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Raucherentwöhnung

ENDLICH WEG DAVON!

Es ist nie zu spät, die letzte Zigarette auszudrücken. Wer aufhört, hat es zunächst nicht leicht, kann dann aber sicher sein, einen wesentlichen Beitrag zu einem gesünderen Leben zu leisten.

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Das Rauchen aufzugeben ist nicht einfach – schließlich bezog sich das Denken ständig auf die nächste Zigarette. Da den meisten Menschen jedoch die negativen Auswirkungen des blauen Dunstes bewusst sind, versuchen sie nicht selten, sich dem Tabak zu entwöhnen. Ein besonderer Anlass ist das neue Jahr: Viele Raucher starten mit guten Vorsätzen und planen einen Rauchstopp. PTA und Apotheker können Aufhörwillige unterstützen, indem sie durch eine kompetente Beratung und nützliche Tipps die Motivation der Entschlossenen fördern und somit zum Erfolg beitragen.

Von wegen harmlosNikotin ist ein Suchtgift, welches in der Tabakpflanze zur Abwehr von Schädlingen vorkommt. Beim Rauchen gelangt es zunächst über die Lungen in den Blutkreislauf. Das Alkaloid erreicht schneller als jede andere Droge das Gehirn, da es die Blut-Hirn- Schranke überwinden kann. Es sorgt für die Freisetzung der Botenstoffe Dopamin, Noradrenalin oder Serotonin, die Glücksgefühle und Wohlbefinden verbreiten. Dieser Kick ist für die Entstehung der Sucht ausschlaggebend.

Die Hochgefühle halten allerdings nicht lange an: Sobald der Neurotransmitterspiegel im Belohnungszentrum sinkt, meldet sich das Suchtgedächtnis und verlangt weiteren Nachschub. Dies äußert sich zunächst in einer allgemeinen Unruhe – mit der Zeit wird das Verlangen nach einem neuen Kick übermächtig. Nikotin ist außerdem dafür verantwortlich, dass die Blutgefäße eng gestellt und die Nervenfasern aktiviert werden, darüber hinaus wird die Darmtätigkeit beschleunigt und die Herzfrequenz sowie der Energieverbrauch steigen an.

Eine Sucht entwickelt sich rasch: Betroffene verspüren bereits nach wenigen Tagen mit niedrigem Zigarettenkonsum die ersten Anzeichen körperlicher Abhängigkeit (Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Unruhe, Gereiztheit). Das Gehirn stellt sich auf eine regelmäßige Zufuhr ein, wobei die Nervenzellen versuchen, so viele Nikotinmoleküle wie möglich zu binden. Deshalb produziert der Organismus vermehrt Rezeptoren, die allerdings im Laufe der Zeit unempfindlicher werden, sodass die Dosis des Nikotins immer weiter gesteigert werden muss.

Giftcocktail Im Rauch befinden sich ungefähr 4000 chemische Verbindungen, von denen etwa 200 hochgiftig und circa 40 kanzerogen sind. Sie werden beim Verbrennen des Tabaks freigesetzt und vom Raucher inhaliert. Zu den Schadstoffen zählen Kohlenmonoxid, Blausäure, Formaldehyd, Dioxin oder Ammoniak. Aufgrund dieser Substanzen verkürzt Rauchen das Leben und fördert gesundheitliche Probleme wie Lungenkrebs sowie andere Krebsarten (Kehlkopf, Rachen usw.), Impotenz, Unfruchtbarkeit, Chronisch Obstruktive Atemwegerkrankungen (COPD), Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Asthma und Kurzatmigkeit.

AKUPUNKTUR
Wirklich Entschlossene können ihre Entwöhnung durch Akupunktur unterstützen. Dabei werden Dauernadeln an bestimmte Punkte am Ohr gesetzt. Der körperliche Entzug sowie die psychische Abhängigkeit sollen dadurch reguliert werden. Ein Problem dieser Methode ist, dass der Raucher nicht aktiv in den Prozess mit eingebunden wird. Der Glaube an die Wirksamkeit der Therapie ist hier offenbar entscheidend. Auch ein wissenschaftlicher Nachweis dieser Methode fehlt bislang.

Ausgepafft Unterstützen Sie Ihre Kunden beim Abschied von alten Gewohnheiten und Mustern. Auch wenn ihr Vorsatz nicht leicht umzusetzen ist, wird er sie mit einem deutlichen Zugewinn an Lebensqualität belohnen. Zeigen Sie Aufhörwilligen die zahlreichen gesundheitlichen Vorteile auf, die sich schon kurz nach der letzten Zigarette einstellen:

  • Nach 20 Minuten: Blutdruck und Puls normalisieren sich, ebenso die Temperatur in Händen und Füßen.
  • Nach 8 Stunden: Der Kohlenmonoxidspiegel sinkt, der Sauerstoffspiegel steigt auf ein angemessenes Niveau.
  • Nach 24 Stunden: Das Herzinfarktrisiko nimmt ab.
  • Nach 48 Stunden: Geruchs- und Geschmacksorgane werden sensibler, die Nervenenden regenerieren.
  • Nach 2 Wochen bis 3 Monaten: Der Kreislauf stabilisiert sich, die Lungenfunktion verbessert sich.
  • Nach 1 bis 9 Monaten: Hustenanfälle und Kurzatmigkeit gehen zurück, außerdem reinigt die Lunge sich allmählich, indem sie Schleim abgibt.
  • Nach 1 Jahr: Das Risiko eines Sauerstoffmangels im Herzen hat sich bereits um die Hälfte reduziert.
  • Nach 5 Jahren: Nun hat sich die Wahrscheinlichkeit, an Lungenkrebs zu sterben, um 50 Prozent verringert. Auch die Gefahr, an anderen Krebsarten (Mundhöhle, Speise- und Luftröhre) zu erkranken, ist nun halbiert.
  • Nach 10 Jahren: Es besteht kein höheres Lungenkrebsrisiko mehr als bei einem Nichtraucher. Auch andere Krebsarten werden unwahrscheinlicher.
  • Nach 15 Jahren: Eine Koronarinsuffizienz tritt nicht mehr häufiger auf als bei lebenslangen Nichtrauchern.

Der große TagRaten Sie Ihren Kunden dazu, den Schritt in die Rauchfreiheit am besten an einem freien Wochenende oder während der Urlaubszeit zu wagen. Am Tag X sollten die Aufhörwilligen nicht in brenzlige Situationen geraten, in denen die Zigarette bisher ein Anker war. Es ist sinnvoll, den Zeitpunkt als Wohlfühltag zu gestalten und Dinge zu planen, die Spaß machen. Im Jahr 2000 publizierte die Amerikanische Gesundheitsbehörde (Public Health Service) einen Leitfaden zur Kurzberatung für Personen aus allen Heilberufen. Danach sollte man bei der Beratung folgende „fünf A’s“ beachten:

Ask: Zunächst werden die Rauchgewohnheiten erfragt. Für Kunden ist es sinnvoll, ein Tagebuch zu führen, in dem sie notieren, wie viele Zigaretten sie zu welchen Gelegenheiten rauchen.

Advice: Verdeutlichen Sie den Rauchern, welche Risiken das Rauchen birgt und legen Sie ihnen einen Verzicht auf die Zigaretten nahe.

Assess: Beim Rauchstopp kommt der Motivation eine wichtige Bedeutung zu. Überprüfen Sie die daher die Entschlossenheit der Person und besprechen Sie noch einmal die gesundheitlichen Vorzüge der Abstinenz.

Assist: Aufhörwilligen hilft es, wenn Sie mit ihnen den genauen Termin für den letzten Glimmstängel festlegen. Viele von ihnen fürchten Begleiterscheinungen wie Gewichtszunahme. Informieren Sie Ihre Kunden daher über Möglichkeiten, derartige Schwierigkeiten zu überwinden (zum Beispiel Sport und eine Ernährungsberatung).

Arrange: Um Rückfälle zu vermeiden, sollte eine angemessene Nachbetreuung stattfinden. Raten Sie den Personen dazu, regelmäßig mit Ihnen über Erfolg sowie eventuelle Fehlschläge zu sprechen.

Entzugserscheinungen Nach dem Rauchstopp müssen Betroffene zunächst einmal mit verschiedenen Begleiterscheinungen rechnen. Dazu gehören körperliche Beschwerden wie vermehrtes Schwitzen, Schlafstörungen, Schwindel, Müdigkeit, Verdauungsprobleme oder Husten. Die Symptome bestehen etwa 14 Tage. Darüber hinaus treten psychische Probleme auf, die sich durch Reizbarkeit, Unruhe sowie dem starken Verlangen nach einer Zigarette kennzeichnen.

HYPNOSE
Dadurch sollen alte Verhaltensmuster im Unterbewusstsein aufgelöst und Assoziationen mit dem Rauchen gelöscht werden. Der Patient wird in Trance versetzt, woraufhin der Hypnotiseur das Rauchen mit negativen, das Nichtrauchen mit positiven Empfindungen verbindet. Diese Strategie ist ebenfalls nicht wissenschaftlich fundiert. Das Prinzip der Suggestion spielt auch bei der Allen- Carr-Methode (Buch: „Endlich Nichtraucher“) eine Rolle. Darin stellt der ehemalige Kettenraucher, der mittlerweile selbst an Lungenkrebs verstorben ist, die durch seine eigene Erfahrung entwickelte Methode „Easy Way“ vor. Der Raucher darf zunächst weiter rauchen, sein Verlangen nach dem Glimmstängel soll, während er das Buch liest oder ein Carr-Seminar besucht, wie von selbst nachlassen.

Empfehlen Sie eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, eine ballaststoffreiche Ernährung und genügend Bewegung. Erklären Sie den Kunden, dass die ersten 24 Stunden zwar die schwersten sind, das Durchhalten danach aber immer leichter wird.

Aufhören, aber wie? Zur Begleitung der Rauchentwöhnung existieren die unterschiedlichsten Methoden. Manche schwören auf Akupunktur oder Hypnose, andere setzen ihre Hoffnung auf nikotinhaltige Ersatzpräparate. Einigen ehemaligen Rauchern ist der Abbruch sogar gelungen, ohne Hilfe in Anspruch zu nehmen – lediglich mit einem starken Willen. Meist schaffen dies jedoch nur Gelegenheitsraucher oder Personen, deren Abhängigkeit nicht allzu stark ist.

»Viele Raucher, die ratsuchend in die Apotheke kommen, haben bereits gescheiterte Versuche hinter sich.«

Bei dieser sogenannten Schlusspunktmethode bestehen die geringsten Aussichten auf dauerhaften Erfolg. In verschiedenen Untersuchungen konnte man zeigen, dass der Verzicht auf das Qualmen am ehesten Erfolg verspricht, wenn die Kunden Unterstützung in Anspruch nehmen. Das Angebot an medizinischen und psychologischen Strategien ist in diesem Feld groß.

Nikotinersatztherapie Viele Raucher, die ratsuchend in die Apotheke kommen, haben bereits gescheiterte Versuche hinter sich. Rezeptfreie Nikotinersatzprodukte helfen ihnen, Entzugssymptome zu lindern und somit das Verlangen nach der Kippe zu reduzieren. Die Entschlossenheit, das Laster aufzugeben, ist gleichzeitig eine wichtige Voraussetzung für den dauerhaften Erfolg. Die Präparate zur Nikotinentwöhnung liegen in verschiedenen Darreichungsformen vor.

Spezielle Pflaster mit Nikotin gibt es in unterschiedlichen Stärken, die je nach Phase der Raucherentwöhnung eingesetzt werden. Das Pflaster wird am besten morgens nach dem Aufstehen auf die saubere, trockene und unverletzte Haut am Rumpf, Oberarm oder an der Hüfte geklebt. Es setzt daraufhin kontinuierlich eine bestimmte Menge des Wirkstoffs frei. Die Resorption findet langsamer als beim Rauchen statt. Im Verlauf der Therapie wird die Nikotindosis schrittweise verringert, sodass sich Aufhörwillige nach und nach entwöhnen.

Auch Nikotin-Kaugummis sin in verschiedenen Stärken sowie in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen vorhanden. Die Dosierung richtet sich zunächst nach dem individuellen Bedarf zur Reduzierung der Entzugserscheinungen, wobei die tägliche Höchstmenge berücksichtigt werden muss. Die Kaugummis sollten über etwa 30 Minuten langsam gekaut und zwischendurch in der Wange geparkt werden. Nach etwa einer halben Stunde ist das gesamte Nikotin aus der Kaumasse gelöst.

Nach vier bis sechs Wochen empfiehlt es sich, die tägliche Anzahl an Kaugummis zu vermindern, indem die Zeitabstände zwischen den einzelnen Dosen verlängert werden. Benötigen die Kunden im Verlauf der Therapie über einen Zeitraum von etwa einer Woche nur noch ein bis zwei Kaugummis täglich, kann ein Absetzversuch unternommen werden. Für Lutsch- oder Sublingualtabletten gelten die gleichen Anwendungsregeln.

kellner mit vollen tellern beimservieren
Studien haben gezeigt, dass seit der Einführung der Rauchverbote in Europa und den USA die Anzahl der Herzinfarkte um jährlich 26 Prozent sank.

Schnelle Hilfe verspricht ein Nikotinspray, der vorwiegend als Akuthilfe bei einem drohenden Rückfall dient. Die Wirkung macht sich bereits 60 Sekunden nach der Anwendung bemerkbar und schützt Betroffene davor, erneut zur Zigarette zu greifen. Der Nikotin-Inhalator eignet sich besonders für Personen, denen es schwer fällt, Rauchgewohnheiten wie das „Hand-zum-Mund-führen“ aufzugeben. Das therapeutische System besteht aus einem Mundstück mit auswechselbaren Kunststoffpatronen. Durch das Ziehen am Inhaler wird Nikotin abgegeben und kann über die Mund- und Rachenschleimhaut resorbiert werden.

Rezeptpflichtige Therapie In einigen Fällen kann eine Verordnung über ein Medikament zur Raucherentwöhnung nützlich sein. Die Substanz Bupropion besitzt eine antidepressive Wirkung und kommt darüber hinaus zur Unterstützung zukünftiger Nichtraucher zum Einsatz. Das Arzneimittel sorgt für einen Dopamin-Anstieg im Gehirn und gleicht dadurch die ausbleibende Zigarette aus. Eine weitere Option ist der Wirkstoff Vareniclin, der an den Nikotin-Rezeptoren ansetzt und die unangenehmen Begleiterscheinungen der Abstinenz reduziert. Beide Medikamente verursachen unter Umständen starke Nebenwirkungen, sodass sie nur unter ärztlicher Kontrolle angewendet werden dürfen.

Rauchen verlernenErlernte menschliche Verhaltensweisen lassen sich im Rahmen einer Verhaltenstherapie abgewöhnen. Dies trifft ebenso auf das Rauchen zu, denn auch hierbei ist Lernen von großer Bedeutung. Jugendliche orientieren sich am Verhalten anderer: Sie ahmen ihre Vorbilder oder Gleichgesinnte nach und beginnen mit dem Qualmen, um cool zu sein. Auch rauchende Leinwandstars verleiten junge Kinofans oft dazu, zur Zigarette zu greifen.

Kritisch wird es auch, wenn ein Jugendlicher von einem anderen Teenager eine Zigarette angeboten bekommt. Lehnt der Heranwachsende dann nicht ab, erhält er Anerkennung und fühlt sich erwachsen. Im höheren Alter dient das Rauchen vorwiegend als Auszeit im stressigen Alltag und erleichtert obendrein das Knüpfen von Kontakten. Der Einfluss dieser vielfältigen Eindrücke ist enorm und festigt die Rauchgewohnheit.

Bei einer Verhaltenstherapie erfahren Betroffene, was die Ursachen für ihr Verlangen nach der Zigarette sind. Besonders Zusammenhänge zwischen bestimmten Situationen und dem Griff zum Glimmstängel werden thematisiert. Der Patient soll schließlich die alten Muster ablegen und sie durch alternative Aktivitäten ersetzen. Daher ist es sinnvoll, sich auf dem Weg zum Nichtraucher mit neuen Hobbys zu beschäftigen oder Sport zu treiben. Ein wichtiger Bestandteil der Verhaltenstherapie sind Verstärkungen. Daher werden in Gesprächen Ziele definiert, deren Erreichen die Belohnung in Aussicht stellen. Beispielsweise kann man das Geld, das man für Zigaretten ausgegeben hätte, sparen und in eine bestimmte Sache investieren, auf die man sich freut.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/15 ab Seite 58.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

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