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Akute Bauchspeicheldrüsenentzündung

GEFÄHRLICHE SELBSTVERDAUUNG

Sehr schmerzhaft und brandgefährlich: Eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung ist eine ernsthafte Erkrankung. Um das Organ zu entlasten und Komplikationen zu verhindern, erfordert sie eine stationäre Behandlung.

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Die keilförmige, rund 12 bis 18 Zentimeter lange Bauchspeicheldrüse ist vor allem als Produktionsstätte der Hormone Insulin und Glukagon bekannt, die den Blutzuckerspiegel regulieren. Doch das fleißige, lateinisch Pankreas genannte Organ in der Körpermitte stellt nicht nur Hormone her. Vielmehr produziert die nach der Leber zweitgrößte Drüse des Menschen täglich rund anderthalb bis zwei Liter enzymreiches Verdauungssekret. Über den Bauchspeicheldrüsengang gelangt der Pankreassaft in den Dünndarm, wo die Verdauungsenzyme benötigt werden, um die einzelnen Nahrungsbestandteile zu spalten.

Normalerweise werden die für den Eiweißabbau zuständigen Enzyme, die Proteasen, erst im Dünndarm aktiviert. Anders bei einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung, Mediziner sprechen von akuter Pankreatitis: Hier werden diese Enzyme bereits im Pankreas selbst aktiv, wodurch das Drüsengewebe angegriffen wird. Es kommt zu einer Selbstverdauung des Organs und zu einem Funktionsausfall der Bauchspeicheldrüse, in schweren Fällen auch zu einer Beteiligung anderer Organe wie Leber und Nieren. Bei einer schweren akuten Pankreatitis schweben betroffene Patienten in Lebensgefahr.

Hauptursachen: Gallensteine und Alkohol Die häufigste Ursache einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung sind Gallensteine. Die Konkremente können von der Gallenblase in den Gallengang wandern und genau jene Stelle blockieren, an der sich Gallen- und Bauchspeicheldrüsengang treffen, um gemeinsam in den Zwölffingerdarm zu münden. Fatale Folge: Durch den Engpass kann der Verdauungssaft aus der Bauchspeicheldrüse nicht mehr ordnungsgemäß in den Dünndarm fließen und staut sich zurück. Die zweithäufigste Ursache einer akuten Pankreatitis ist übermäßiger Alkoholkonsum. Zu viel Alkohol und Gallensteine sind für rund neun von zehn akuten Bauchspeicheldrüsenentzündungen verantwortlich. Zu den weitaus selteneren Ursachen zählen unter anderem Infektionskrankheiten, bestimmte Medikamente, wie beispielweise die Statine, Fettstoffwechselstörungen und Fehlbildungen im Bereich der Bauchspeicheldrüsengänge.

Warnsignal: Heftige Oberbauchschmerzen Typischerweise macht eine akute Pankreatitis durch heftige Oberbauchschmerzen auf sich aufmerksam, die gürtelförmig in den Rücken ausstrahlen können. Weitere Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Blähungen und ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl können hinzukommen. Der Bauch ist prall-elastisch und druckschmerzempfindlich, Experten sprechen von einem „Gummibauch“. Die Beschwerden sind so stark, dass Betroffene meist automatisch das Richtige tun: Sofort zum Arzt gehen oder sich gleich ins Krankenhaus begeben. Und dort müssen sie auch bleiben, denn eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung erfordert eine stationäre Überwachung und Behandlung.

Um die Diagnose „Pankreatitis“ zuverlässig stellen zu können, werden neben Anamnese und körperlicher Untersuchung unter anderem meist auch eine Blutanalyse und ein Ultraschall durchgeführt. Per Ultraschall ist es möglich, Gallensteine als potenzielle Verursacher der Entzündung zu erkennen und das Gewebe der Bauchspeicheldrüse zu beurteilen. Eventuell kommen weitere bildgebende Verfahren wie MRT und CT zum Einsatz. Im Blut wird unter anderem der Gehalt der Bauchspeicheldrüsenenzyme Amylase und Pankreaslipase bestimmt. Insbesondere eine deutlich erhöhte Lipase-Konzentration im Blut deutet auf eine akute Pankreatitis hin.

Verlauf: Mal mild, mal lebensbedrohlich Je nach Ausprägung der Entzündung unterscheiden Ärzte zwei Formen der akuten Pankreatitis: Vergleichsweise mild verläuft die akut ödematöse Pankreatitis, die etwa 85 Prozent der Betroffenen zu schaffen macht. Von dieser Entzündung, die mit einer Schwellung der Bauchspeicheldrüse (Ödem) einhergeht, erholen sich die Patienten meist wieder vollständig, ohne dass es zu einer dauerhaften Schädigung der Drüse kommt. In der Regel werden keine anderen Organe in Mitleidenschaft gezogen. Anders verhält es sich bei der gefährlichen, akut nekrotisierenden Pankreatitis, unter der die restlichen 15 Prozent der Patienten leiden: Hier stirbt Bauchspeicheldrüsengewebe ab und es kann zu einem vorübergehenden, mitunter lebensgefährlichen Funktionsausfall weiterer Organe kommen. Diese lebensgefährliche Form der akuten Pankreatitis erfordert häufig eine wochen- oder gar monatelange Behandlung in der Klinik. Sehr viele Betroffene müssen als Folge der Erkrankung eine lebenslange Funktionseinschränkung der Bauchspeicheldrüse hinnehmen, einige sterben an den Komplikationen.

Therapie: Flüssigkeit, Schmerzmittel und Entlastung Die Behandlung einer akuten Pankreatitis, die in jedem Fall in der Klinik überwacht werden sollte, richtet sich nach ihrer Ausprägung und orientiert sich zudem an den Beschwerden des Patienten. Wichtig ist es einerseits, für eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu sorgen, denn durch die Erkrankung verliert der Körper rasch große Mengen an Flüssigkeit und Mineralstoffen. Um dem entgegenzuwirken, bekommt der Patient – so keine Kontraindikation wie eine Einschränkung der Herzfunktion vorliegt – große Mengen an Flüssigkeit per Infusion verabreicht. Da die akute Pankreatitis starke Schmerzen verursacht, erfolgt zudem eine Schmerztherapie, meist mit Opioiden. Falls erforderlich werden auch Antibiotika gegeben. Ein kurzzeitiger Verzicht auf feste Nahrung trägt dazu bei, die Bauchspeicheldrüse zu beruhigen und den Darm zu entlasten. Strenges Fasten wird Patienten heute meist nicht mehr verordnet. Abhängig vom Krankheitsverlauf können sie bereits nach wenigen Tagen wieder etwas essen, wobei leicht verdauliche, fettarme Kost zu bevorzugen ist.

Wenn das Essen aufgrund von krankheitsbedingten Komplikationen nicht möglich ist, wird der Patient über eine Sonde mit Spezialnahrung versorgt oder, wenn erforderlich, parenteral ernährt. Eine leichte akute Pankreatitis heilt meist innerhalb von einer bis zwei Wochen wieder aus. Eine schwere Ausprägung erfordert hingegen sehr oft die Verlegung des Patienten auf die Intensivstation. Ein operativer Eingriff ist beispielsweise dann angezeigt, wenn sich abgestorbenes Bauchspeicheldrüsengewebe mit Bakterien infiziert hat. Ebenfalls möglich ist es, dass zur Entlastung des Darms vorübergehend ein künstlicher Darmausgang gelegt werden muss. Ist ein Gallenstein Ursache einer akuten Pankreatitis, sollte er so früh wie möglich entfernt werden. Im Anschluss an die Akuttherapie und nach Ausheilen der Entzündung wird dann die gesamte Gallenblase entfernt, um weitere Bauchspeicheldrüsenentzündungen zu verhindern. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/17 ab Seite 98.

Andrea Neuen, Freie Journalistin

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