Frau unter Solarium
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Tanorexie

GEFÄHRLICHE LEIDENSCHAFT

Sonnenbänke können süchtig machen – wie Drogen. Betroffene leiden demnach unter Entzugserscheinungen, wenn sie sich nicht bräunen können. Für die Haut hat die Sucht fatale Folgen.

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Im Winter sehnen sich viele Menschen nach der Wärme der Sonnenstrahlen, im Sommer suchen sie Abkühlung im Schatten. Dies gilt allerdings nicht für Tanorektiker: Sie sind so sonnenhungrig,dass sie nicht davon ablassen können, ihre Haut zu bräunen. Betroffene sind süchtig nach Aufenthalten auf der Sonnenbank und jagen einem Teint hinterher, der von einem Nordeuropäer in der Regel nicht erreicht werden kann. Sie besuchen fast täglich ein Solarium und nutzen jede Gelegenheit für ein Sonnenbad.

Parallelen zur Magersucht Die Bezeichnung Tanorexie setzt sich aus dem englischen Verb „to tan“(sich bräunen) und dem medizinischen Fachbegriff für Magersucht (Anorexie, Anorexia nervosa) zusammen. Mit dem Körpergewicht und dem Essverhalten hat die Tanorexie nichts zu tun, allerdings ist die Selbstwahrnehmung wie bei der Anorexia nervosa stark gestört. Sowie Magersüchtige sich als zu dick empfinden, sehen sich Tanorektiker selbst bei übermäßig gebräunter Haut als zu blass und nutzen jede Möglichkeit, ihren Körper der UV-Strahlung auszusetzen. Sie befürchten, zu fahl und somit unattraktiv zu sein, ihr Selbstwertgefühl hängt allein von der Körperbräune ab.

Braun und brauner Kunstbräune hat auch ihre positiven Effekte: Besonders im Winter führt sie durch die Zufuhr von Licht zu einer Stimmungsaufhellung und schützt auf diese Weise vor Depressivität. Außerdem entspannt die Wärme des Solariums die Muskulatur, zusätzlich spielen Glückshormone wie Serotonin eine Rolle. Hinzu kommt, dass ein braungebrannter Körper als Schönheitsideal gilt, auch wenn der Teint ohne Auffrischung nur von kurzer Dauer ist.

UV-Licht-MissbrauchFolgen wie Hautalterung, Pigmentstörungen oder sogar Hautkrebs werden von Tanorektikern häufig unterschätzt oder ignoriert. Solarienentzug führt bei ihnen unter anderem zu Unruhe, Gereiztheit, Schlafstörungen und Problemen in der sozialen Interaktion, die physischen und psychischen Entzugserscheinungen stellen sich bereits nach wenigen Tagen ein. Dennoch ist die Tanorexie nicht als psychische Störung anerkannt. Eine Verhaltenstherapie stellt für Süchtige eine sinnvolle Hilfe dar, im Extremfall ist ein Aufenthalt in einer Suchtklinik erforderlich. Treten begleitend Depressionen auf, verordnetder Arzt in der Regel Antidepressiva.

Kein Schutz vor HautkrebsViele Kunden glauben, dass es sinnvoll ist, sich vor dem Urlaub im Solarium vorzubräunen. Der auf diese Weise erworbene Sonnenschutz ist jedoch minimal und bewahrt Sonnenhungrige keineswegs vor Sonnenbrand oder gar Hautkrebs. Im Sonnenstudio wird vor allem der pigmentierende Effekt der UV-A-Strahlun ggenutzt. Auch Selbstbräuner dienen nicht der Prävention von Lichtschäden,weil deren Verwendung lediglich die Bräunung der Korneozyten durch die Zufuhr eines externen Pigments zur Folge hat.

Die Haut vergisst nichts Viele Menschen reisen am liebsten in Gebiete mit intensiver Sonneneinstrahlung, auch Solarien werden trotz aller Warnungen häufig besucht, obwohl UV-Strahlung in der Reihe der Ursachen für Hautkrebs der bedeutsamste Faktor ist. Das maligne Melanom, auch schwarzer Hautkrebs genannt, ist die bösartigste Form von Hautkrebs. Prävention ist hier das A und O: Wird das Melanom rechtzeitig erkannt, besteht für Betroffene auch nach zehn Jahren noch eine Überlebensrate von über 90 Prozent, vorausgesetzt, der Tumor war kleiner als einen Millimeter. Ist er bereits auf drei oder vier Millimeter gewachsen, überlebt nur etwa die Hälfte der Betroffenen die folgenden fünf Jahre. Daher ist es wichtig, Hautkrebsvorsorgen wahrzunehmen. In der Regel geschieht das beim Dermatologen, aber auch einige Hausärzte bieten die Untersuchungan. Raten Sie Ihren Kunden, den eigenen Körper regelmäßig auf Hautveränderungen abzusuchen. Leberflecken werden nachder ABCD-Regel überprüft: A steht dabei für Asymmetrie, das heißt, Muttermale gelten dann als auffällig, wenn die Form weder rund noch oval, sondern asymmetrisch verläuft. Unscharfe Begrenzungen (B) des Pigmentmals dienen ebenfalls als Hinweis, dass ein pathogenes Gewebe vorliegen könnte. Auch die Farbe (C=Colour) ist zu überprüfen, denn ein Leberfleck in mehreren Farbtönen gilt als Risikofaktor für Hautkrebs. Vorsicht ist auch geboten, wenn der Durchmesser (D) fünf Millimeter übertrifft.

Eincremen nicht vergessen! Eine gute Sonnencreme verfügt über aufeinander abgestimmte UV-B- und UV-A-Filter. Der Lichtschutzfaktor (LSF) einer Sonnencreme gibt die Zeit an, die man nach dem Auftragen ohne Hautschäden in der Sonne verbringen kann. Die maximale Aufenthaltszeit in der Sonne ergibt sich aus dem Produkt der Eigenschutzzeit und dem LSF. Sonnencremes lassen sich in solche mit physikalischen und chemischen Filtern einteilen. Produkte mit physikalischen Filtern enthalten natürliche Mikropigmente (z. B. Titanoxidoder Zinkoxid), die sich wie ein Film über die Haut legen und das Sonnenlicht reflektieren. Weil die Substanzen vom Körper nicht resorbiert werden, eignen sie sich bereits für Kinder unter zwei Jahren.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/17 ab Seite 120.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

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