Frau hält Hände in Schritt © Voyagerix / iStock / Thinkstock
© Voyagerix / iStock / Thinkstock

Parasiten

EIN GEISSELTIER ALS SOUVENIR

Trichomonas vaginalis ist ein sexuell übertragbarer Einzeller, der zu unangenehmen Infektionen im Genitalbereich führen kann. Häufig holt man sich die Parasiten bei einem intensiveren Urlaubsflirt.

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Jucken, Brennen, unangenehmer Fischgeruch – diese Symptome können ein Hinweis auf eine Trichomoniasis sein. Auslöser der Infektion ist ein Einzeller, ein Urtierchen, das nur ungefähr 25 tausendstel Millimeter lang ist. Im Mikroskop sieht es aus wie eine Birne mit wellenförmigen Flossen am Saum und zwei peitschenartigen Auswüchsen, den Geißeln. Mit Hilfe der Geißeln ist Trichomonas in der Lage, sich eigenständig fortzubewegen.

Dies tut es bevorzugt in einem feucht-warmen, mäßig-sauren oder pH-neutralen Klima, wofür menschliche Geschlechtsorgane ideale Bedingungen bieten. Ist es hingegen zu feucht, zu heiß oder zu trocken, stirbt das Geißeltierchen sehr schnell ab. Während es sich bei Frauen bevorzugt in der Vagina einnistet, ist beim Mann vorwiegend die Harnröhre betroffen, seltener Eichel oder Penisvorhaut. Hier ernährt es sich von den Inhaltsstoffen der Zellen, die das auskleidende Epithel bilden.

Unwillkommene Reisebegleiter Die Geißeltierchen werden über die Vaginalflüssigkeit oder mit dem Sperma übertragen. Weltweit gehört die Trichomoniasis zu den häufigsten Geschlechtskrankheiten, allerdings sind die Fallzahlen in Deutschland eher niedrig. Etwa fünf bis zehn Prozent der weiblichen und etwa ein Prozent der männlichen Bevölkerung sind betroffen. Eine Trichomoniasis ist daher nicht selten ein „Urlaubsmitbringsel“, das an eine intimere Bekanntschaft erinnert, die man während einer Reise machte.

Häufig symptomlos Trichomoniasis verläuft bei fast allen Männern und bei zwei Dritteln der Frauen völlig ohne Symptome. Dadurch kann die Krankheit über Jahre unerkannt bleiben, sodass unbeabsichtigt noch weitere Geschlechtspartner angesteckt werden. Verläuft die Infektion symptomatisch, zeigen sich die ersten Anzeichen in der Regel 5 bis 28 Tage nach der Übertragung. Frauen verspüren dann meist ein Jucken und Brennen in der Scheidengegend und die Schleimhäute im Genitalbereich röten sich und schwellen an.

Es entwickelt sich eine eitrige Entzündung, die die Schleimhäute so stark schädigt, dass es zu einer massenhaften Fehlbesiedlung der Scheide mit Keimen kommt. Meist handelt es sich um Stuhlbakterien, die eine Aminvaginose auslösen, deren Hauptsymptom ein schaumiger, fischig-übelriechender Ausfluss ist. Häufig verursacht die Trichomonasis-Infektion auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Haben die Geißeltierchen die Harnröhre besiedelt, kann das ein Brennen beim Wasserlassen verursachen.

Die Erkrankung kann sogar noch weiter aufsteigen und dann eine Gebärmutterinfektion auslösen – was im schlimmsten Fall zur Unfruchtbarkeit führen kann. Bei Männern kann sich eine Infektion der Harnröhre entwickeln, die im weiteren Verlauf auch auf Prostata und Nebenhoden übergreifen kann. Eitriger Ausfluss ist bei Männern eher selten. Wenn doch, führt er kaum zu Schmerzen, sodass er oft gar nicht wahrgenommen wird.

Schnelle Diagnose Die Verdachtsdiagnose ist vom Gynäkologen aufgrund der charakteristischen Symptome schnell gestellt. Gesichert wird sie durch einen Vaginalabstrich, in dem die umherschwimmenden Geißeltierchen unter dem Mikroskop meist gut erkennbar sind. Oft weist auch ein pH-Wert der Scheide von über 6,0 auf eine Trichomoniasis hin. Er ist ein Zeichen dafür, dass die Scheidenflora gestört ist, sodass die normalerweise vorherrschenden Milchsäurebakterien durch andere Vaginalbakterien wie Gardnerella oder Haemophilus verdrängt werden (bakterielle Vaginose).

Differentialdiagnostisch müssen Chlamydien, Gonokokken und Syphilis-Erreger ausgeschlossen werden. Behandelt wird eine Trichomoniasis mit Antibiotika, meist mit dem Wirkstoff Metronidazol. In der Regel reicht die ein- bis zweimalige Gabe von einem bis zwei Gramm aus. Sind bei der Kontrolluntersuchung nach einer Woche noch Erreger vorhanden, wird die Therapie fortgeführt. Wichtig ist, dass der Sexualpartner mitbehandelt wird, damit eine gegenseitige Ansteckung, der Ping-Pong-Effekt, ausbleibt. Solange eine Infektion akut ist, sollten Betroffene auf Geschlechtsverkehr verzichten.

Auf und Ab Wie auf jede Infektion reagiert das Immunsystem auch bei einer Trichomoniasis mit der Produktion von Abwehrzellen. Diese können die Parasiten zwar kurzfristig dezimieren, auf lange Sicht ist die Infektion aber vom Körper alleine schwer zu bekämpfen. Zu Spontanheilungen ohne zusätzliche Therapie kommt es nur bei etwa 20 Prozent der Betroffenen, die meisten davon sind Männer. Die wiederholten Angriffe des Immunsystems können dazu führen, dass eine Trichomoniasis nicht diagnostiziert wird, nämlich dann, wenn der Vaginalabstrich in einer Zeit mit geringer Erregerlast genommen wird.

Erhöhtes Infektionsrisiko Im Prinzip ist eine Trichomoniasis auch über längere Zeit für die Betroffenen nicht lebensgefährlich. Allerdings wird die Barrierefähigkeit der befallenen Schleimhaut durch die Entzündung herabgesetzt, was die Frauen anfälliger für Infektionen mit anderen Krankheitserregern macht. So haben beispielsweise auch das humane Papillomvirus oder das HI-Virus ein leichteres Spiel. HIV-positive Frauen mit Trichomoniasis scheiden durch den Ausfluss wiederum deutlich mehr HI-Viren aus – tragen also ihrerseits ein größeres Ansteckungsrisiko für andere.

Sonderfall Schwangerschaft Verschiedene Faktoren können einer Trichomoniasis Vorschub leisten. So ist beispielsweise ein Östrogenmangel in der Scheide ein Grund für eine erhöhte Anfälligkeit. Auch Schwangere haben ein erhöhtes Infektionsrisiko – und das kann für das ungeborene Leben gefährlich werden. Zum einen können Frauen die Infektion bei der Geburt auf das Kind übertragen, was beim Neugeborenen Atembeschwerden auslösen kann. Zum anderen kann die Erkrankung während der Schwangerschaft zu vorzeitigen Wehen und somit zu Frühgeburten führen.

Vereinzelt gibt es Hinweise auf eine geistige Beeinträchtigung von infizierten Babys. Stellt der Arzt während einer Schwangerschaft eine Trichomoniasis fest, sollte diese daher unbedingt behandelt werden. Orales Metronidazol ist jedoch im ersten Trimenon einer Schwangerschaft kontraindiziert. Ist es unbedingt nötig, wird es daher im ersten Schwangerschaftsdrittel als Vaginalzäpfchen verschrieben. Danach kann es auch oral verabreicht werden, wobei man dann mehrere kleinere Dosen anstelle einer hohen Einzeldosis einsetzt. Auf jeden Fall muss die Behandlung mit dem Arzt und der Patientin individuell nach einer ausführlichen Risiko-Nutzen-Abwägung entschieden werden.

Vorbeugung ist möglich Die beste Vorbeugung gegen eine Trichomoniasis ist geschützter Geschlechtsverkehr mit Kondomen. Außerdem sollte man auf eine gute Intimhygiene achten. Nach einem Sauna- oder Schwimmbadgang sollte man sich im Intimbereich gut abtrocknen. Unterwäsche aus Baumwolle ist ebenfalls eher zu empfehlen als solche aus Kunstfaser. Auch wenn eine Übertragung durch Textilien eher selten ist, sollte man Handtücher, die man für den Intimbereich verwendet, nicht teilen und regelmäßig bei hohen Temperaturen waschen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/18 ab Seite 104.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

×