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Verhütung

EINE GEFÄHRLICHE KOMBINATION?

Richtig eingenommen ist die Antibabypille eine sichere Verhütungsmethode. Doch Wechselwirkungen mit Medikamenten wie etwa einigen Antibiotika können ihren Schutz stark reduzieren.

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Die Antibabypille simuliert durch die in ihr enthaltenen Hormone Estrogen und Gestagen eine Schwangerschaft. Dadurch kommt es nicht zu einem Eisprung, das heißt, eine wirkliche Schwangerschaft wird unmöglich. Das funktioniert aber nur, wenn die Pille nicht kurz nach der Einnahme wieder ausgeschieden wird, etwa bei Durchfall oder Erbrechen.

Genauso wichtig ist es, dass ihre Hormone nicht bereits in der Leber so stark abgebaut werden, dass nur noch geringe Mengen davon im Blut zirkulieren. Bestimmte Antibiotika beeinflussen genau diese beiden kritischen Punkte und können die Antibabypille somit im schlimmsten Fall wirkungslos machen.

Dem natürlichen Prozess nachempfunden Estrogene sind im Körper für die Eientwicklung im Eierstock zuständig, sie regen außerdem den Eisprung an. Ist es zu einer Befruchtung gekommen, wirken dann Gestagene schwangerschaftserhaltend. Sie sorgen dafür, dass die Gebärmutterschleimhaut sich so verdickt, dass Spermien nicht mehr eindringen können, unterstützen das Heranreifen des Eis in der Gebärmutter und verhindern einen weiteren Eisprung. Die in der Antibabypille enthaltenen Hormone gaukeln dem Körper vor, dass er bereits schwanger ist und verhindern so eine tatsächliche Empfängnis.

Antibabypillen enthalten künstliche Estrogene, meist Ethinylestradiol, und synthetische Gestagene als Kombiwirkstoffe. Pillen, die nur Gestagen enthalten wie die Minipille, werden als Einzelstoffpräparate bezeichnet. Die Kombi-Pillen werden meist über einen Zeitraum von 21 Tagen mit einer siebentägigen Pause eingenommen. In dieser Pillenpause kommt es dann zur Abstoßung der Gebärmutterschleimhaut und damit zu einer Blutung , die meist schwächer ist als die natürliche Regelblutung.

SONDERFALL
Monopräparate und die „Pille danach“ arbeiten nur mit Gestagenen (die „Pille danach“ mit einer erhöhten Gestagen-Konzentration). Da diese jedoch auch über die Leber verstoffwechselt werden, sind sie ebenso wie Kombinationspräparate von den Wechselwirkungen der leberenzyminduzierenden Antibiotika mit Rifampicin und Rifabutin betroffen. Darüber hinaus gilt auch hier: Die Schädigung der Darmflora sowie die Gefahr des Erbrechens oder von Durchfall kann auch bei Monopräparaten oder der Pille danach die Wirksamkeit stark reduzieren – egal, welches Antibiotikum dafür verantwortlich ist.

Häufig geht man auch schon dazu über, die Pille ohne Pause mehrere Monate durchzunehmen (Langzyklus-Einnahme), um den Körper nicht jeden Monat quasi der Illusion eines Schwangerschaftsabbruches auszusetzen. In den über fünfzig Jahren, in denen die Pille in Deutschland auf dem Markt ist, wurde die Hormonkonzentration außerdem immer wieder reduziert, um die anfangs doch erheblichen Nebenwirkungen zu lindern.

Das führte zu einer Gruppe von Antibabypillen, die die Blutspiegelkonzentration der künstlichen Hormone gerade so hoch halten, dass es für eine kontrazeptive Wirkung ausreicht. Doch damit wurde natürlich auch die Toleranzschwelle für störende Einflüsse wesentlich niedriger.

Zu rascher Abbau kann Wirksamkeit beeinträchtigen Im Gegensatz zum natürlichen Estradiol wird das in der Antibabypille enthaltene Ethinylestradiol in der Leber nicht so stark durch das Cytochrom P450-Enzymsystem abgebaut, sodass es eine höhere Bioverfügbarkeit besitzt. Hierzu trägt auch bei, dass ein Teil des Ethinylestradiols in der Leber an Sulfat oder Glucuronsäure gebunden und über die Galle wieder in den Darm geleitet wird, wo es freigesetzt und wieder absorbiert werden kann.

»Ist im Beipackzettel der Pille keine Wechselwirkung vermerkt, wurde diese wissenschaftlich nicht nachgewiesen.«

Antibiotika bringen die natürlichen Abläufe in Darm und Leber durcheinander. So vernichten sie nicht nur schädliche, sondern leider auch die hilfreichen Bakterien der Darmflora, die uns bei der Verdauung helfen. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass die Wirkstoffe der Pille nicht richtig aufgespalten werden können, was letztendlich den Blutspiegel des Ethinylestradiols beeinflusst. So konnte in Einzelfällen gezeigt werden, dass Frauen bei gleichzeitiger Einnahme von Antibiotika wie Penicillinen oder Tetrazyklinen einen stark verringerten Ethinylestradiol-Blutplasma-Spiegel aufwiesen.

Da die Fallzahlen jedoch sehr gering waren oder es nicht ersichtlich war, warum gerade diese Frauen so reagierten, wurde hier keine allgemeine Warnung ausgesprochen. Zweifellos wissenschaftlich nachgewiesen ist die Wechselwirkung jedoch bei Antibiotika, die das Cytochrom P450-System induzieren. Dazu gehören alle Arzneimittel mit den Wirkstoffen Rifampicin und Rifabutin.

Durch die verstärkte Enzymaktivität wird Ethinylestradiol deutlich schneller abgebaut als vorgesehen, sodass der benötigte Blutplasma-Spiegel nicht mehr erreicht werden kann – die Pille wird unwirksam. Gleiches gilt, wenn es durch die Einnahme von jeglichen Antibiotika zu Erbrechen oder Durchfall kommt, sodass nicht genug Wirkstoff über den Darm ins Blut gelangen kann.

Sieben Tage extra Sicherheit Viele Frauen sind sich unsicher, ob sie bei einer Antibiotikakur die Pille nicht besser absetzen sollten. Frauenärzte raten jedoch, die Pille ganz normal weiter einzunehmen. Ob die Empfängnisverhütung noch gegeben ist, können Ihre Kundinnen über den Beipackzettel herausfinden. Ist dort keine Wechselwirkung vermerkt, wurde diese wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Ist sie jedoch angegeben, kann nur eine zusätzliche Verhütung, zum Beispiel mit Kondomen, schützen – und zwar so lange, bis nach der Antibiotikakur wieder sieben Antibabypillen ordnungsgemäß eingenommen wurden.

Im schlimmsten Fall kann das 14 Tage dauern, wenn das letzte Antibiotikum an Tag 21 der Pillenpackung genommen wurde. Dann muss während der Pillenpause zusätzlich verhütet werden und dann noch einmal, bis die ersten sieben Pillen der neuen Packung eingenommen wurden. Wenn das Antibiotikum über sieben Tage genau in der Pillenpause genommen wurde, ist lediglich währenddessen kein zusätzlicher Schutz nötig. In dieser Zeit werden dem Körper keine kontrazeptiven Wirkstoffe zugeführt, der Blutplasma-Spiegel sinkt also sowieso, damit der Körper auf „Schwangerschaftsabbbruch“ schalten kann.

Ähnlich wie bei der normalen Regelblutung ist in dieser Zeit auch ohne Verhütungsmethoden keine Empfängnis möglich. In den sieben Tagen nach der Pillenpause muss hingegen trotzdem wieder zusätzlich verhütet werden. Viele Frauenärzte empfehlen mittlerweile jedoch, nach einer Antibiotikakur, die zwischen den Tagen 8 und 21 der Pillenpackung endet, die Pillenpause ganz wegzulassen und nach den 21 Tagen direkt mit der nächsten Packung weiterzumachen. Dadurch reduziert sich die Zeit, die man extra verhüten muss, wieder auf sieben Tage.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/15 ab Seite 120.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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