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West-Nil-Fieber

EINGESCHLEPPTES PROBLEM

Weltweite Mobilität bringt es mit sich, dass Krankheitserreger immer neue Regionen erobern. Zu diesen „Touristen“ gehört auch das zunächst vor allem in Afrika und Asien beheimatete West-Nil-Virus (WNV).

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Seinen Namen hat das Virus von dem ersten dokumentierten Fall, der sich 1937 in Uganda, in der Provinz West Nile ereignete. Ende des letzten Jahrhunderts wurde der Erreger erstmals in New York entdeckt – er machte durch ein zunächst rätselhaftes Krähensterben in der Stadt auf sich aufmerksam. Relativ schnell verbreitete sich die Infektion bei Menschen in den folgenden Jahren über den gesamten nordamerikanischen Kontinent.

Letztes Jahr erreichte die Erkrankungshäufigkeit mit über 5600 Fällen – darunter 286 tödlich verlaufend – Rekordhöhe. Die große Mehrzahl wurde aus südlichen Staaten wie Mississippi, Louisiana, Oklahoma und vor allem Texas sowie aus South Dakota gemeldet. Die Gesundheitsbehörden schlugen Alarm; in Dallas wurde der Katastrophenfall ausgerufen und in den besonders von Stechmücken heimgesuchten Regionen aus Flugzeugen Insektizide gesprüht.

Infektionswege Das West-Nil-Virus ist ein Flavi-Virus. Zur gleichen Gattung gehören die Erreger der Japanischen Enzephalitis, des Dengue-Fiebers und der Frühsommer-Meningoenzephalitis . Übertragen wird es durch den Stich infizierter Mücken, häufig der Gattung Culex. Diese nehmen die Viren während des Saugaktes an einem infizierten Wirt, meist einem Vogel, auf.

Auch andere Übertragungswege wie Bluttransfusionen oder die Weitergabe des Virus einer infizierten Frau auf ihr ungeborenes Kind beziehungsweise ihr gestilltes Baby sind theoretisch möglich, nicht jedoch eine Mensch-zu-Mensch-Transmission. Vom Zeitpunkt der Ansteckung mit West-Nil-Fieber bis zu einem möglichen Ausbruch der Krankheit (Inkubationszeit) können zwischen 3 und 14 Tage vergehen.

Sehr selten lebensbedrohlich Der Großteil der infizierten Menschen entwickelt kaum oder keine Symptome. Nur in circa jedem fünften Fall löst das Virus eine grippeähnliche Symptomatik aus, mit Kopf- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost und Lymphknotenschwellungen. Bisweilen kommt ein leichter Hautausschlag hinzu. Diese Beschwerden setzen meist relativ plötzlich ein und dauern etwa eine Woche, in Einzelfällen auch deutlich länger. Danach erholen sich die Betroffenen wieder vollständig. Nur etwa einer von 150 Infizierten erkrankt schwerer.

Da das Virus offenbar die Blut-Hirn-Schranke passieren kann, können eine Entzündung der Hirnhäute (Meningitis) oder des Gehirns (Enzephalitis) sowie schwere Lähmungserscheinungen drohen. In diesen Fällen muss mit bleibenden Schäden, in bis zu zehn Prozent sogar mit dem Tod gerechnet werden. Eine solche neuroinvasive Erkrankung soll jedoch bei weniger als einem Prozent der Infizierten auftreten.

Besonders gefährdet sind Personen mit einer geschwächten Abwehr sowie vor allem ältere Menschen. Die amerikanische Seuchenschutzbehörde CDC empfiehlt deswegen über 50-Jährigen, sich sorgfältig vor Mückenstichen zu schützen.

Diagnose und Therapie Erstere stützt sich in der Regel auf den Nachweis von Antikörpern gegen das Virus; es gibt allerdings Kreuzreaktionen mit verwandten Viren. So können die Antikörper gegen FSME bei dagegen geimpften Individuen zu einem falsch-positiven Testergebnis führen.

Daher empfiehlt das Robert Koch-Institut, dass bei entsprechendem Verdacht möglichst ein Speziallabor beauftragt werden soll. Mangels spezifischer Therapien kann man allenfalls symptomatisch behandeln, also zum Beispiel das Fieber senken und Schmerzen lindern.

In Europa angekommen Infektionen von Menschen wurden in den letzten Jahren sporadisch aus Italien, der iberischen Halbinsel, Rumänien, Russland, Serbien und Ungarn gemeldet. Im Norden Griechenlands gab es vor drei Jahren einen Ausbruch mit über 30 Todesfällen.
Als kritisch gilt die Zeit zwischen Juli und Oktober, wenn die Stechmücken aktiv sind. Insbesondere stehende Gewässer, Sümpfe und Flussniederungen bieten den Insekten optimale Bedingungen.

Prävention Das Risiko für Urlauber in betroffenen Ländern wird von Experten als (noch) nicht all zu hoch eingeschätzt, dennoch wird geraten, geeignete prophylaktische Maßnahmen zu ergreifen. Da ein Impfstoff noch nicht zur Verfügung steht, bleibt als einzige Möglichkeit, sich möglichst gut gegen Mückenstiche zu schützen: durch langärmlige Kleidung und Nutzung von Repellents. In Gebieten mit hohem Stechmückenaufkommen wird das Anbringen engmaschiger Mückengitter empfohlen.

Personen mit angegriffener Gesundheit oder höherem Alter sollten im Zweifel vor der Reise einen Reise- oder Tropenmediziner befragen.Die sehr seltenen Fälle, in denen in Deutschland ein Mensch am West-Nil-Fieber erkrankte, gehen bisher auf „importierte“ Infektionen zurück, das heißt, sie wurden im Ausland erworben.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/13 ab Seite 94.

Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin

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