitglieder betont. Last but not least gibt es noch die eher fachbezogenen Kooperationen wie etwa die Gruppe „Babyfreundliche Apotheke“, die ihr Programm schon im Namen trägt. Im Grunde genommen könnte man auch die „Natürlich-Apotheken“ mit ihrem ganzheitlichen Beratungsansatz zu den Fachkooperationen zählen.

Generell ergibt sich beim Blick auf die Größe der verschiedenen Marktteilnehmer ein unterschiedliches Bild: So gibt es Zusammenschlüsse, die lediglich eine Handvoll Mitglieder aufweisen können, während große Organisationsformen wie etwa „Linda“ schon weit über tausend Mitglieder zählen.

Das Problem der Umsetzung Da die verschiedenen Typen der Kooperationen auch verschiedene Vorteile bieten, gibt es eine nicht unbeträchtliche Zahl von Apothekern, die in zwei oder mehreren Kooperationen Mitglieder sind und sich je nach Bedarf daraus die besten Angebote herauspicken. Aber auch Apotheker, die sich nur für eine Kooperation entschieden haben, setzen häufig nicht alles um, was ihnen beispielsweise in Bezug auf das Marketing vorgeschlagen wird. Dabei bedenken sie nicht, dass sie damit der gesamten Gruppe schaden: Wird beispielsweise ein Plakat für die Schaufenstergestaltung entwickelt und nur eine Minderheit der Mitglieder ist bereit, dieses auch einzusetzen, wird es selbst eine große Kooperation schwer haben, eine Dachmarke zu entwickeln.

Letztlich muss es aber das Ziel einer Kooperation sein, eine möglichst schlagkräftige Dachmarke zu entwickeln, um sich so als besonders starke Apothekenmacht gegenüber Kunden und Industrie präsentieren zu können. Dass eine stark aufgestellte Kooperation auch von Apothekern geschätzt wird, beweist „Linda“, die bei der jährlich durchgeführten Sempora-Studie in Puncto Beliebtheit regelmäßig eine Topplatzierung erreicht.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/13 ab Seite 109.

Claus Ritzi, Pharma-Journalist

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