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Schüßler-Medizin

FUTTER FÜR DIE ZELLEN

Die Mineralsalztherapie nach Dr. Schüssler zur Stoffwechsel-Balance auf Zellebene kann auf eine über 150-jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken. Denn bis heute sind seine Salze in aller Munde – aus guten Gründen.

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Zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: mit Wissenschaftlern wie Rudolf Virchow, Louis Pasteur und Charles Darwin beginnt eine neue Ära in Medizin und Biologie. Auch der Oldenburger Arzt Dr. Heinrich Wilhelm Schüßler forscht rege. Er befasst sich mit Mineralsalzen und findet heraus, dass diese unerlässlich für den Ablauf sämtlicher Zellfunktionen sind. Damit schlägt die Geburtsstunde der Behandlung mit Schüßler-Salzen, die ihr Begründer treffend Salze des Lebens nannte.

Gesunde Zelle, gesunder KörperGemäß Virchows Erkenntnis, dass „jedes Leiden auf Krankheiten der Zellen beruht“, kam Schüßler zum Schluss, dass die Weichen zwischen gesund und krank in den kleinsten Bausteinen unseres Organismus gestellt werden. Da Mineralstoffe zentrale Bedeutung für die Zellfunktionen haben, postulierte Schüßler: „Gesund bleiben kann der Mensch nur, wenn er die nötigen Mineralstoffe in der erforderlichen Menge und im richtigen Verhältnis zueinander besitzt“.

Andernfalls gerät der Stoffwechsel der Zellen aus dem gesunden Gleichgewicht und kann gesundheitliche Störungen auslösen. Führt man den Zellen die fehlenden Mineralstoffe jedoch in der richtigen Menge zu, können die durch den Mangel gestörten Funktionen wieder normalisiert werden. Schüßlers Erfolge bestätigten diese These. Er verfeinerte seine Methode immer weiter und therapierte bald nur noch mit zwölf ausgewählten Mineralsalzen. Diese nannte er „Funktionsmittel“, da jedes einzelne einen bestimmten Einfluss auf die Körperfunktionen ausübt.

Potenzierung: weniger ist mehr Damit der Körper die Mineralsalze aufnehmen könne, müssten diese so stark verdünnt werden, dass sie über die Schleimhäute von Mundhöhle, Rachen und Speiseröhre unmittelbar ins Blut und auf direktem Weg in die Zellen gelangten, so deklamierte der Mediziner. Um diese optimale Bioverfügbarkeit zu erreichen, nutzte er die ihm aus der Homöopathie gut bekannte Potenzierung. Dabei verstärkt sich mit der immer feineren Aufschließung der Ausgangssubstanz deren Wirkung, so stellte Schüssler fest.

Bei der Potenzierung wird ein Teil der Ausgangssubstanz mit neun Teilen Milchzucker oder Alkohol verschüttelt. Heraus kommt eine D1 mit dem Verhältnis 1:10. Dieser Vorgang lässt sich beliebig oft wiederholen – solange, bis die gewünschte Potenz erreicht ist. Für D6, also die 6. Dezimalpotenz, wurde die Ausgangssubstanz sechsmal nacheinander im Verhältnis 1:10 verdünnt. Bei D12 liegt das Verhältnis bereits bei einem Molekül Mineralsalz und einer Billion Milchzuckermolekülen.

ABKEHR VON HAHNEMANN

Obwohl der ehemalige Homöopath seine Mittel nach dem gleichen Prinzip herstellte wie Samuel Hahnemann, unterscheidet sich seine Therapie. „Mein Heilverfahren ist kein homöopathisches“, so Schüßler in seinem Lehrbuch „Abgekürzte Therapie“: Es „gründet nicht auf dem Ähnlichkeitsprinzip, sondern auf den physiologisch-chemischen Vorgängen, die sich im menschlichen Körper vollziehen“. Anders als in der Homöopathie muss bei Schüßler-Salzen die Wirkung also nicht mit dem zu behandelnden Krankheitsbild übereinstimmen.

Impuls zur Selbstheilung Schüßler-Salze ersetzen nicht einfach nur, was fehlt. Sie bewirken wesentlich mehr: Sie greifen regulierend in den Stoffwechsel der Zellen ein. Denn anders als Mineralstoffpräparate dienen Mineralsalze nicht dem mengenmäßigen Ausgleich eines Mangels. Vielmehr helfen sie den Zellen, die Mineralstoffe aus der Nahrung optimal nutzen zu können. Der Grund hierfür liegt im Detail – nämlich in der Einnahme der Salze und in ihrer Aufbereitung. Da Schüßler-Salze nicht geschluckt werden, umgehen sie die Um- und Abbauprozesse im Stoffwechsel und strömen via Mundschleimhaut direkt ins Blut. Hier zirkulieren die Mineralsalze so lange, bis die Zellen sie aufnehmen. Und zwar exakt in den Mengen, in denen sie diese auch tatsächlich benötigen.

Außer länger im System verfügbar zu bleiben, haben Schüßler-Salze aufgrund der Potenzierung auch andere Eigenschaften in ihrer Wirkung als „normale“ grobstoffliche Mineralstoffpräparate. Sie übermitteln den Zellen die Information, wie sie besser auf das Angebot an Nährstoffen zurückgreifen können. Und geben ihnen so den Impuls, sich selbst wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Damit wird die körpereigene Fähigkeit zur Selbstheilung von Grund auf saniert: Schüßler-Salze wirken wie ein „Türöffner“ zur besseren Aufnahme und Verarbeitung der Mineralstoffe.

Die Wirkung beginnt auf der Zunge Schüßler-Salze schluckt man nicht wie andere Tabletten oder Pillen. Sondern man lässt sie langsam auf oder unter der Zunge zergehen. Das ist eine ganz grundsätzliche Angelegenheit. Denn nach dem Prinzip dieser Behandlungsmethode beginnt die Wirkung bereits mit der Aufnahme der feinstverteilten Arzneistoffe durch die Mundschleimhaut. Das langsame Zerfallen im Mund gehört mithin bereits zur Heilwirkung.

Anwendung Zu Beginn der Behandlung alle fünf Minuten, später viertel- bis halbstündlich eine Tablette auf der Zunge zergehen lassen. Kinder unter zwölf Jahren nehmen halb- bis einstündlich eine Tablette ein. Jeweils solange, bis die akuten Beschwerden abgeklungen sind. Danach die Einnahme der Tabletten auf alle zwei Stunden reduzieren und am nächsten Tag nur noch dreimal täglich eine Tablette einnehmen. Bei chronischen Beschwerden ist oftmals eine längere Behandlung über mehrere Wochen erforderlich: Erwachsene nehmen drei- bis viermal täglich zwei Tabletten, Kinder drei- bis viermal täglich eine Tablette. Übrigens: Mineralsalze lassen sich auch äußerlich mit großem Gewinn einsetzen. Dazu eignen sich die biochemischen Salben. Die enthaltenen Mineralsalze werden über die Haut aufgenommen.

Wissenswertes für Ihre Kunden

  • Damit die Salze ihre Wirkung optimal entfalten können, sollte man sie nicht zu den Mahlzeiten einnehmen. Faustregel: Dreißig Minuten vor oder eine Stunde nach dem Essen.
  • Kaffee, schwarzer Tee, Pfefferminze, Kakao, ätherische Öle und künstliche Süßstoffe können die Aufnahme der Schüßler-Salze beeinträchtigen – deshalb also unmittelbar vor oder nach der Einnahme meiden.
  • Für Säuglinge oder Kleinkinder zerdrückt man die Tablette und gibt das Pulver direkt auf die Zunge. Alternativ kann man es der Flaschennahrung beimischen.
  • Prinzipiell sollte man nur ein Schüßler-Salz einnehmen. Müssen dennoch zwei oder gar drei genommen werden, sollte zwischen der Einnahme jeweils mindestens eine Stunde liegen.
  • Die aus der Homöopathie bekannte Erstverschlimmerung – Zeichen dafür, dass das richtige Mittel gewählt wurde – tritt bei Schüßler-Salzen nicht auf.
  • Auch Wechselwirkungen gibt es bei Schüßler-Salzen keine. Sie können problemlos mit jeglichen anderen Arzneimitteln eingenommen werden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/2020 ab Seite 94.

Birgit Frohn, Diplom-Biologin und Medizinjournalistin

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