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Exotische Krankheiten

FREMDE LÄNDER, FREMDE ERREGER

„Wenn einer eine Reise tut”, dann kann er was erzählen. Und manchmal kann er sich sogar über ein unliebsames Reisesouvenir ärgern – eine exotische Krankheit.

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Der Inbegriff der exotischen Krankheit ist die Malaria, durch den Stich der Anopheles-Mücke übertragen. Früher war sie bei Tropenreisenden gefürchtet, heute hat sie dank medikamentöser Prophylaxe und Stand-by-Therapie ein wenig von ihrem Schrecken verloren. Doch andere exotische Fieberkrankheiten haben ihren Platz eingenommen.

So glauben Experten, dass das durch ein Virus verursachte Dengue-Fieber, bei dem es zu inneren Blutungen kommen kann, weltweit mehr Menschenleben fordern wird als die Malaria – dennoch gibt es kein Medikament gegen die Infektion. Auch für die Übertragung des Dengue-Virus sind Stechmücken verantwortlich: Gelbfieber- oder Asiatische Tigermücken. Sie können Menschen auch mit anderen viralen Erregern infizieren, die dann zum Beispiel West-Nil- oder Chikungunya-Fieber auslösen.

Außerdem übertragen manche Mückenarten parasitäre Fadenwürmer , die sich in den Lymph- und Blutgefäßen ansiedeln und dort zu Filariosen führen. Bekanntes Beispiel einer lymphatischen Filariose ist die Elefantiasis, eine durch Lymphstau verursachte extreme Vergrößerung von Körperteilen. Vor der Reise in tropische oder subtropische Gebiete sollte man sich im Tropeninstitut eingehend beraten lassen. Mückenschutz ist in Endemiegebieten unerlässlich, lange Kleidung sollte selbstverständlich sein. Vorbeugend impfen kann man jedoch nur gegen Gelbfieber.

Leishmania – der gefährliche Parasit Eine Sandmücke ist zwar nur ein Drittel so groß wie ein Moskito, dennoch kann ihr Stich lebensgefährlich sein. Dann nämlich, wenn sie Leishmanien übertragen, parasitäre Einzeller, die jährlich weltweit etwa zwölfMillionen Menschen infizieren. Der Erreger kommt nicht nur in tropischen Gebieten vor, sondern beispielsweise auch im Mittelmeerraum. Wer nach Spanien oder Italien reist, ist also nicht vor einer Leishmaniose geschützt.

Bei der viszeralen Leishmaniose sind die inneren Organe befallen. Ohne Therapie sterben etwa drei Prozent der Infizierten. Die kutane Leishmaniose, auch „Orient- Beule” genannt, ist auf die Haut beschränkt. Es bilden sich nicht schmerzende Geschwüre, die bis zu fünf Zentimeter Durchmesser haben können. Diese Form der Leishmaniose heilt nach etwa einem Jahr meist von selbst aus, wobei jedoch entstellende Narben zurückbleiben.

Gegen Leishmaniose gibt es wirksame Medikamente, allerdings wird die Krankheit häufig erst sehr spät erkannt, weil ihre Symptome meist erst Monate nach der Infektion auftreten und zum Beispiel bei der viszeralen Form mit Fieber, schlechten Blutwerten und Gewichtsverlust eher unspezifisch sind.

Exotische Mücken auf dem Vormarsch Globalisierung und immer häufigere Fernreisen sorgen dafür, dass sich die tropischen Mücken auch bei uns ansiedeln. Sie reisen als blinde Passagiere in Containerschiffen und im Koffer von Urlaubern ein und finden hier aufgrund der Klimaerwärmung immer bessere Lebensbedingungen vor. Seit 2007 ist die Asiatische Tigermücke bei uns heimisch. Die Fallzahlen beim Dengue-Fieber steigen hier zu Lande kontinuierlich. Meldete das Robert Koch-Institut 2001 noch 60 neue Fälle, hatten sich die Fallzahlen neun Jahre später bereits verzehnfacht.

Safari-Reisende aufgepasst! Einige Krankheiten sind so exotisch, dass sie von deutschen Ärzten häufig falsch oder gar nicht diagnostiziert werden. Oftmals können sich die Patienten zudem nicht erinnern, wie sie infiziert wurden. Ein gutes Beispiel dafür ist das Afrikanische Zeckenbissfieber (African Tick Bite Fever), das durch das Bakterium Rickettsia africae ausgelöst wird.

Übertragen wird das Fieber durch den Stich einer mit Rickettsien infizierten Zecke der Gattung Amblyomma hebraeum oder Amblyomma variegatum. Der Stich dieser Zecke wird nicht immer bemerkt, da sie danach nicht mehr lange auf dem Wirt verbleibt. Manchmal kann man sie auch leicht abstreifen, sodass man ihr kaum Aufmerksamkeit schenkt. So bringen viele Betroffene ihre Symptome nicht mit Zecken in Verbindung, obwohl an der betroffenen Stelle meist eine typische Hautläsion auftritt. Die Wunde kann jedoch leicht mit einer kleinen Verletzung oder Hautabschürfung verwechselt werden.

WAS KANN MAN ZUR VORBEUGUNG TUN?
+ Vor der Reise genau über eventuell vorkommende Krankheiten informieren, am besten im Tropeninstitut.
+ Gegen endemische Krankheiten, sofern möglich, impfen lassen (ebenfalls im Tropeninstitut, manche Impfungen werden von der Krankenkasse erstattet).
+ Insektenschutzmittel anwenden, besonders engmaschige Moskitonetze wählen (Sandmücken
sind wesentlich kleiner als normale Mücken).
+ Im Urlaubsland gilt für Lebensmittel: Was man nicht waschen, schälen oder kochen kann, sollte man nicht verzehren. Ebenso sollte man mit Trinkwasser vorsichtig sein. Immer abkochen, zum Zähneputzen ebenfalls abgekochtes Wasser oder Mineralwasser aus der Flasche benutzen.
+ Finger weg von unbekannten Pflanzen und Bäumen! Schon das Berühren kann bei einigen Pflanzen zu Kontaktallergien und Vergiftungen führen!
+ Bei Krankheitssymptomen möglichst schnell zum Arzt gehen. Falls das erst in Deutschland passiert, die Reise erwähnen, damit an eine Diagnose auf Tropenkrankheiten gedacht wird.

Bis die ersten Symptome auftreten, vergeht etwa eine Woche. Es kommt zu Fieber, starken Kopf- und Muskelschmerzen, Nackensteifigkeit, Durchfall und Übelkeit. Die Betroffenen fühlen sich abgeschlagen und können Kreislaufprobleme bis hin zu Ohnmachten erleiden. Manchmal kommt es zu Thrombosen oder einer Herzmuskelentzündung. Unbehandelt kann die Infektion schwere Folgeschäden wie Neuropathien, Missempfindungen oder chronische Kraftlosigkeit und Erschöpfung auslösen.

Das afrikanische Zeckenbissfieber ist mit einer Antibiotikatherapie mit Doxyzyklin meist gut in den Griff zu bekommen. Dazu muss die Krankheit aber erkannt werden, was häufig nicht geschieht. Wer kurze Zeit nach einer Afrikareise über die erwähnten Symptome klagt, sollte an die Diagnose „African Tick Bite Fever“ denken. Die Erreger können ab der zweiten Krankheitswoche über einen Bluttest nachgewiesen werden. Vorbeugen kann man durch Insektenabwehrmittel, wobei der Schutz durch Lotionen mit mindestens 19,5 % DEET (Diethyl-3-Methylbenzamine) wissenschaftlich nachgewiesen ist.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/12 auf Seite 114.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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