© DIE PTA IN DER APOTHEKE
© DIE PTA IN DER APOTHEKE

Drei Pflanzen

DREI MIT WEISSEN BLÜTEN

Augentrost, Wasserschierling, Eberesche – drei ganz unterschiedliche Gewächse aus unterschiedlichen Pflanzenfamilien, die nur eines gemeinsam haben: die weiße Farbe ihrer Blüten.

Seite 1/1 5 Minuten

Seite 1/1 5 Minuten

Während die eine Pflanze wegen ihrer besonderen Blüten besticht, imponiert die andere angesichts ihrer Größe und schüchtert zugleich durch ihre außerordentliche Giftigkeit ein. Die Dritte im Bunde wird aufgrund ihrer dekorativen Blüten und Früchte geschätzt.

Eine Freude für die AugenDer Gemeine Augentrost (Artenkomplex Euphrasia officinalis) ist auf den ersten Blick eine eher unscheinbare kleine Pflanze, deren Höhe zwischen zwei und 30 Zentimetern variiert. Ihre Stängel sind aufrecht, weich und drüsig behaart. Sie tragen scharf gesägte Laubblätter von länglich-ovaler Form, die im unteren Teil wechselständig und oben gegenständig angeordnet sind. Der einjährige Augentrost aus der Familie der Sommerwurzgewächse (Orobanchaceae) wächst auf mageren, ungedüngten, trockenen Wiesen und Weiden bis in Höhen von über 2000 Metern. Als Halbschmarotzer besitzt er Saugfüße, über die er mit den Wurzeln seiner Wirtspflanze verbunden ist und sich darüber mit Wasser und Mineralstoffen versorgt.

Da der Augentrost so den Wuchs der umgebenden Wiesen- und Weidepflanzen beeinträchtigt, hat er auch den Namen Wiesenwolf oder Weiddieb erhalten. Seine Bezeichnung Milchdieb nimmt auf das schlechte Wachstum der sich in Nachbarschaft befindlichen Gräser Bezug, weswegen weidende Kühe weniger Nahrung zum Fressen erhalten und folglich einen geringeren Milchertrag liefern. Von Mai bis Oktober erscheinen kleine weiße Blüten, die dicht gedrängt in den oberen Blattachseln sitzen. Jede einzelne Rachenblüte besteht aus einer dreilappigen Ober- und einer zweilappigen Unterlippe. Die gesamte Blütenkrone weist feine violette Adern auf und auf der Unterlippe befindet sich ein gelber Fleck.

Da die Form und Zeichnung der Blüten an ein Auge mit Wimpern erinnern, hat die Signaturenlehre aus dem späten Mittelalter Augentrost als Augenheilmittel eingeführt. Auch der deutsche Name sowie weitere volkstümliche Bezeichnungen (z. B. Augenklar, Augendank) verweisen auf die jahrhundertelange Verwendung in der Augenheilkunde. Noch heute wird Augentrost in pflanzlichen Präparaten zur Beruhigung gereizter oder überanstrengter Augen genutzt. Besonders verbreitet ist der Gebrauch von Augentropfen in der Homöopathie und Anthroposophie gegen Augenentzündungen, die mit vermehrter Tränenabsonderung einhergehen.

Hochgiftige SumpfpflanzeImposant ist hingegen der Wasserschierling (Cicuta virosa L.) mit einer Wuchshöhe von bis zu 150 Zentimetern. Das Gewächs aus der Familie der Doldenblütler (Apiaceae) zählt zu den gefährlichsten Giftpflanzen in Deutschland. Die Giftwirkung ist in Synonymen wie Kuhtod, Sumpfgift oder Giftiger Wassermerk eingeflossen. Auch der Artname leitet sich von lat. virus = Gift ab und kennzeichnet den Wasserschierling als Giftpflanze. Die in Nord-, Mitteleuropa und Asien beheimate Pflanze wächst bei uns vor allem in Norddeutschland an den feuchten Verlandungsbereichen stehender Gewässer wie Seen, Tümpel oder Gräben und in Sümpfen.

Der aufrechte Stängel der hochgiftigen Sumpfpflanze ist am Grund verdickt, mit feinen Rillen versehen und innen hohl. Er trägt große, zwei- bis dreifach gefiederte, grasgrüne Blätter, die der Petersilie ähneln. Die einzelnen Fiederabschnitte haben eine lineal-lanzettliche Form und einen scharf gesägten Rand. Die unteren Laubblätter sind lang, die oberen lediglich kurz gestielt oder fast sitzend. Von Juli bis August leuchten reichblütige Dolden mit 15 bis 20 Strahlen, die aus weißen Einzelblüten zusammengesetzt sind. Daraus entwickeln sich im August bis September kleine gelblich-braune Früchte. Sie haben eine eiförmige bis fast runde Form und sind gerippt. Es handelt sich um Doppelachänen, deren Teilfrüchtchen sich schwer voneinander trennen lassen. Sie besitzen ein Schwimmgewebe mit dem sie schwimmfähig sind, was ihrer Verbreitung dient. Ebenso ist das knollenartig verdickte, hohle Rhizom des Wasserschierlings innen mit querliegenden Luftkammern versehen.

Damit hat sich die Pflanze nicht nur an den sauerstoffarmen Lebensraum angepasst. Sie ist zudem ebenso in der Lage zu schwimmen, sodass sie sich auch in weiter entfernten Gebieten ansiedeln kann. Äußerlich erinnert das unterirdische Organ an essbare Rhizome von Kerbel, Pastinake, Wilde Möhre, Sellerie oder der glatten Petersilie. Das verführt ebenso wie der süße Geschmack zum Verzehr der Wurzelknollen. Allerdings löst schon das Kauen Vergiftungserscheinungen aus und zwei bis drei Gramm der frischen Wurzel haben bereits eine tödliche Wirkung. Die Toxizität beruht auf Polyinen, die in den Kammern der Wurzelknollen angereichert sind. Zu den ersten Anzeichen einer Vergiftung gehören ein Brennen im Mund- und Rachenbereich, Bauchschmerzen, Übelkeit und heftiges, lang andauerndes Erbrechen. Später folgen Krampfanfälle und Bewusstlosigkeit. Der Tod tritt durch Atemlähmung ein. Die Sterblichkeitsrate ist mit 30 bis 50 Prozent hoch.

Das Rhizom des Wasserschierlings erinnert an Pastinaken, doch schon das Kauen löst Vergiftungen aus.

Ungenießbare Beeren Ebenso sollten die leuchtend rot gefärbten frischen Früchte der Eberesche (Sorbus aucuparia), einer Pflanzenart aus der Gattung der Mehlbeeren (Sorbus) innerhalb der Familie der Rosengewächse (Rosaceae), nicht roh gegessen werden. Die darin enthaltene Parasorbinsäure übt eine Reizwirkung auf die Schleimhäute des Magen-Darm-Traktes aus, was zu Speichelfluss, Erbrechen und Gastroenteritis führen kann. Tödliche Vergiftungen kommen in der Praxis nicht vor, da sich eine toxische Wirkung erst in hoher Dosierung entfaltet. Zudem schmecken die Früchte sehr sauer und bitter, sodass selbst Kinder sie nur in geringen Mengen naschen. Beim Trocknen nimmt die giftige beziehungsweise schleimhautreizende Wirkung der Früchte ab, da die toxische Parasorbinsäure bei Zimmertemperatur flüchtig ist und somit weitgehend eliminiert wird.

Durch Kochen kann man die Beeren schließlich vollends genießbar machen, da sich durch die hohen Temperaturen der Giftstoff in die verträgliche Sorbinsäure umwandelt. Für Vögel sind die von August bis September heranreifenden Früchte nicht giftig. Sie dienen ihnen vielmehr bis in den Winter hinein als wertvolle Nahrung. Daher wird die Eberesche auch Vogelbeere oder Drosselbeere genannt. Botanisch sind die Früchte allerdings keine Beeren. Es handelt sich vielmehr um kleine dreifächerige Apfelfrüchte, die einen Durchmesser von etwa einem Zentimeter aufweisen und drei Samen beinhalten. Eine Vielzahl kugeliger Früchte bildet einen hängenden Fruchtstand. Dieser entwickelt sich aus den kleinen weißen, etwas unangenehm riechenden Blüten, die von Mai bis Juli erscheinen.

Sie sind in schirmförmigen Trugdolden mit 200 bis 300 Einzelblüten angeordnet. Jede Einzelblüte hat einen Durchmesser von etwa 10 Millimetern und setzt sich aus je fünf Kelch- und Kronblättern mit 20 Staubblättern zusammen. Aufgrund der dekorativen Blüten- und Fruchtstände wird der gelegentlich bis zu 20 Meter hoch werdende Baum häufig in der Stadt als Alleebaum oder in Gärten und Parks als Zierbaum angepflanzt. Leicht zu erkennen ist die sommergrüne Eberesche an ihren etwa 15 Zentimeter langen, unpaarig gefiederten Blättern. Die einzelnen sieben bis acht Zentimeter langen Fiederblätter besitzen einen gesägten Rand und sitzen mit einem kurzen Stil an einer etwa 20 bis 25 Zentimeter langen Blattrippe.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/2020 ab Seite 78.

Gode Chlond, Apothekerin

×