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Ernährung als Medizin

ESSEN BEI RHEUMA

Neben Bewegung und der erforderlichen medikamentösen Therapie können Betroffene mit einer gezielten Ernährung Entzündungen und damit auch ihre Schmerzen lindern.

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An die 400 verschiedenen Krankheitsformen wie die rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew und Fibromyalgie zählen zum rheumatischen Formenkreis. Laut der Deutschen Rheuma-Liga leiden mehr als vier Millionen Menschen darunter. Symptome wie Schmerzen, Schwellungen und die charakteristische Morgensteifigkeit an den Gelenken beeinträchtigen mitunter den kompletten Tagesablauf der Betroffenen. Auch wenn die Krankheitsformen in der Regel nicht heilbar sind, können sie die Beschwerden jedoch mit einer speziell ausgerichteten Ernährung selber lindern und die Lebensqualität erhöhen.

Die drei Grundpfeiler der Therapie Neben der eventuell erforderlichen medikamentösen Therapie sollten sich Rheumatiker unbedingt regelmäßig bewegen, denn: Wenn ihre Gelenke in Bewegung sind, schmerzen sie weniger, auch ihre Steifigkeit lässt nach. Zudem regt es den Stoffwechsel in den Gelenken an, Entzündungsstoffe abzubauen.

Zwei bis drei Mal die Woche 30 Minuten sollten Pflichtprogramm sein, besser noch jeden Tag eine halbe Stunde spazieren, joggen, schwimmen oder Fahrrad fahren. Von Sportarten mit abrupten Bewegungen wie Badminton, Squash & Co. sollten sie eher Abstand nehmen, denn sie belasten die Gelenke. Mit dem dritten Baustein Ernährung können Betroffene tagtäglich aktiv einen positiven Einfluss auf ihre schmerzhafte Entzündung nehmen.

Mit acht Ernährungstipps Entzündungen „löschen“Körpergewicht reduzieren Da Übergewicht die Gelenke zusätzlich belastet, sollte die Optimierung an oberster Stelle stehen. Die Gleichung lautet: weniger Pfunde = weniger Schmerzen! Wer sich regelmäßig bewegt und die folgenden Ernährungstipps beachtet, dem wird dies nicht schwer fallen.

Weniger Fleisch und Wurst essen Entzündungen werden maßgeblich durch die Bildung von Botenstoffen im Körper ausgelöst, die aus Arachidonsäure gebildet werden. Diese Omega-6-Fettsäuren, die vor allem in tierischen Lebensmitteln enthalten ist, heizen das physiologische „Feuer“ gerade-zu an. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für Menschen mit rheumatoider Arthritis, die Zufuhr von Arachidonsäure auf unter 50 Milligramm pro Tag zu begrenzen.

Als Einstieg ist es für etwa vier Wochen empfehlenswert, komplett auf Fleischmahlzeiten und fette Wurstsorten wie Schinkenspeck, Schweineleber, Leberwurst, Mett etc. zu verzichten. Den Konsum sollten Betroffene anschließend auf maximal zwei magere Fleischeinheiten pro Woche (je circa 100 Gramm) begrenzen. Schweineschmalz, Bratenfett und Gänseschmalz stehen ebenfalls auf der Liste der entzündungsfördernden Lebensmittel.

Wildfleisch und Fleisch aus artgerechter Haltung weisen hingegen eine günstigere Fettsäurenzusammensetzung auf als Billigfleisch aus der Massentierhaltung.

Maximal 1 bis 2 Eigelb pro Woche Der Verzehr des Eidotters ist bei Rheuma in der Tat nicht „Das Gelbe vom Ei“, denn es enthält viel Arachidonsäure. Der Konsum von Eiern sollte auf zwei bis drei Mal pro Woche reduziert werden. Bei Teigwaren wie Nudeln sollte italienischen Produkten der Vorzug gegeben werden, da diese aus Hartweizengrieß und nicht wie die meisten deutschen mit Hühnerei hergestellt werden.

Mit Fischmahlzeiten kontern Natürliche Kontrahenten der Omega-6- sind die Omega-3-Fettsäuren. Gerade die fetten Kaltwasserfische wie Lachs, Hering, Makrele oder Thunfisch liefern hohe Konzentrationen der wertvollen Fettsäuren. Durch ihre strukturelle Ähnlichkeit zur Arachidonsäure verdrängen Omega-3-Fettsäuren eben diese aus den Zellen und hemmen deren Umwandlung in Entzündungsvermittler.

Studien an Patienten mit rheumatoider Arthritis belegen, dass die Gabe von hochkonzentriertem Fisch-öl die Hauptsymptome wie Schmerzen, Schwellungen und Morgensteifigkeit signifikant verbesserte. Zwei bis drei Fischmahlzeiten sollten somit pro Woche auf dem Speiseplan stehen. Auch eine Substitution mit Fischölkapseln ist zu empfehlen – vor allem, wenn Fisch aus geschmacklichen Gründen abgelehnt wird.

Tierische Fette durch pflanzliche Öle ersetzen Bestimmte Pflanzenöle wie Lein- und Rapsöl sind ebenso Lieferanten der Omega-3-Fettsäu-ren Alpha-Linolensäure (ALA). Diese wird im Körper in Eicosapentaensäure (EPA) umgewandelt, die entzündungshemmend wirkt. Früher wurde Leinöl als „Öl des kleinen Mannes“ abschätzig bezeichnet. Nun gewinnt es durch diese Erkenntnis wieder an Bedeutung.

Bestimmte pflanzliche Öle und Nüsse reduzieren Hochwertige Pflanzenöle wie Distel-, Mais- und Sonnenblumenöl so-wie Nüsse wie Erd- und Paranüsse wurden Rheumatikern lange Zeit als Alternative zur Deckung des Fettbedarfes angepriesen, aber: Die darin enthaltene Linolsäure (auch eine Omega-6-Fettsäure) wird besonders bei chronisch-entzündlichen Vorgängen ebenso zu Arachidonsäure abgebaut, sodass sie auch als Vorstufe für entzündungsfördernde Mediatoren dient.

Ihr negativer Einfluss auf den rheumatischen Prozess wurde erst in den letzten Jahren zunehmend entdeckt. Als essenzielle Fettsäure übernimmt sie zwar wichtige Funktionen, sollte jedoch stark reduziert werden.  Walnüsse und deren Öl enthalten zwar nicht unwesentliche Mengen an Linolsäure, haben jedoch ein gutes „Fettsäurenverhältnis“ durch den hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren, sodass sie mit in den Speiseplan eingebaut werden dürfen und aufgrund ihrer Gesundheitseffekte sogar „sollten“.

Obst und Gemüse als Radikalfänger Sie sollten in ihrer regionalen Vielfalt täglich mit fünf Portionen verzehrt werden, denn sie liefern zahlreiche Vitalstoffe. Bei entzündlichen Prozessen fungieren Antioxidanzien wie Vitamin C und E, Betacarotin sowie Selen und viele sekundäre Pflanzenstoffe als kleine Helfer. Sie neutralisieren freie Radikale, die an der Gelenkschädigung mitbeteiligt sind. Auch diese sind in so genannten ergänzenden bilanzierten Diäten für Rheumatiker (plus Omega-3-Fettsäuren) enthalten.

Alkohol und Nikotin meiden Sowohl der blaue Dunst als auch alkoholische Getränke wirken sich negativ auf den rheumatischen Prozess aus – vor allem bei der Einnahme von Antirheumatika. Bestenfalls sollte komplett auf den Zigarettenkonsum verzichtet und die alkoholischen Einheiten auf ein Minimum reduziert werden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/13 ab Seite 76.

Andrea Pütz, Dipl. Oecotrophologin

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