Ein blauer Teller, auf dem ein Wecker liegt, steht auf einem rosafarbenen Untergrund.
Ob aus Glaubensgründen oder für die Gesundheit: Zur Fastenzeit verzichten viele Menschen eine Zeit lang auf bestimmte Genussmittel. © laimdota / iStock / Getty Images Plus

Verzicht | Nahrung

FASTEN IM LOCKDOWN

Die Restaurants haben geschlossen, Fernreisen sind nicht erlaubt und dann soll ich womöglich auch noch auf Schokolade verzichten? Warum Fasten gerade jetzt gut sein kann und worauf Sie dabei achten sollten...

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Wer fastet, der möchte in der Regel sich und seinem Körper etwas Gutes tun. Aber ist es eine gute Idee jetzt im Lockdown, in dem sowieso schon auf einiges verzichtet werden muss, sich noch weiter einzuschränken? Jürgen Walter ist Psychologe und arbeitet als Motivationscoach für Führungskräfte. Mit dem Heilfasten hat er selber auch Erfahrung gesammelt.

Ist Fasten jetzt im Lockdown eine gute Idee?

Jürgen Walter: Das sollte erstmal jeder mit sich ausmachen. Aber grundsätzlich: Warum sollte man gerade in Zeiten von Corona und Lockdown nicht noch einen draufsetzen? Viele Menschen können sich gar nicht vorstellen, beispielsweise drei Tage ohne feste Nahrung zu leben. Unsere Vorfahren haben ja auch über längere Zeiträume nichts zu sich genommen, die konnten nicht jeden Tag ein Mammut erlegen. Unser Körper kennt also das Fasten. Nach mehreren Tagen tritt das Hungergefühl in den Hintergrund und das kann ein unglaubliches Gefühl sein. Fasten kann auch das Gefühl der Selbstwirksamkeit stärken, eine positive Erfahrung gerade in diesen Zeiten.

Was kann mir eine Fasteneinheit psychologisch bringen?

Jürgen Walter: Ein auch für die Psyche positiver Effekt kann die Gewichtsabnahme sein. Dies sollte man aber nicht in den Vordergrund stellen. Denn wenn man seine Ernährung nach dem Fasten nicht umstellt, hat man das verlorene Gewicht schnell wieder drauf. Eine gute Erfahrung kann sein, einfach bewusst mal zu verzichten. Und wenn man dann irgendwann etwas Saft oder Brühe zu sich nimmt, hat man ein ganz anderes Geschmackserlebnis. Überhaupt riecht und schmeckt vieles nach dem Fasten intensiver, eine Erfahrung, die ich jedem wünsche. Wer aber unter gesundheitlichen Einschränkungen leidet, sollte vorher seinen Arzt konsultieren.

Unter welchen Bedingungen sollte ich das Fasten lieber lassen?

Jürgen Walter: Falls ich Zweifel habe, sollte ich vorher ganz tief in mich hineinhören, ob ich zur Zeit die mentale Stabilität dafür habe. Auch wenn es mir nicht gut geht, ich mich depressiv fühle oder schlechte Stimmung habe, dann sollte ich mir überlegen, ob ich mir das antun will. Darin könnte aber wiederum auch eine Chance liegen. Damit ist nicht gesagt, dass Fasten gegen Depression hilft, aber manchmal kann es auch gut sein, seinen inneren Schweinehund zu überwinden. Die meisten Kontraindikation beim Fasten sind in der Regel medizinischer Art.

Welche Alternativen bieten sich zum Heilfasten an?

Jürgen Walter: Die Möglichkeiten sind vielfältig. Ich bin da ein großer Verfechter von Bewegung. Man kann jetzt im kalten Winterwetter auch mal entgegen seiner Gewohnheit vor die Tür gehen. Oder sich fragen: Wie komme ich ohne Auto von A nach B? Wenn man beispielsweise aufs Auto verzichtet, tut man vielleicht nicht nur sich selbst damit was Gutes, sondern auch seinen Mitmenschen und der Umwelt. Dieses Bewusstsein kann gut für die Psyche sein. Oder sich allgemein mal bewusst zu machen, wie ich meinen Alltag gestalte und wie viel Zeit ich mit meinem Handy verbringe. Ich empfehle dabei aber gelassen zu bleiben und sich nicht zuviel vorzunehmen. Gut sind neue Erfahrungen, denn davon zehre ich. Ob ich nun mehrere Tage faste oder bei der Kälte spazieren gehe.


Fünf Tipps rund ums Fasten
Richtig ausgeführt könne Fasten ein erster Schritt zu einer gesundheitsfördernden Ernährung sein, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Aber nicht für jeden: Senioren, Schwangere, Kinder und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen sollten aufs Fasten gänzlich verzichten, so die Experten.

Tipp 1: Die passende Fastenart finden
Bevor man mit dem Fasten startet sollte man kritisch die eigene körperliche Konstitution sowie etwaige Erfolgsversprechen genau prüfen. Eine Alternative zu einer strengeren Fastenkur könne es sein, eine gewisse Zeit auf bestimmte Lebensmittelgruppen wie etwa tierische Produkte, Zucker oder Alkohol zu verzichten. Schon hierbei können sich positive gesundheitliche Effekte bei Erkrankungen wie Rheuma oder Gicht einstellen.
Tipp 2: Zeitpunkt auswählen und Vorbereiten
Gerade in der ersten Zeit kann die Umstellung dazu führen, dass man sich müde und schlapp fühlt. Fastenexperten empfehlen, mit dem Heilfasten am besten am Wochenende oder an einem freien Tag zu starten. Je nach Fastenart kann es zudem sinnvoll sein, sich und seinen Körper mit 2 bis 3 Umstellungstagen an das Fasten heranzuführen und sich schon vorher mit den richtigen Lebensmitteln einzudecken.
Tipp 3: Bewegung und frische Luft
Damit einem während der Fastenzeit nicht die Decke auf den Kopf fällt, braucht es Ablenkung. Der Rat der Experten: Bewegen und Spazierengehen an der frischen Luft. Auch Entspannungsübungen wie Yoga, Meditation oder Pilates passen wunderbar in eine Fastenwoche. Körperliches Aktivsein verhindert außerdem den Abbau von Muskelmasse, beugt Kreislaufproblemen vor und regt den Stoffwechsel an. Auf intensivere Sporteinheiten sollte man in dieser Zeit aber lieber verzichten.
Tipp 4: Viel trinken!
Während der Fastenzeit sollte man mindestens 2,5 Liter pro Tag trinken. In Frage kommen dabei neben Wasser auch Tees, leichte Obst- oder Gemüsesaftschorlen und klare Gemüsebrühe.
Tipp 5: Richtiges Fastenbrechen
Die wichtigste Phase des Fastens ist der Wiedereinstieg in den Alltag. Anfangs sollten Sie nur wenig und leichte Nahrung wie Äpfel, Reis oder Getreidebrei zu sich zu nehmen. Die Verbraucherzentrale rät außerdem dazu, zwei bis drei Eingewöhnungstage einzuplanen, an denen man sich langsam wieder die alltägliche Ernährung gewöhnt.

Quelle: dpa

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