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Ice Bucket Challenge

EIN MAL EISWASSER, BITTE!

Wer vor der kalten Dusche kneift, soll spenden. Mit der IBC wird auf die Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), bei der Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark absterben, aufmerksam gemacht.

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Ein Eimer voller Wasser mit Eiswürfeln und die Entschlossenheit, sich das Ganze über den Kopf zu gießen: Der Trend der Ice Bucket Challenge hat über soziale Netzwerke wie Facebook nicht nur Prominente erreicht. Ob Helene Fischer, Mark Zuckerberg oder Ex-US-Präsident George W. Bush – sie alle haben bereits einen Kübel Eiswasser über den Kopf bekommen.

Im Anschluss an die kalte Dusche nominiert der jeweilige Teilnehmer drei weitere Personen, die es ihm innerhalb von 24 Stunden gleich tun müssen. Wer sich scheut, der soll 100 US-Dollar an die ALS Association spenden. Natürlich ist es auch möglich, die Herausforderung anzunehmen und trotzdem einen finanziellen Beitrag zu leisten.

Ein Kübel Aufmerksamkeit Vor allem Prominente inszenieren die Herausforderung gerne und präsentieren ihre kalte Dusche auf Videos im Internet, sodass man das Gefühl bekommen könnte, es würde nur mitgemacht, um ins Gespräch zu kommen. Immer größer wird allerdings auch die Gruppe derer, die die Dusche ablehnen und darauf hinweisen, dass es noch andere Hilfsbedürftige auf der Welt gebe.

Fest steht jedoch, dass der Internettrend das Spendenaufkommen in den letzten Wochen vervielfacht hat. Übrigens: der Initiator der Aktion Corey Griffin, der die Challenge über sämtliche soziale Netzwerke verbreitet hat, ist kürzlich bei einem Badeunfall im US-Bundesstaat Massachusetts ums Leben gekommen.

Was passiert bei ALS? In Europa wurde das Leiden durch den britischen Physiker und Astrophysiker Stephen Hawking bekannt, der von einer speziellen ALS-Form mit einem extrem langen Verlauf (chronisch juvenile ALS) betroffen ist. Die Amyotrophe Lateralsklerose, auch Luz-Gehring-Syndrom oder nach seinem Erstbeschreiber Jean-Martin Charcot auch Charcot-Krankheit benannt, ist eine degenerative Erkrankung des zentralen und peripheren Nervensystems. Dabei werden Nervenzellen, welche die Muskulatur steuern (Motoneuronen), zerstört.

ERLEICHTERUNG IM ALLTAG
Um Personen mit ALS die Kommunikation mit ihren Mitmenschen zu ermöglichen, werden Alphabet- oder Bildtafeln genutzt. Auch computergestützte Kommunikationshilfen gewährleisten weiterhin die Verständigung mit Familie, Freunden und Bekannten – spezielle Systeme befähigen Patienten mit fortgeschrittenen Lähmungserscheinungen zu Gesprächen durch Augenbewegungen. Sogenannte Brain-Computer-Interfaces übertragen Gehirnströme auf einen Computer und entschlüsseln diese.

Man unterscheidet zwei Arten von motorischen Neuronen: Die erste Nervenfaser leitet Impulse von der Hirnrinde an das zweite Motoneuron weiter, dieses überträgt durch seine Aktivität Nervenimpulse an die Skelettmuskulatur. Bei einer Störung des ersten Motoneurons treten spastische Lähmungen mit erhöhter Muskelspannung und Reflexen auf. Ist die zweite motorische Nervenfaser betroffen, resultiert eine atrophische Lähmung und es kommt zu Muskelschwund.

Tödliche Nervenkrankheit Charakteristisch für ALS sind Faszikulationen (unwillkürliche Bewegungen sehr kleiner Muskelgruppen) sowie schmerzhafte Muskelkrämpfe. Patienten leiden unter Sprech-, Schluck- und Gangstörungen, ihre Koordination ist beeinträchtigt und die Muskulatur der Arme stark geschwächt. Bei manchen Betroffenen kommt es zu pathologischem Lachen oder Weinen, welches der Situation nicht angemessen ist. Da aufgrund der unterschiedlichen Symptome zahlreiche Aktivitäten des Alltags nicht möglich sind, ist die Lebensqualität der Patienten enorm beeinträchtigt.

Bei einer fortgeschrittenen Amyotrophen Lateralsklerose sind die Atemmuskulatur und die Lungenfunktion eingeschränkt, im weiteren Verlauf der Erkrankung tritt Luftnot auf, sodass Beatmungsmaßnahmen notwendig werden. Kommt eine Atemwegsinfektion hinzu, verschlechtert sich die Lungenfunktion nochmals. Die sogenannte respiratorische Insuffizienz ist die Hauptursache der begrenzten Lebenserwartung.

Heilung nicht möglich Die Behandlung der ALS durch ein interdisziplinäres Team (Ärzte, Ergotherapeuten, Logopäden, Physiotherapeuten sowie Psychotherapeuten) gilt als ideal. Zur medikamentösen Therapie gehört die Anwendung von Riluzol, welches die Überlebensdauer der Patienten verlängern soll. Der Wirkstoff stoppt die Zerstörung der motorischen Neuronen, indem er die Wirkung des Neurotransmitters Glutamat antagonistisch beeinflusst. Durch den Einsatz weiterer Arzneimittel werden die auftretenden Beschwerden symptomatisch bekämpft: Bei Krämpfen an einzelnen Muskeln können Chininsulfat, Magnesium oder Carbamazepin ansetzen.

Als Folge der Schluckstörungen und der geschwächten Mund- und Nackenmuskulatur kommt es zu einer Sialorrhoe, einem übermäßigen Speichelfluss aus dem Mund, den Betroffene als sehr belastend empfinden. Arzneimittel wie Scopolamin oder Amitriptylin hemmen die Speichelproduktion und vermindern somit die Beschwerden. Serotoninwiederaufnahmehemmer können die pathologischen Lach- und Weinanfälle reduzieren. Antidepressiva werden im Falle der ALS auch gegen Symptome wie Niedergeschlagenheit, Antriebsminderung oder Freudlosigkeit verordnet. Bei entsprechendem Leidensdruck erhalten Patienten Medikamente gegen Schlafstörungen oder Angstzustände.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/14 ab Seite 82.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

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