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Ernährung als Medizin

GEFÄHRLICHE KRISTALLE

Die Bildung von Harnsteinen ist kein seltenes Ereignis. In vielen Fällen lassen sich (mit)verantwortliche Faktoren durch die Modifikation der Ernährungsgewohnheiten beeinflussen.

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Neben anatomischen Besonderheiten wie Stenosen im harnableitenden System, Stoffwechselkrankheiten, Harnwegsentzündungen oder Infektionen können zum Beispiel starkes Schwitzen und unzureichende Flüssigkeitszufuhr zur Entstehung kristalliner Ablagerungen im Harntrakt führen. Oft sind sie multifaktoriell bedingt.

Nach ihrer Lokalisation unterscheidet man Nieren-, Harnleiter-, Blasen- und Harnröhrensteine. Diese Konkremente entstehen aus Substanzen, die normalerweise im Urin gelöst vorliegen. Wird das Löslichkeitsprodukt der Stoffe im Harn überschritten, kristallisieren sie aus. Diverse Faktoren, darunter insbesondere der pH-Wert, können dieses Ausfällen der Salze begünstigen.

Die Steinarten Je nach Ursache entstehen unterschiedlich zusammengesetzte Gebilde verschiedener Form und Größe. Chemisch bestehen sie in 65 bis 75 Prozent aller Fälle aus Kalziumoxalat. Bei diesen häufigen Steinen kann beispielsweise eine vermehrte Kalziumausscheidung mit dem Urin vorliegen, wie sie etwa durch eine Überfunktion der Nebenschilddrüse entsteht, oder aber die Oxalatausscheidung ist erhöht .

Eine weitere mögliche Ursache besteht darin, dass zuwenige Hemmstoffe der Steinbildung wie Citrat oder Magnesium vorliegen. An zweiter Stelle stehen mit circa 15 Prozent Steine aus Harnsäure (Uratsteine). Harnsäure ist ein Endprodukt des Purin-Stoffwechsels, das hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden wird. Bei zu geringer Flüssigkeitszufuhr oder wenn der Urin (zu) sauer ist (pH-Wert unter sechs), wird die Bildung dieser Steine begünstigt.

Auch die Behandlung mit Substanzen, welche die Harnsäureausscheidung über die Niere fördern (Urikosurika), kann dazu führen, wenn die Niere nicht einwandfrei funktioniert oder der Patient nicht ausreichend trinkt. Weitere mögliche Bestandteile der Steine sind Kalzium- oder Magnesium- Ammonium-Phosphat oder selten auch die Aminosäure Cystin; auch Mischformen gibt es.

Meist machen sich die Gebilde erst bemerkbar, wenn sie mobilisiert werden und die ableitenden Harnwege blockieren – dann allerdings massiv. Die heftigen, krampfartigen Schmerzen (Kolik) in Unterbauch und Flanke können in die Leiste und die Genitalien ausstrahlen. Begleitet werden sie oft von Übelkeit und Erbrechen. Eine rasche Behandlung ist wichtig, um eine bleibende Schädigung der Nieren und Harnwege zu verhindern.

Häufig Rezidive Mit medikamentöser Unterstützung werden viele Harnsteine auf natürlichem Wege ausgeschieden. Je nach Situation stehen weitere Methoden zur Entfernung zur Verfügung, wie etwa die Zertrümmerung durch Stoßwellen. In vielen Fällen entwickeln sich jedoch neue Konglomerate. Das Risiko kann durch geeignete diätetische Maßnahmen gesenkt werden (Metaphylaxe).

KÜCHENTIPPS
Günstiger als Braten: Einweichen oder Kochen verringert den Oxalatgehalt von Lebensmitteln, da die Salze in das Wasser übergehen. Auch für die purinarme Küche gilt: Ein Teil der jeweils enthaltenen Purine lässt sich durch Abschütten des Kochwassers entfernen. Zusätzlich kann man die Aufnahme von Purinen verringern, indem man bei Geflügel- oder Fischgerichten auf die Haut verzichtet.

Oberstes Gebot ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, um einer Harnkonzentrierung vorzubeugen; es sollten mindestens eineinhalb Liter sein. Erklären Sie Ihren Kunden, dass man die richtige Trinkmenge an der Urinfarbe erkennt (möglichst hell, am besten wasserklar). Empfohlen werden kleinere Mengen Flüssigkeit, gut verteilt über den Tag. Als Faustregel kann gelten: rund hundert Milliliter in der Stunde, das entspricht etwa einem kleinen Glas.

Gut geeignet sind neben Leitungswasser Kräuter-, Früchte- oder auch Blasentees sowie Apfelsaft oder -schorle. Als günstig gelten auch bikarbonatreiches Mineralwasser (mehr als 1300 Milligramm HCO3 – pro Liter). Kaliumreiche Lebensmittel wie zum Beispiel Kartoffeln und Bananen können helfen, den Harn zu verdünnen, da sie die Wasserausscheidung fördern. Außerdem gut: viel Bewegung sowie Gewichtsreduzierung.

Radikales Abnehmen ist allerdings nicht ratsam, da im Zuge des Abbaus von Zellen vermehrt Harnsäure anfällt, wodurch wiederum entsprechende Salze ausfällen können. Grundsätzlich ist eine ausgewogene Mischkost günstig. Neben diesen allgemein gültigen Maßnahmen gibt es noch Empfehlungen, die sich speziell an der Steinart des betreffenden Patienten ausrichten.

Steine aus Kalziumoxalat ... Bei Neigung zu diesen Steinen ist es sinnvoll, möglichst geringe Mengen oxalsäurereicher Lebensmittel zu verzehren. Hierzu gehören Spinat, Rhabarber, Mangold, rote Beete, Sauerampfer sowie Nüsse, Schokolade und Kakao(getränke). Da (tierisches) Eiweiß den pH-Wert des Urins senkt und zudem dazu führt, dass mehr Kalzium mit dem Urin ausgeschieden wird, sollte der Verzehr von Fleisch und Wurstwaren ebenfalls eingeschränkt werden.

Eine hohe Kochsalzzufuhr erhöht die Kalziumausscheidung mit dem Urin, begünstigt also die Bildung kalziumhaltiger Kristalle; daher wird empfohlen, sparsam zu salzen (maximal sechs Gramm am Tag). Nicht sinnvoll ist es dagegen, den Konsum kalziumhaltiger Nahrungsmittel zu reduzieren: einmal wegen der Knochengesundheit, ferner geht Kalium mit der Oxalsäure im Verdauungstrakt eine feste Verbindung ein, die komplett über den Darm ausgeschieden wird. Die Steinbildung wird somit durch normale Mengen an Kalzium aus der Nahrung – die Empfehlung lautet rund ein Gramm pro Tag – sogar verhindert.

... und solche aus Harnsäure Die Neubildung von Harnsäuresteinen versucht man durch Alkalisierung des Harns und durch Senkung der Harnsäure in Blut und Urin zu verhindern – medikamentös mit Alkalicitraten oder durch purinarme Kost, das bedeutet ganz grob: Zurückhaltung mit Lebensmitteln tierischer Herkunft. Insbesondere in Geflügel- und Fischhaut und in Schweineschwarte sind die Verbindungen angereichert, auch in Innereien, in Meeresfrüchten, Heringen, Ölsardinen und einigen anderen Fischarten.

Milchprodukte, Eier, Obst und Gemüse sind unproblematisch – Ausnahmen sind Hülsenfrüchte, Spinat, Spargel und Erdnüsse. Auch Bier sollten Betroffene mit Zurückhaltung genießen. Generell hemmt Alkohol die Harnsäureausscheidung und erhöht so die Harnsäurekonzentration.

Waldtraud Paukstadt, Dip. Biologin

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