© DIE PTA IN DER APOTHEKE
© DIE PTA IN DER APOTHEKE

Drei Pflanzen

DREI MIT MILCHSAFT

Bei Pflanzen, die Milchsaft führen, denken viele zuerst an den Schlafmohn. Neben den Mohngewächsen zählt das Schöllkraut, aber auch die Wolfsmilchgewächse wie die Zypressen-Wolfsmilch, zu den typischen Vertretern.

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Unter Milchsaft versteht man ein flüssiges Sekret, das im Pflanzenkörper in Milchröhren gebildet und transportiert wird. Es besitzt eine mehr oder weniger dickflüssige Konsistenz und härtet an der Luft aus. Die Bezeichnung Milchsaft rührt von seinem milchig-trüben Aussehen her. Meist ist Milchsaft weiß, selten auch gelb bis orange.

Schmerzstillend und berauschend Am bekanntesten ist der Milchsaft aus den unreifen Kapselfrüchten des Schlafmohns (Papaver somniferum L.), einer Pflanzenart aus der Familie der Mohngewächse (Papaveraceae). Der beim Anritzen der unreifen Mohnkapseln austretende Milchsaft trocknet an der Luft schnell ein und wird zu einer braunen Masse, die Opium genannt wird. Die Bezeichnung Opium wird seit der Antike verwendet und geht auf griech. opos [ὄπος] = Pflanzensaft zurück. Schon im alten Griechenland waren seine schmerzstillenden und schlafbringenden Eigenschaften bekannt und die Mohnkapsel war das Symbol für Morpheus, den Gott des Schlafes.

Auch der Artname somniferum (lat. somnus = Schlaf und lat. ferre = bringen) greift die schlafbringende Wirkung auf. Der Schlafmohn ist eine einjährige, etwa 1,5 Meter hoch werdende, krautige uralte Kulturpflanze, die heute in gemäßigtem bis subtropischem Klima in mehreren Varietäten zur Ölsaat- (z. B. in Südeuropa) sowie zur Opium- und Alkaloidgewinnung (z. B. in der Türkei, Griechenland, Indien) angebaut wird. In vielen Ländern ist der Anbau von Schlafmohn aber verboten, um seine Verbreitung als Rauschmittel und Suchtstoff zu unterbinden. So auch in Deutschland, wo seine Anpflanzung aufgrund des Betäubungsmittelgesetzes der Genehmigungspflicht unterliegt.

Für die Rausch- und Suchtwirkung ist vor allem das im Milchsaft enthaltene Alkaloid Morphin verantwortlich, das über Opiatrezeptoren an verschiedenen Stellen im Organismus wirkt. Papaver somniferum L. besitzt einen aufrechten, meist kahlen, blaugrün bereiften Stängel. Die Laubblätter sind länglich, mehr oder weniger stängelumfassend, ungleich gezähnt, wobei die unteren buchtig und die oberen Blätter ganzrandig sind. Auf jedem Stängel sitzt eine fünf bis zehn Zentimeter große, einzelne Blüte, die je nach Varietät weiße bis purpurrot gefärbte Blütenblätter aufweist. Die nach der Blühzeit (Juni bis August) übrig bleibenden kugeligen Fruchtkapseln enthalten zahlreiche Samen, die je nach Varietät eine andere Farbe aufweisen: weiß (Var. album), schiefergrau bis blau (Var. nigrum), hell- bis dunkelviolett (Var. glabrum).

Auffällig gefärbt und reizend Auch das Schöllkraut (Chelidonium majus L.) stammt aus der Pflanzenfamilie der Mohngewächse (Papaveraceae). Im Gegensatz zum weißen Milchsaft anderer Papaveraceaen ist der des Schöllkrauts orange-gelb. Er ist in allen Pflanzenteilen vorhanden und tritt beim Abzupfen der Blätter oder Abbrechen des Stängels aus der verletzten Stelle aus. Bereits die Heilkundigen der Antike setzten es beispielsweise zur Heilung von Augenerkrankungen, bei Hautausschlägen oder bei Gelbsucht ein. Später wurden diese Anwendungsgebiete in die mittelalterlichen Kräuterbücher übernommen und mit weiteren Indikationen (z. B. Zahnschmerzen) ergänzt.

Heute bestimmen die spasmolytischen Eigenschaften des Milchsafts seinen Gebrauch bei krampfartigen Beschwerden in Bereich der Gallenwege und des Magen-Darm-Trakts. Wegen seiner unerwünschten Wirkungen auf die Leber existieren aber nur noch wenige niedrig dosierte Präparate und von einer Anwendung als Teeaufguss wird abgeraten. Chelidonium majus L. wächst als typische Ruderalpflanze an Mauern, Wegrändern und auf Schuttplätzen. Je nach Standort wird sie 30 Zentimeter bis über einen Meter hoch. Aus einem dicken Wurzelstock treiben ein oder mehrere runde leicht behaarte, verzweigte Stängel. Die gefiederten Blätter sind unterseits blaugrün und erinnern mit ihrem buchtigen oder gekerbten Blattrand an Eichenblätter.

Zwischen April und Oktober erscheinen unermüdlich gold-gelbe Blüten, die charakteristischerweise nur vier Blütenblätter besitzen und in endständigen Dolden angeordnet sind. Auf die lange Blütezeit soll der Gattungsname Chelidonium (griech. chelido = Schwalbe) zurückzuführen sein. Er soll zum Ausdruck bringen, dass die Pflanze zur Zeit des Eintreffens der Schwalben zu blühen beginnt und erst bei ihrem Wegzug verblüht. Der deutsche Name Schöllkraut ist vermutlich dem griechisch-lateinischen Chelidonium entlehnt. Eine andere Erklärung führt ihn auf die mittelalterliche Bezeichnung Schelkrut zurück, welche die früher gebräuchliche Verwendung der Pflanze als Schälkraut bei Warzen aufnimmt. Noch heute dient der Milchsaft in der Volksmedizin zur Entfernung von Warzen, worauf sich das gängige Synonym Warzenkraut bezieht.

Die Pflanzen produzieren den Milchsaft als Schutz vor Tierfraß. Außerdem schützt der Milchsaft die Pflanze vor Infektionen und ermöglicht einen raschen Wundverschluss.

Ätzend und toxisch Früher wurde auch der ätzende Milchsaft der Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) als Hausmittel gegen Warzen eingesetzt. Daher trägt auch diese Pflanze ihr weit verbreitetes Synonym Warzenkraut. Euphorbia cyparissias ist eine Giftpflanze aus der Gattung der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae), die in ganz Europa bis in die alpinen Höhenstufen verbreitet ist. Die attraktive Blüten- und Blattschmuckpflanze enthält in allen Pflanzenteilen einen für die Wolfsmilchgewächse typischen weißen, reizenden Milchsaft. Auf ihn geht der deutsche Name Wolfsmilch zurück, da er dem Volksmund nach so gefährlich wie ein Wolf sein soll.

Die giftige Flüssigkeit tritt bei Verletzungen der Pflanze zum raschen Wundverschluss und zur Abwehr von Fraßfeinden aus. Sie enthält jahreszeitlich schwankend unterschiedlich hohe Konzentrationen an Triterpensaponinen und Diterpenestern (Ingenole und Phorbolester). Bei oraler Aufnahme kommt es zu starken Entzündungen der Schleimhaut mit Brennen im Mund- und Rachenbereich. Es folgen Erbrechen, Magenschmerzen und Durchfälle. Bei größeren Giftmengen kommt es zu Kreislaufstörungen bis hin zum Kollaps. Bei Hautkontakt bilden sich Rötungen, Schwellungen und Blasen. Gefährlich wird es, wenn der Milchsaft ins Auge gerät. Durch seine ätzende Wirkung können Binde- und Hornhaut geschädigt werden.

In Einzelfällen ist sogar das Sehvermögen bedroht. Die gelben Blüten der Zypressen-​Wolfsmilch schmücken im Frühsommer Gehölz- und Straßenränder sowie Bahndämme. Dort findet das Wolfsmilchgewächs trockene, sonnige bis vollsonnige Magerstandorte vor, die eine ideale Voraussetzung für ihr flächiges Ausbreiten darstellen. Die Pflanze hat einen kriechenden, bräunlichen Wurzelstock, aus dem mehrere aufrechte Stängel treiben, Sie werden bis zu 40 Zentimeter hoch und tragen schmal linearische, nadelförmige, aber weiche bläulich-​grüne Blätter, die zypressenähnlich aussehen und der Pflanze ihren Artnamen gegeben haben. Die Blüte der Zypressenwolfsmilch ist eine Trugdolde mit vielen Scheinblüten (Cyanthien), die sich aus einer weiblichen Blüte und meist zwei männlichen Blüten zusammensetzen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/19 ab Seite 122.

Gode Chlond, Apothekerin

×