© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Drei Pflanzen

DREI FÜR DIE BLASE

Bärentraubenblätter, Cranberry, Echte Goldrute – Blätter, Früchte, Kraut. Die Phytotherapie hat bei der Behandlung und Vorbeugung von unkomplizierten Harnwegserkrankungen einen hohen Stellenwert.

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Spätestens seit Aktualisierung der S3-Leitlinie zur Behandlung unkomplizierter Harnwegsinfekte im letzten Jahr werden verstärkt Phytopharmaka als alternative Behandlungsmethode eingesetzt. Gründe könnten die verschärfte Resistenzlage und die Zunahme rezidivierender Harnwegsinfekte sein – ein rationaler Antibiotikaeinsatz wird vielfach gefordert. Außerdem ist eine antibiotische Behandlung aufgrund einer hohen Spontanheilungsrate und dem zweifelhaften Einsatz von Reserveantibiotika in der Vergangenheit nicht immer zwangsläufig nötig. Bei unkomplizierten Verläufen steht daher eher die Linderung der Symptomatik im Vordergrund.

Die meisten pflanzlichen Blasentherapeutika wirken harntreibend und erhöhen so die Durchflussrate durch die Harnblase und ableitenden Harnwege, sodass Erreger ausgespült werden können. Manche zeigen zudem antientzündliche und krampflösende Eigenschaften oder verhindern, dass sich Bakterien an der Blasenwand anheften können. Die Klassiker unter den pflanzlichen Mitteln gegen Blasenentzündungen sind Bärentraubenblätter, Cranberry-Beeren und das Kraut der Echten Goldrute. Sie werden in verschiedenen Darreichungsformen angeboten und kommen einzeln und teilweise auch kombiniert zur Anwendung.

Antibakterielle Blätter Die Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi (L.) SPRENG.) ist ein immergrüner Zwergstrauch, der lediglich Wuchshöhen von 10 Zentimetern (cm) erreicht. Er gehört zur Familie der Erikagewächse (Ericaceae) und ist in den gemäßigten Zonen der nördlichen Halbkugel beheimatet. Seine kleinen, grünen, ovalen Blätter sind ledrig und glänzen auf der Oberseite. Aus den weißen oder rosafarbenen, krugförmigen Blüten, die in endständigen, überhängenden Trauben stehen, entwickeln sich scharlachrote beerenartige Früchte. Sie haben der Pflanze ihren Namen gegeben, da sie Bären als Nahrung dienen sollen (Arctostaphylos von griech. arktos = Bär, staphyle = Traube und lat. uva = Traube, ursi = Bär).

Die volkstümliche Bezeichnung Moosbeere nimmt auf die weitkriechenden Äste Bezug, die dicht am Boden kissenartige Bestände bilden. Arzneilich kommen die getrockneten Blätter zur Anwendung. Ihre desinfizierende Wirkung wurde von den Völkern der nördlichen Regionen schon lange bei Nieren- oder Steinleiden und Blasenentzündungen genutzt. In Deutschland erkannte man erst Ende des 18. Jahrhunderts ihre medizinische Bedeutung. Heute ist ihre antibakterielle und harndesinfizierende Wirkung wissenschaftlich belegt und wird hauptsächlich auf Arbutin und andere Phenolglykoside zurückgeführt. Arbutin stellt ein Prodrug dar, das im Körper in das antibakteriell wirksame Hydrochinon umgewandelt wird. Dafür gelangt das aus dem Darm aufgenommene Arbutin zunächst in die Leber, wo es zu Hydrochinonverbindungen konjugiert und über die Niere ausgeschieden wird.

Pathogene Bakterien aus dem Urin nehmen die Hydrochinonkonjugate auf und spalten sie enzymatisch in freies Hydrochinon. Dies tötet insbesondere gramnegative Bakterien ab, sodass das Wachstum der häufigsten Erreger von Harnwegsinfektionen gehemmt wird. Entgegen früherer Vorstellungen geht man heute davon aus, dass die Umwandlung zu freiem Hydrochinon nicht pH-abhängig ist. Da die Freisetzung zur Wirkform innerhalb der Bakterien stattfindet, ist eine Alkalisierung des Harns über eine Nahrungsumstellung oder Gabe von Natriumhydrogenkarbonat also nicht notwendig. Ebenfalls enthaltene Gerbstoffe hemmen das Anhaften von Erregern an der Blasenschleimhaut, vermindern so deren Virulenz und fördern ihr Ausspülen mit dem Harnstrahl. Antiphlogistisch wirkende Flavonoide beschleunigen zudem den Heilungsverlauf.

Vorbeugende Beeren Auch die ursprünglich in den Hochmooren Nordamerikas beheimatete Cranberry (Vaccinum macrocarpon Ait.) gehört zur Familie der Erikagewächse (Ericaceae). Die schon bei den Ureinwohnern Nordamerikas zum Arzneischatz gehörende Pflanze wächst ähnlich wie die Bärentraube als flächig kriechender Zwergstrauch (bis zu 15 cm hoch) und bildet mit seinen langen Ranken (bis zu einem Meter) geschlossene Teppiche. Seine kleinen, spitz zulaufenden, ledrigen Blätter sind ein bis zwei Zentimeter lang und verbleiben das ganze Jahr über an den Zweigen. Zwischen Juni und Juli blüht die Cranberry mit rosa-weißen Blüten, aus denen sich im Herbst rubinrote Beeren entwickeln.

Sie haben mit einem Durchmesser von 10 bis 20 cm etwa die Größe kleiner Kirschen, was ihr den Artnamen macrocarpon eingebracht hat, der sich von griech. makros = groß und karpos = Frucht ableitet. Auch der deutsche Namen Großfrüchtige Moosbeere spielt darauf an. Die Früchte von Vaccinum macrocarpon Ait. werden manchmal irrtümlicherweise mit denen der heimischen Preiselbeere (Vaccinum vitis-idaea) verwechselt. Auch kursiert die nordamerikanische Cranberry unter dem falschen Namen Kulturpreiselbeere. Beide Früchte stammen zwar von einem Erikagewächs, sie unterscheiden sich aber nicht nur im Erscheinungsbild, ihre Früchte enthalten zudem andere Inhaltsstoffe.

Das beste ist: Vorbeugen! Mindestens zwei Liter Wasser sollten täglich getrunken werden.

In den Beeren der Cranberry befinden sich Tannine (Cranberry-Proanthocyanidine vom Typ A), die das Andocken von Escherichia coli an den Schleimhäuten der Harnwege verhindern können, sodass bis zu 80 Prozent der uropathogenen Keime keinen Halt mehr in der Blase finden und beim Wasserlassen wieder ausgespült werden, bevor eine Infektion entstehen kann. Damit weisen sie eine vorbeugende Wirkung bei Harnwegsinfektionen auf und werden daher bei rezidivierenden, unkomplizierten Harnwegsinfekten eingesetzt, um ein Wiederkehren der Entzündungen zu verhindern oder zumindest hinauszuschieben. Auf einen bereits bestehenden Infekt scheinen sie keinen Nutzen zu haben.

Durchspülendes Kraut Auch die Echte Goldrute (Solidago virgaureae L.) aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae) wird seit Jahrhunderten als Urologikum genutzt. Das Goldrutenkraut hat einen festen Platz in der Phytotherapie. Es wird therapeutisch zur Durchspülung bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege sowie vorbeugend bei Harnsteinen und Nierengrieß aufgrund der nachgewiesenen diuretischen, antiphlogistischen, spasmolytischen, antibakteriellen und immunmodulatorischen Effekte verwendet. Ebenso ist die Reizblase inzwischen eine anerkannte Indikation.

Auf die arzneiliche Verwendung des Korbblütlers nimmt der Gattungsname Solidago Bezug, der von lat. solidus = fest, hart oder lat. solidare = zusammenfügen, gesund machen stammt. Der Artname virgaurea setzt sich aus lat. virga = Rute und lat. aurea = golden zusammen und verweist wie der deutsche Name Goldrute auf Form und Farbe des Blütenstandes. Von Juli bis Oktober erscheinen leuchtend gelbe Blütenkörbchen, die meist in zusammengesetzten Trauben oder Rispen zusammenstehen. Wie bei allen Korbblütlern bestehen die Blütenkörbchen aus einem Hüllkelch sowie männlichen Röhren- und weiblichen Zungenblüten.

Während aber normalerweise bei den Korbblütlern der Zungenblütenkranz lückenlos ist, fehlt bei der Echten Goldrute jedes zweite Zungenblütenblatt. Aus den Röhrenblüten ragen Griffel und Narbe mit Staubgefäßen weit über die Krone hinaus. Die Frucht ist eine drei bis vier Millimeter große behaarte Achäne (einsamige Schließfrucht). Als anspruchslose Staude wächst die Echte Goldrute in ganz Mitteleuropa, in Nord- und Westasien sowie in Nordafrika und Nordamerika. Sie wird bis zu einem Meter hoch und bildet einen knotigen Wurzelstock. Daraus treiben im Frühjahr aufrechte gelegentlich nach oben hin sich verzweigende rotbraune bis violette Stängel, die nur oben kurz behaart sind. An ihnen befinden sich wenige wechselständig angeordnete Laubblätter. Während die unteren Blätter Stiele aufweisen und spitz elliptisch mit gesägtem Rand sind, werden die oberen Blätter eher kurzstielig und glattrandig, ganz oben sind sie lanzettförmig.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/18 ab Seite 92.

Gode Chlond, Apothekerin

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