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Impfstoffe

ES BEGANN 1776

Dank der Schutzimpfungen haben Infektionskrankheiten wie Diphtherie, Tetanus, Pocken, Tollwut, Keuchhusten oder Kinderlähmung ihren Schrecken verloren. Das ist keine Zauberei, sondern eine Herausforderung für unser Immunsystem.

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Ende des 18. Jahrhunderts startete die Geschichte der Schutzimpfungen mit der Herstellung von einer Vakzine gegen Pocken, die vom englische Landarzt Edward Jenner entwickelt und verimpft wurde. Ein großer Schritt für die Menschheit, die bis dato dieser Infektionserkrankung schutzlos ausgeliefert war. 1885 entwickelte Louis Pasteur eine Tollwutimpfung und rettete damit Leben. Auch im 20. Jahrhundert schläft die Forschung nicht, es wurden weitere Schutzimpfungen entwickelt und viele Menschen geimpft. Nachweislich wurden so weltweit die Pocken ausgerottet und die Poliomyelitis (Kinderlähmung) zurückgedrängt. Leider gibt es noch nicht für jede Infektionskrankheit einen passenden Impfstoff, weltweit geht die Forschung nach immer neuen Impfstoffen daher weiter. Impfungen bieten zwar keinen hundertprozentigen Schutz, aber sie senken zumindest die Erkrankungswahrscheinlichkeit deutlich.

Aufgabe des ImmunsystemsDie Hauptaufgabe des Immunsystems ist es, den Organismus vor Eindringlingen von außen zu schützen. Der Körper ist ständig schädigenden und krankmachenden Erregern wie Bakterien, Viren, Pilzen oder Parasiten ausgesetzt, aber nicht immer wird er davon krank. Der Grund dafür ist die Leistung unserer körpereigenen Abwehr. Außerdem muss das Immunsystem auch Tumorzellen mit entartetem Wachstum erkennen, abwehren, bekämpfen und vernichten. Gesunde körpereigene Zellen muss es davon unterscheiden können. Um diesen sehr komplexen Aufgaben gewachsen zu sein, braucht unser Immunsystem verschiedene ineinandergreifende spezifische und unspezifische Mechanismen, die abgestimmt aufeinander arbeiten.

Subtypen der T-Lymphozyten
NameAufgabeWirkung
T-Killer-Zelle (zytotoxische T-Zelle)lösen Apoptose bei Tumorzellen auslösen Apoptose bei durch Viren infizierten Zellen aus
T-Helfer-Zelleschütten Zytokine ausregen die Antikörper-Bildung durch B-Zellen an, melden von infizierten Zellen an T-Killer-Zellen
T-Supressor-Zellen (regulatorische T-Zelle)unterdrücken die zuvor erfolgte Aktivierung des Immunsystemsverhindern Autoimmunerkrankungen
T-Gedächtnis-Zellenspeichern Informationen über den bekämpften Erreger

Anatomie des Immunsystems Die wichtigste Rolle spielt das Lymphsystem. Es verläuft fast parallel zum venösen Blutgefäßsystem und nimmt die Flüssigkeitsmenge auf, die in den Kapillaren der Gewebe filtriert und nicht rückresorbiert wurde. Die Lymphflüssigkeit, auch Lymphe genannt, gelangt passiv in die Lymphkapillaren, die sich zu größeren Lymphgefäßen vereinen und in den Lymphknoten bündeln. An den Lymphknoten, die wie eingebaute Siebe als biologische Filterstationen wirken, kann die Lymphe gereinigt und von Krankheitserregern, Fremdkörpern und Zelltrümmern befreit werden. Die sogenannte Lymphpumpe transportiert die Lymphe durch rhythmisches Zusammenziehen der Lymphgefäßmuskulatur.

Lymphe aus unteren Körperabschnitte und der linken oberen Körperhälfte mündet in die linke Unterschlüsselbeinvene, aus der rechten oberen Körperhälfte in die rechte Unterschlüsselbeinvene, die sich zur oberen Hohlvene vereinigen. Das Knochenmark und der Thymus gehören zu den primär lymphatischen Organen. Während im Knochenmark Knochenmarksstammzellen zu unterschiedlichen Immunzellen, den Leukozyten, differenzieren und die Reifung der B-Lymphozyten stattfindet, entwickeln sich im Thymus die T-Lymphozyten. Alle werden über das Blut- und Lymphgefäßsystem im gesamten Körper verteilt. Bestandteile der sekundär lymphatischen Organe sind alle Gewebe, in denen diese Immunzellen aktiviert werden, also in Mandeln, Milz und lymphatischem Gewebe auf den Schleimhäuten.

Funktionelle EinteilungMan unterscheidet unspezifische von spezifischen Abwehrmechanismen. Beide unterteilen sich weiter in die zelluläre Abwehr mit ihren speziellen Immunzellen und die humorale Abwehr, bei der sich frei diffundierende Moleküle in den verschiedenen Körperflüssigkeiten befinden. Beide Systeme können voneinander unabhängig wirken, sind jedoch wesentlich effizienter, wenn sie zusammenwirken. Die unspezifische Abwehr ist unsere „Feuerwehr“, bei jedem erkannten „Eindringling“ reagiert sie sofort, dabei benötigt sie keinen Erstkontakt mit diesem „Fremden“. Zur unspezifisch zellulären Abwehr gehören die Phagozyten, eine Gruppe der weißen Blutkörperchen, die auch als Fresszellen und aufgrund ihrer Größe als Makrophagen und Monozyten bezeichnet werden.

Zur unspezifisch humoralen Abwehr gehören die Lysozyme (hydrolytische antibakterielle Enzyme), die Interferone mit ihrer immunstimulierenden Wirkung und das Komplementsystem. Es besteht aus zwanzig verschiedenen Glykoproteinen, die aufgrund einer Antigen-Antikörper-Reaktion (AAR) oder durch Oberflächenstrukturen von Bakterien, Pilzen, Viren und Protozoen aktiviert werden. Eine Aktivierung des Komplementsystems bedingt immer eine Aktivierung von Abwehrzellen. Die spezifische Abwehr ist der adaptive, also angepasste Teil des Immunsystems. Die spezifisch zelluläre Abwehr bildet spezifische Abwehrzellen gegen bestimmte Erkrankungen.

Hierzu gehören B-Lymphozyten (B-Zellen) und T-​Lymphozyten (T-Zellen), deren rundliche Zellen einen Durchmesser von circa 7,5 Mikrometer (µm) haben. B-Zellen sind zunächst „Antigen-naiv“, das bedeutet, sie sind noch ohne Antigenkontakt, jedoch in der Lage ein spezifisches Antigen zu erkennen und es an ihren B-Zell-Rezeptor auf ihrer Oberfläche zu binden. Nun kommt es zur Ausprägung spezifischer, molekularer Strukturen auf der Oberfläche des B-Lymphozyten. T-Helfer-Zellen erkennen diese und produzieren daraufhin Zy- tokine und schließen damit deren Aktivierung ab. In Lymphknoten und Milz werden nun diese aktivierten B-Zellen vielfach vermehrt und es entstehen identische B-Zellklone.

Diese sogenannten Plasmazellen produzieren nun speziell für das jeweilige Antigen die passenden Antikörper. Eine kleinere Gruppe wird zu den Speicherzellen, B-Gedächtniszellen oder B-memory-cells, die für die Immunität verantwortlich sind, auch nachdem der Körper frei von Infektionen ist. So kann bei einem zweiten Antigenkontakt die bereits vorhandene Antikörperinformation schnell abgerufen werden und die adäquate Immunantwort sofort er- folgen. Die T-Lymphozyten verdanken ihren Namen dem Ort ihrer Ausdifferenzierung, nämlich der Thymus-Drüse. Alleine können sie Erreger nicht erkennen, sondern sind auf Makrophagen, B-Zellen, dendritische Zellen und Monozyten, die als antigenpräsentierende Zellen fungieren, angewiesen. Dann erst erfolgt deren Aktivierung.

Eine weitere Differenzierung der T-Lymphozyten zu T-Killer-Zellen, T-Helfer-Zellen, T-​Supressor-Zellen und T-Gedächtnis-Zellen ist möglich. Zur spezifisch humoralen Abwehr gehören unsere Immunglobuline oder Antikörper. Es sind globuläre (kugelförmige) Proteine, die sich gegen spezielle Teile eines Antigens richten. Aufgebaut sind sie aus zwei identischen schweren Aminosäure-Ketten, sogenannte heavy chains und zwei identischen leichten Ketten, den light chains, die mittels Disulfidbrücken miteinander verbunden sind.

Die CDR (Complementary Determining Region) befindet sich auf den light chains und ist die charakteristische Antigenbindungsstelle, deren variable Spezifität dort von der unterschiedlichen Aminosäuresequenz bedingt wird. Framework regions (FR) umgeben die CDR. Fc-Rezeptoren befinden sich auf dem konstanten Teil des Antikörpers und dienen der Erkennung und Aufnahme von antikörperbeladenen Antigenen. Außerdem ist der konstante Teil zusammen mit diversen Signalproteinen für die Informationsübermittlung nach Antigenkontakt zuständig.

Wichtiges zu Immunglobulinen

IgG (Immunglobulin G)
+ stellt circa 80 Prozent der gesamten Immunglobuline dar
+ ist der Prototyp
+ ist membrangängig
+  ist als einziges Immunglobulin plazentagängig (sog. Nestschutz)
+ zirkuliert im Plasma und ist in Körpersekreten vorhanden
+ markiert und neutralisiert Antigene
+ aktiviert das Komplementsystem
+  gilt als Sekundärantwort

IgM (Immunglobulin M)
+ stellt circa 6 Prozent der gesamten Immunglobuline dar
+ gilt als Sofort-Antikörper, da IgM nach frischer Infektion als erster Antikörper im Blut erscheint
+ neutralisiert Antigene
+ aktiviert das Komplementsystem
+ fungiert membranständig auf B-Lymphozyten als Antigen-​Rezeptor

IgA (Immunglobulin A)
+ stellt circa 10 Prozent der gesamten Immunglobuline dar
+ ist in Speichel, Muttermilch, Intestinalsekreten und Urogenitalsekreten vorhanden
+ wehrt Erreger auf den Oberflächen von Schleimhäuten ab
+ verhindert das Anheften von Bakterien
+ liegt als Dimer vor, das vier Bindungsstellen für Antigene besitzt

IgD (Immunglobulin D)
+ fungiert bei ruhenden B-Lymphozyten als Rezeptor für Antigene
+ ist notwendig für die Differenzierung von B-Lymphozyten in Plasma- und Gedächtniszellen

IgE (Immunglobulin E)
+ befindet sich auf Zellmembranen von Mastzellen, eosinophilen Granulozyten und basophilen Granulozyten
+ bewirkt nach Bindung von passendem Antigen die Ausschüttung von Mediatorsubstanzen (z.B. Histamin)
+  Konzentration erhöht sich bei Wurm- und Parasitenbefall

Einige BegriffeUm Klarheit zu schaffen, sollen einige häufig verwendete Begriffe eindeutig definiert werden: Erreger können Bakterien, Viren, Pilze, Protozoen oder Würmer sein. Zu den bakteriellen Erkrankungen gehören beispielweise die Lungenentzündung, die Tuberkulose (TBC), die Lyme-Borreliose, Cholera oder Pest. Viren verursachen die „klassische“ Influenza, den harmlosen Schnupfen oder auch Hepatitis A, AIDS, FSME oder Lippen-​Herpes. Candidose, Fuß-, Haut- und Nagelmykosen werden von Pilzen ausgelöst. Protozoen-Infektionen führen zur Malaria, zur Toxoplasmose oder auch zur Tropischen Schlafkrankheit, während die Bilharziose zu den Wurmerkrankungen gehört.

Unter einer Infektion wird das Eindringen von Krankheitserregern in den menschlichen und tierischen Organismus sowie deren Vermehrung verstanden. Es bedeutet nicht zwangsläufig, dass man auch erkrankt. In einem Wirtsorganismus vermehrt sich der Krankheitserreger, ohne ihn wäre seine Vervielfältigung nicht möglich. Auf direktem Infektionsweg werden die Erreger von Lebewesen zu Lebewesen zum Beispiel durch Tröpfcheninfektion übertragen. Beim indirekten Infektionsweg erfolgt die Infektion über Gegenstände, beispielsweise durch Schmierinfektion. Die Inkubationszeit ist die Zeit zwischen der Übertragung des Erregers und dem Auftreten der ersten Symptome. Oftmals ist der Betroffenen bereits infektiös, das heißt ansteckend, obwohl er von der Erkrankung noch nichts bemerkt.

Die Virulenz oder Infektiosität eines Erregers drückt das Maß der Schädlichkeit für den Wirtsorganismus aus. Kontagiosität ist das Maß für die Übertragungsfähigkeit eines Krankheitserregers, gibt also an, wie oft der Erreger bei Kontakt mit diesem übertragen wird. Die Resistenz beschreibt die Widerstandsfähigkeit des Erregers gegen ein Antiinfektivum. Antiinfektiva sind Arzneimittel, die gegen Infektionskrankheiten eingesetzt werden. Immun ist der Organismus gegenüber einem Erreger, wenn er diesen ohne pathologische Reaktion unschädlich machen kann. Immunität kann lebenslang bestehen bleiben, angeboren oder erworben, also adaptiv sein. Der Antikörpertiter wird im Labor aus dem Blut bestimmt und entspricht der Antikörperkonzentration, die nach durchlaufener Infektion oder aufgrund einer Impfung vorliegt.

Infektion, Allergie und Aktivimmunisierung Bei einer Infektion erkennt der Organismus körperfremde Strukturen eines Krankheitserregers beziehungsweise dessen Toxins als Antigen. Gegen diese Antigene werden spezifische Abwehrstoffe, die sogenannten Antikörper (AK) gebildet, die daraufhin im Blut- und Lymphgefäßsystem zirkulieren. Treffen sie auf einen Eindringling, so werden nach dem Schlüssel-​Schloss-Prinzip Antigen-Antikörper-Komplexe gebildet. Dieser Mechanismus ähnelt dem Ablauf einer allergischen Reaktion. In diesem Fall wird der Fremdstoff unschädlich gemacht und eliminiert. Solche Abwehrreaktionen laufen in unserem Körper permanent, ständig und unbemerkt ab. Mitunter werden sogenannte Gedächtniszellen gebildet und der Organismus ist gegenüber diesem Erreger immun.

Bei einer Allergie kommt es zu einem Ausnahmezustand im Organismus, für den die übermäßige Ausschüttung von Histamin, einem Gewebshormon, verantwortlich ist. Zu den Details: Beim Erstkontakt mit einem Allergen (Antigen) wird dies von unserem Immunsystem als körperfremd erkannt. Daraufhin bildet unser Körper gegen diese Antigene spezifische Abwehrstoffe, die Antikörper. Dieser Vorgang läuft symptomlos ab und wird als Sensibilisierung bezeichnet. Kommt es dann zu einem Zweitkontakt mit diesem Antigen, sind die entsprechenden Antikörper bereits vorhanden. In einer sofortigen Antigen-​Antikörper-Reaktion wird die übermäßige Freisetzung von Histamin aus den Mastzellen ausgelöst.

Histamin reagiert mit seinen Histamin-Rezeptoren, die sich ubiquitär im Organismus befinden, woraufhin die typischen Allergiesymptome ausgelöst werden. Die aktive Immunisierung ist eine vorbeugende Maßnahme gegen Infektionskrankheiten, bei der es durch gezielte Zufuhr von unschädlich gemachten Erregern (Antigenen), deren Bestandteilen oder Toxoide zur spezifischen Aktivierung des Immunsystems kommt. Die Bildung von spezifischen Antikörpern sowie Gedächtniszellen wird angeregt, ohne selbst die Infektionskrankheit durchzumachen. Ziel ist es so, Menschen vor diversen übertragbaren Krankheiten effektiv zu schützen. Nach diesem Muster werden auch aktuell für die moderne Krebsimmuntherapie sogenannte Krebsimpfstoffe entwickelt.

Lebendimpfstoff Ein Lebendimpfstoff enthält sehr geringe Mengen an abgeschwächten, aber noch vermehrungsfähigen Erregern. Diese attenuierten Erreger sind apathogen, das bedeutet, sie sind nicht krankmachend und avirulent, das heißt nicht ansteckend. Der Impfschutz ist bereits nach einmaliger Impfung vorhanden, die zweite Impfung dient nicht der Auffrischung, sondern soll vereinzelte Impfversager erreichen. Mögliche Applikationswege sind neben der Spritzimpfung als Injektion, die in der Regel intramuskulär erfolgt, auch eine Schluckimpfung (oral) oder eine nasale Applikation. Nach Empfehlung der STIKO werden Lebendimpfstoffe ab dem zwölften Lebensmonat und nur in besonderen Ausnahmefällen ab dem Alter von neun Monaten geimpft.

Noch früher ist eine Lebendimpfung nicht zweckmäßig, da maternale (von der Mutter übertragene) Antikörper die abgeschwächten Erreger neutralisieren können. Die zeitgleiche Kombination mehrerer Lebendimpfstoffe ist möglich, ansonsten muss bei Einzelverabreichung ein Abstand von mindesten vier Wochen eingehalten werden. Eine gleichzeitige Verabreichung von Lebendimpfstoffen mit Totimpfstoffen ist ebenso möglich. Die Impfstoffe gegen Gelbfieber, Masern, Röteln, Typhus (oral) und Varizellen gehören zu den Lebendimpfstoffen.

TotimpfstoffAlle Totimpfstoffe enthalten nicht mehr reproduktionsfähige Krankheitserreger oder deren Bestandteile. Ein langanhaltender Impfschutz kann nur durch mehrere Teilimpfungen mit entsprechendem Impfabstand erreicht werden. Totimpfstoffe können ohne Zeitabstand mit allen anderen Impfungen kombiniert werden. Meist erfolgt die Injektion in den Schultermuskel, nur bei Säuglingen wird in den seitlichen Oberschenkelmuskel geimpft. Totimpfstoffe können in Ganzpartikel-, Spalt-, Konjugat- und Toxoidimpfstoffe unterschieden werden. Der Ganzpartikelimpfstoff enthält chemisch inaktivierte Pathogene. Der Choleraimpfstoff, der Hepatitis-A-Impfstoff, der Tollwutimpfstoff und der Polioimpfstoff sind solche Ganzpartikelimpfstoffe.

Spaltimpfstoffe werden auch als Spaltvakzine bezeichnet. Durch Einwirkung von Tensiden oder polaren organischen Lösungsmitteln kommt es zur Fixierung und Auflösung der Lipiddoppelschicht der Erreger. Manche Influenzaimpfstoffe sind Spaltvakzine. Konjugatimpfstoffe enthalten ein Antigen, das an ein Protein gebunden wurde. So sind beispielsweise Kapselpolysaccharide der Bakterienhülle an Trägerproteine konjugiert. Derart aufbereitete Impfstoffe sind in der Lage im Vergleich zum unkonjugierten Antigen eine stärkere und länger anhaltende Immunantwort zu erzeugen. Für die HIB-Impfung (Haemophilus influenzae b-Infektion), manche Pneumokokken-Impfstoffe und manche Meningokokken-Impfstoffe stehen Konjugatimpfstoffe zur Verfügung.

Bei der Herstellung von Adsorbatimpfstoffen werden zur Erhöhung der Impfantwort die Antigene oder Antigenbestandteile an Adsorptionsmittel wie Aluminiumhydroxid, Aluminiumphosphat oder Calciumphosphat gebunden, wodurch eine verstärkte Antikörperbildung auf die verzögerte Abgabe des Antigens erreicht wird. Adsorbatimpfstoffe sind die Impfstoffe gegen FSME, Diphtherie, Tetanus und Hepatitis B. Zur Abgrenzung enthalten Toxoidimpfstoffe nicht den abgeschwächten Erreger oder Teile von ihm, sondern ein chemisch unschädlich gemachtes Toxin, das sogenannte Toxoid.

Sie werden in speziellen Herstellungsverfahren hergestellt. Hierbei werden die Toxine durch chemische Reaktionen sozusagen „entgiftet“. Resultat sind Toxoide, die nun ihre Infektiosität verloren haben, aber dennoch die sogenannte determinante Gruppe tragen, die aufgrund ihres Antigen-Charakters das Immunsystem zur Produktion von Antikörpern gegen das Toxin anregen kann. Die Diphterie- und Tetanus-Impfstoff sind Toxoidimpfstoffe.

Impfschema

Die Grundimmunisierung (G) erfolgt durch eine oder mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Impfungen. Damit wird eine belastbare Immunität aufgebaut, also ein ausreichender Antikörpertiter erreicht, der für den Aufbau eines stabilen Immunschutzes notwendig ist. Falls kein lebenslanger Schutz, sondern nur eine temporäre Immunität aufgebaut werden kann, muss zum Erreichen des lebenslangen Immunschutzes regelmäßig aufgefrischt werden.

In diesen Fällen sind Auffrischimpfungen (A) Erinnerungen für das Immunsystems. Sie erfolgen in größeren zeitlichen Abständen zur vollständigen Grundimmunisierung und dienen der erneuten Verstärkung der Immunantwort des Organismus.

Bei Menschen mit unvollständigem, nicht bekanntem oder nicht dokumentiertem Impfstatus wird zur Nachholimpfung (N) geraten.

Eine Standardimpfung (S) ist eine für alle Menschen gemäß aktueller STIKO-Empfehlungen angeratene Impfung.

Bei einer Indikationsimpfung (I) handelt es sich um eine Impfung von Personen, die individuell einem erhöhtem Expositions-, Erkrankungs- oder Komplikationsrisiko ausgesetzt sind.

Reiseimpfungen (R) sind Impfungen, die bei Reisen in bestimmte Länder oder Regionen empfohlen oder verpflichtend sind.

Personen, deren Beruf mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko verbunden ist, wird eine berufsbedingte Impfung (B) empfohlen.

Auf den Internetseiten des Robert Koch Instituts können die Impfschemata, die sich meist nach den verwendeten Impfstoffen richten, genau nachgelesen werden.

Passive Immunisierung Zur passiven Immunisierung wird ein Serum eingesetzt. Sera sind Zubereitungen, die aus Blut, Organen, Organteilen oder Organsekreten gesunder, kranker, krank gewesener oder immunisatorisch vorbehandelter Lebewesen gewonnen werden. Ein Serum enthält spezifische Antikörper. Passiv deswegen, weil es im Organismus nicht die Bildung von Memory-cells anregt und damit nicht zu einer langfristigen Immunisierung führt. Daher sind sie im engeren Sinn keine echte Impfung. Ihre Schutzwirkung tritt jedoch sofort ein und hält bis zum Abbau der verabreichten Antikörper circa vier Wochen an. Indiziert sind sie nach Exposition als akute therapeutische Maßnahme, um eine schnelle Erregereliminierung zu erreichen.

So wird zum Beispiel bei einer Infektion mit Masern oder Röteln während der Schwangerschaft oder beim Verdacht auf eine Tetanus-Infektion bei ungeklärtem Impfstatus passiv geimpft. Je nach Präparat werden Sera intramuskulär (i.m.) oder intravenös (i.v.) appliziert. Eine Kombination von Seren mit Lebendimpfstoffen ist nicht möglich, da die enthaltenen Antikörper, die Lebendimpfstoffe inaktivieren können. Deshalb ist erst nach Abstand von zwei Wochen nach einer Lebendimpfung eine Passivimpfung möglich. Umgekehrt muss nach einer Passivimpfung in der Regel drei Monate gewartete werden, bis eine Lebendimpfung verabreicht werden darf.

Der Erwerb sowie die Abgabe von Fertigarzneimitteln (FAM), welche Antikörper, Antikörperfragmente oder Fusionsproteine mit einem funktionellen Antikörperbestandteil nach AMG § 4 Absatz 3 (Arzneimittelgesetz) zur passiven Immunisierung enthalten, sind dokumentationspflichtig. Beim Erwerb sind neben Name und Anschrift des Lieferanten beziehungsweise der Firma oder des Herstellers, von dem das FAM geliefert wurde, speziell die genaue Bezeichnung des FAM mit zugehöriger Chargenbezeichnung zu vermerken. Bei Abgabe muss auch die genaue Bezeichnung des FAM mit zugehöriger Chargenbezeichnung, Name und Anschrift des verordnenden Arztes und Name, Anschrift und Geburtsdatum des Patienten dokumentiert werden. Die Dokumentationen müssen 30 Jahre in der Apotheke aufgehoben werden.

Simultanimpfung und Mehrfach-Impfungen Hier wird der Patient gleichzeitig aktiv und passiv immunisiert. Möglich ist das durch zeitgleiche Verabreichung eines Serums mit einem Totimpfstoff, was den Sofortschutz mit langanhaltender Wirkung kombiniert. Diese Postexpositionsprophylaxe steht für Hepatitis A, Hepatitis B, Tollwut und Tetanus zur Verfügung. Beide Impfstoffe werden kontralateral, das bedeutet an verschiedenen Körperstellen appliziert, damit wird versucht eine gegenseitige Deaktivierung der Impfkomponenten zu vermeiden.

Eine Simultanimpfung von Passiv- und Lebendimpfstoff ist nicht möglich. Sie enthalten mehrere Impfstoffe gegen verschiedene Infektionskrankheiten, sodass mit einer Impfung gleichzeitig Schutz gegen mehrere Krankheiten aufgebaut werden kann. In den sogenannten Kombinationsimpfstoffen ist die Konzentration an Erregerbestandteilen oder Antigenen meist geringer als bei den entsprechenden Einzelimpfstoffen. Die Impfantwort ist jedoch genauso gut und das belastende „Pieksen“ wird hiermit auf weniger Termine reduziert.

Verhalten nach dem Impfen Kurz nach der Impfung kann es zu typischen Beschwerden, den sogenannten Impfreaktionen kommen. Hierzu gehören unter anderem lokale Reizerscheinungen am Applikationsort wie Hautrötung, Hautausschlag, leichte Ödembildung, Bluterguss und Schmerzen an der Impfstelle. Außerdem kann es nach wenigen Tagen zu einer leichten Temperaturerhöhung oder leichten Kopf- und Gliederschmerzen, Mattigkeit und Unwohlsein kommen. Innerhalb von drei Wochen nach der Impfung sind vereinzelt milde Anzeichen einer Impfkrankheit möglich, es können sich Beschwerden wie Erbrechen und Durchfall, ein schwacher Hautausschlag, Bindehautentzündung oder eine Lymphknotenschwellung zeigen.

Alles das sind Zeichen, dass das Immunsystem arbeitet, aktiv ist und Ausdruck der angestoßenen Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff. Fachinformationen und Beipackzettel des jeweiligen Impfstoffs informieren über Art und Häufigkeit der möglichen UAW. Sportliche Aktivitäten und körperliche Belastungen sollten in dieser Zeit deutlich unter der persönlichen Leistungsgrenze bleiben. Eine mäßige Aktivität beeinträchtigt die Immunreaktion nicht, während eine extreme sportliche Anstrengung zu einer schlechteren Immunantwort führen kann. Die körperliche Aktivität sollte solange eingeschränkt bleiben, wie sich der Geimpfte noch beeinträchtigt fühlt oder eine Impfreaktion besteht. Körperliche Hygienemaßnahmen wie Waschen, Duschen oder Baden sind uneingeschränkt möglich.

Bei schweren Symptomen nach einer Impfung sollte ein Arzt aufgesucht werden. Sogenannte Impfkomplikationen sind schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen und treten sehr selten auf. Für jeden Verdacht einer Schädigung, der über das übliche Maß einer Impfkomplikation hinausgeht, besteht Meldepflicht nach § 6 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetz (IfSG). Der Arzt meldet an das Gesundheitsamt, das wiederum nach § 11 Abs. 4 IfSG verpflichtet ist, Meldung an die zuständige Landesbehörde und an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), der zuständigen Bundesoberbehörde, zu geben. Alle Daten werden in pseudonymisierter Form gemeldet, wobei die personenbezogenen Angaben unkenntlich gemacht werden. Eine Information des Herstellers ist nicht verpflichtend.

PEI hat die Aufgabe, diese Meldungen bezüglich des ursächlichen Zusammenhangs mit der Impfung zu prüfen, mögliche, sehr seltene Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen sowie in der Konsequenz dann die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Das Netz aus Überwachung und Meldepflicht garantiert somit, dass die Sicherheit von Impfstoffen, auch nach ihrer Zulassung, einer engmaschigen und kontinuierlichen Kontrolle unterliegt.

Echte Impfschäden sind laut § 2 Absatz 4 IfSG „ die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung; ein Impfschaden liegt auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde“. Echte Impfschäden werden nach Antrag eines Entschädigungsverfahrens durch das soziale Entschädigungsrecht (Bundesversorgungsgesetz) versorgt, wobei bei Ablehnung der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eingelegt werden kann.

Kontraindikation für Impfungen – ja oder nein?

Kontraindikationen sind:
+ schwere, akute Erkrankung Infekt mit Fieber über 38,5°C
+ allergische Reaktion im zeitlichen Zusammenhang mit vorausgegangenen Impfungen
+ Allergie gegen Bestandteile eines Impfstoffes (Achtung: Neomycin, Streptomycin und Hühnereiweiß)

keine Kontraindikationen sind:
+ banale Infekte mit leichter Erhöhung der Körpertemperatur (< 38,5°C)
+ Fieberkrämpfe in der Anamnese (Vorgeschichte)
+ Epilepsie in der Familienanamnese
+ Antibiotikatherapie
+ niedrigdosierte Therapie mit Corticosteroiden
+ Ekzeme und andere Dermatosen
+ Frühgeburtlichkeit

Behörden Für die Empfehlungen von Impfungen, Qualität der Impfstoffe, Dokumentation von Impfkomplikationen oder Impfschäden sind in Deutschland das RKI, das PEI und die STIKO zuständig.

RKI
ist die Abkürzung für Robert Koch-Institut, ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) mit Hauptsitz in Berlin. Zu den Hauptaufgaben des RKI gehört die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten, insbesondere von Infektionskrankheiten.
PEI steht für Paul-Ehrlich-Institut. Als deutsches Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel ist es eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit mit Hauptsitz in Langen. PEI ist für die Zulassung und Chargenfreigabe von Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln sowie der Genehmigung von Arzneimittelstudien zuständig. Beurteilt werden neben Impfstoffen, Sera und Allergenpräparate auch monoklonale Antikörper, Arzneimittel für neuartige Therapien (somatische Zelltherapeutika, Gentherapeutika, Tissue Engineering Produkte) und Gewebezubereitungen.
Die Abkürzung STIKO steht für Ständige Impfkommission. Die STIKO ist ein unabhängiges Expertengremium, bestehend aus 12 bis 18 Mitgliedern, das im Infektionsschutzgesetz (IfSG) verankert und vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) im Benehmen mit den obersten Landesgesundheitsbehörden alle drei Jahre berufen wird. Die STIKO trifft sich, um über Fragen zu Schutzimpfungen und Infektionskrankheiten in Forschung und Praxis zu beraten, entwickelt daraus den jeweils gültigen Impfkalender, der den Bundesländern als öffentliche Impfempfehlung dient. Die STIKO befindet sich beim RKI in Berlin.
Der internationale Impfausweis wird auch als Impfbuch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet und ist eine internationale Bescheinigung in der nach internationalen Gesundheitsvorschriften alle verabreichten Impfungen eingetragen werden. Meist wird er bereits bei der Geburt ausgestellt und entspricht in Deutschland § 22 Infektionsschutzgesetz.

Es werden neben dem Impfdatum auch namentlich die Impfstoffpräparate mit ihren Chargenbezeichnungen eingetragen. Übersichtlich gestaltet, lässt sich der aktuelle Impfstatus der Person einfach erkennen, somit werden Doppelimpfungen vermieden und Termine für Auffrischungsimpfungen ersichtlich. Pflicht ist bei Einreise in bestimmte Länder zur Verhinderung einer unkontrollierten Weitergabe von Infektionskrankheiten den internationalen Impfausweises vorzulegen, der den Nachweis über die länderspezifischen, vorgeschriebenen Impfungen erbringt. Sollten diese nicht vorliegen, ist eine Einreise nicht möglich.

Transport und Lagerung Impfstoffe sind Kühlartikel, wobei Kühlware, die „kühl zu lagern“ ist von Kühlware, die „kühlkettenpflichtig“ ist, unterschieden werden muss. Die Unterschiede liegen in der lückenlosen Kühlung, die bei einer Kühlkettenpflicht vorgeschrieben ist. Prinzipiell müssen alle Impfstoffe bei zwei bis acht Grad Celsius im Kühlschrank vor Frost geschützt und im Dunkeln gelagert werden. Die meisten Totimpfstoffe gehören zur Gruppe der „kühl zu lagernden“ Impfstoffe. Hier erfolgt in der Regel der Transport vom Hersteller oder Großhändler zu den Apotheken in Kühlboxen, wobei eine kurzzeitige ungekühlte Lagerung oder ein kurzer ungekühlter Transport, beispielsweise auf dem Weg zwischen Apotheke und Arztpraxis möglich ist.

Kommt es jedoch mehrfach zur Überschreitung der vorgeschriebenen Lagertemperatur, kann eine Wirkminderung eintreten. Außerdem sollte eine höhere Temperatur als Raumtemperatur über einen längeren Zeitraum vermieden werden. Anders bei kühlkettenpflichtigen Arzneimitteln, diese sind gegenüber einer Erwärmung über acht Grad Celsius extrem empfindlich. Hersteller garantieren deshalb nur bei eingehaltenen Transport- und Lagertemperaturen die Wirksamkeit des Impfstoffes. Das bedeutet für diese Artikel, dass sie wirklich lückenlos vom Hersteller bis zur Anwendung zwischen zwei bis acht Grad Celsius transportiert und gelagert werden müssen.

Die Abgabe in der Apotheke an den Kunden erfolgt in einer Kühlbox mit dem Hinweis, den Impfstoff zu Hause in den Kühlschrank zu lagern, nicht einzufrieren und erneut auf dem Weg zur Arztpraxis in eine Kühlbox zu packen. Diese Kühlkettenpflicht besteht bei Lebendimpfstoffen, also Impfstoffen gegen Mumps, Masern, Röteln und Varizellen. Auch in der Arztpraxis muss der Impfstoff vor Anbruch zwischen zwei bis acht Grad Celsius im Kühlschrank gelagert werden. Impfstoffzubereitungen sind zur einmaligen Anwendung vor- gesehen und Reste müssen verworfen werden. Sollte eine Zubereitung nötig sein, muss diese innerhalb einer Stunde nach Fertigstellung verbraucht werden.

Impfen in Schwangerschaft und Stillzeit Der Nestschutz wird auch als Mutter-Kind-Immunisierung oder Leihimmunität bezeichnet und beschreibt die Weitergabe von Antikörpern von Mutter zum Kind. Das kann zum einen in der Schwangerschaft über die Plazenta erfolgen oder während der Stillzeit über die Muttermilch. Der Antikörpertiter der Mutter wurde nach durchlaufenen Infektionen oder durch Impfungen aufgebaut und hält einige Wochen bis Monate nach der Geburt und während der Stillphase an. Der Nestschutz schützt jedoch nicht vor jeder Infektionskrankheit. Deswegen sind die von der STIKO empfohlenen Impfungen sinnvoll.

In der Schwangerschaft kontraindiziert sind Impfungen mit Lebendimpfstoffen, wie die Impfstoffe gegen Röteln, Masern-Mumps-Röteln (MMR) oder Varizellen. Die Gelbfieberimpfung darf nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Wenn möglich, sollte der Eintritt einer Schwangerschaft erst im Abstand von vier Wochen nach der Verabreichung eines Lebendimpfstoffes erfolgen. Impfungen mit Totimpfstoffen gegen beispielsweise Influenza, Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hepatitis A und B können ab dem zweiten Trimester verabreicht werden. Die Grippe-Schutzimpfung wird ausdrücklich in der Schwangerschaft empfohlen. In der Stillzeit können sowohl die Stillende als auch der gestillte Säugling alle von der STIKO empfohlenen Impfungen erhalten. Eine Gelbfieber-​Impfung ist während der Stillzeit absolut kontraindiziert. Um die Impfwirkung zu erhöhen, soll eine Stunde vor und nach einer Rotavirus-Impfung nicht gestillt werden.

Warum gibt es heute so viele Impfgegner? Das Land ist gespalten. Als häufigster Grund wird immer wieder die Angst vor Impfschäden genannt. Doch auch hier sprechen Zahlen eine eindeutige Sprache. Für Masern gilt, dass weniger als eine Person mit einem Impfschaden unter einer Millionen Geimpften auftritt, aber bei 1000 an Masern Erkrankten eine Person eine Enzephalitis entwickelt, die in 25 Prozent der Fälle tödlich verläuft. Das mögliche Risiko einen Impfschaden zu erleiden, liegt also um ein Vielfaches niedriger als das Risiko an Masern zu erkranken und daran zu sterben. Nach Angaben der WHO wurden 2018 weltweit etwa 350 000 Masern-​Erkrankungen gemeldet, während im ersten Halbjahr 2019 die Zahl der Masernfälle in 182 Ländern auf fast 365 000 anstieg.

Ansteigende Tendenzen zum Vorjahreszeitraum gab es auch in der Afrikaregion, und zwar um 900 Prozent, in der Westpazifikregion um 230 Prozent und um 120 Prozent in Ländern der Europäischen Union, Russland, Türkei, Israel und in den in Asien liegenden Ländern Usbekistan und Aserbaidschan. Im Dezember 2019 wurde im deutschen Bundesrat das Gesetz zur Masern-Impfpflicht verabschiedet. So gilt ab dem 1. März 2020 mit einer Übergangsfrist bis zum 31. Juli 2021 die verpflichtende Masern-Impfung für Kinder, Geflüchtete und Mitarbeiter in Gemeinschaftseinrichtungen. Ansonsten setzt der Staat weiterhin auf Freiwilligkeit, forciert die Aufklärung zu den Erkrankungen und deren Folgen sowie die Information zu Impfstoffen, Impfschemen oder den möglichen Nebenwirkungen.

Wissenschaftler entwickelten dazu das sogenannte „5C-Modell“, bei dem psychologische Gründe, die unser Impfverhalten maßgeblich beeinflussen, gezielt angesprochen werden sollen, um die Impfraten zu erhöhen (Confidence – Vertrauen in die Vakzine; Complacency – individuell wahrgenommene Krankheitsrisiko; Constraints – Barrieren im Alltag; Calculation – eigenes Informationsbedürfnis; Collective Responsibility – Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft). Auf der Internetseite des Robert Koch-Institutes findet sich unter dem Stichwort „Impfkalender“ die komplette Aufstellung der empfohlenen Impfungen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2020 ab Seite 34.

Bärbel Meißner, Apothekerin

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