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Drei Pflanzen

DREI BEWEHRTE PFLANZEN

Dornen auf den Zweigen, Stacheln an den Früchten, giftige Pflanzenteile oder Brennhaare auf Stängeln und Blättern – die Natur hat vieles zu bieten, um unliebsamen Angreifern Paroli zu bieten.

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Pflanzen verfügen über verschiedene Techniken, die sie vor Fraß- und anderen Feinden schützen. Manchmal sind es eher unscheinbare Abwehrmechanismen, andere fallen sofort ins Auge.

Bedornte Zweige Offensiv geht der Weißdorn (Crataegus sp.) vor. Das drei bis zwölf Meter hoch werdende Rosengewächs (Rosaceae) aus der Gattung Crataegus vertreibt mit seinen scharfen Dornen an den Zweigen unliebsame Angreifer. Die Dornen werden aus den verholzenden Enden der Seitensprosse gebildet, weshalb sie auch die Bezeichnung Sprossdorne tragen. Sie bewahren die Pflanze nicht nur vor hungrigen Weidetieren. Sie bieten auch den Menschen seit jeher vor Feinden Schutz. Früher war der Dornenstrauch eine beliebte Wildsträucherhecke, die als lebender Zaun diente, um alles Böse fernzuhalten. Synonyme wie Hage- (von germanisch haga = Hecke), Hecken- oder Zaundorn verweisen auf seine Anpflanzung als Zaunhecke rund um die Gehöfte. Die weiße Blütenpracht und die Dornen an den Zweigen gaben der Pflanze ihren am weitesten verbreiteten Namen: Weißdorn. Die botanische Bezeichnung Crataegus (von griech. krataios = fest oder stark) nimmt auf das harte Holz des Weißdorns Bezug. Auch dieses sollte eine starke Schutzwirkung aufweisen. Von der mehrere hundert Arten umfassenden Gattung Crataegus sind zwei bei uns heimisch.

Crataegus monogyna JACQ. und Crataegus laevigata (POIR.) D.C. prägen im Mai und Juni mit ihren weißen Blüten, die in Doldenrispen angeordnet sind, die Landschaft an Waldrändern und Wegen. Den Blüten entströmt ein starker, unangenehmer Geruch, der an Heringslake erinnert und auf Trimethylamin zurückzuführen ist. Weitere Merkmale der baumartigen Sträucher sind ihre gelappten Blätter und kleinen, leuchtend roten Scheinfrüchte, die an Hagebutten erinnern. Bereits im 14. Jahrhundert hatte man den arzneilichen Wert des Rosengewächses entdeckt. Seitdem hat der Weißdorn einen festen Platz in der Volksmedizin gefunden. Zunächst wurde er als Mittel gegen Durchfall, Gicht oder gegen nervöse Beschwerden und Ängste beschrieben. Später fand die Pflanze als Herztonikum Eingang in die Kräuterbücher. Mitte des 19. Jahrhunderts war sie zunächst ein bewährtes Mittel der Homöopathie bei verschiedenen Herzkrankheiten. Wenig später wurde Weißdorn auch als wirksames Herztherapeutikum in der allgemeinen Heilkunde anerkannt. Heute zählt Weißdorn zu den am besten untersuchten Arzneipflanzen. Arzneilich werden die getrockneten Blätter und Blüten (Crataegi folium cum flore) sowie die Früchte (Crataegi fructus) genutzt.

Stacheln, Dornen, Gift – einige Pflanzen geben alles, um sich und ihre Früchte vor Fressfeinden zu schützen.

Stacheliges Gift Andere Pflanzen wie der Gemeine Stechapfel (Datura stramonium L.) aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae) verteidigen sich auf zweierlei Art und Weise. Zum einen besitzt der Gemeine Stechapfel bis zu fünf Zentimeter große stachelige Fruchtstände, die der Pflanze ihren Namen gegeben haben. Damit schützt sie ihre Früchte klar ersichtlich vor dem Verzehr. Zudem ist das ursprünglich aus Mittelamerika stammende Nachtschattengewächs in allen Pflanzenteilen stark giftig, was den Widersachern vollends den Appetit verdirbt. Bereits der Gattungsname verweist auf die Toxizität. Datura bezieht sich wahrscheinlich auf Dhattura, einem Gift aus Datura metel, einer indischen Stechapfelart. Der Artname stramonium soll sich von den griechischen Worten strychon manikon ableiten, was mit „rasend machendes Gift“ übersetzt wird. Im Mittelalter schätzte man die halluzinogenen Eigenschaften der Giftpflanze und setzte sie als magisch-rituelle Rauschdroge ein.

Der Stechapfel wurde – wie auch die anderen toxischen Nachtschattengewächse Bilsenkraut (Hyoscyamus niger L.) und Tollkirsche (Atropa belladonna L.) – in dubiosen Hexensalben verarbeitet. Die halluzinogenen und toxischen Wirkungen sind auf eine Vergiftung mit Hyoscyamin (beziehungsweise seinem Racemat Atropin) und Scopolamin zurückzuführen. Diese stark giftigen Tropanalkaloide finden sich im Stechapfel in allen Pflanzenteilen, wobei der Gehalt in der Wurzel und in den Samen am höchsten ist. Bereits 15 bis 20 Samen gelten für Kinder als tödliche Dosis. Der Gemeine Stechapfel ist in den gemäßigten Klimazonen auf Schutt- und Brachland, an Wegrändern und als Ackerunkraut auf Feldern zu finden und erreicht an günstigen Standorten eine Höhe von weit über einem Meter. An ihren kahlen aufrechten und gabelartig verzweigten Stängeln wachsen etwa handgroße, buchtig gezähnte, eiförmige Blätter. Besonders auffällig sind ihre bis zu acht Zentimeter langen, weißen trichterförmigen Blüten. Sie erscheinen zwischen den Achseln der Stängel zwischen Juni und Oktober und öffnen sich nur abends, wenn Nachtfalter umherschwirren. 

Unscheinbare Brennhaare Die Brennnessel setzt sich mit haarähnlichen Strukturen, die sich am Stiel und oberhalb der Blätter befinden, eher unauffällig zur Wehr. Bereits bei leichter Berührung brechen die kleinen Köpfchen dieser Haare ab und hinterlassen eine scharfe Spitze, die sich mitsamt Inhalt in die Haut hineinbohrt. Reizstoffe wie Acetylcholin, Serotonin und Histamin sorgen für ein schmerzhaftes Brennen. Darauf nehmen sowohl die deutsche Bezeichnung Brennnessel als auch der lateinische Gattungsname Urtica Bezug, der sich von lateinisch urere = brennen ableitet. Die Brennnessel ist eine Ruderalpflanze, die überall wächst. Man findet sie besonders häufig an Wegrändern, auf Schuttstellen und selbst im Garten, wo sie ein unerwünschtes Unkraut ist. Aus der Familie der Brennnesselgewächse (Urticaceae) dienen zwei Arten als Arzneipflanze, wobei vor allem das Kraut und die Blätter aufgrund ihrer entwässernden und entzündungshemmenden Wirkungen bei rheumatischen Beschwerden, zur Durchspülungstherapie bei entzündlichen Erkrankungen der Harnwege sowie vorbeugend und zur Behandlung von Nierengrieß genutzt werden.

 

Die Große Brennnessel (Urtica dioica L.) ist eine 60 bis 150 Zentimeter hohe ausdauernde Staude mit einem vierkantigen Stängel, der dicht mit Brenn- und Borstenhaaren besetzt ist. Die grob gesägten Blätter stehen kreuzgegenständig, sind am Grund herzförmig und laufen spitz zu. Die Blüten zeigen sich als kleine, unscheinbare Rispen, wobei männliche und weibliche Blüten auf verschiedenen Pflanzen stehen. Der Artname dioica = zweihäusig, der sich von griechisch di = zwei und oikos = Haus ableitet, verweist darauf. Die Kleine Brennnessel (Urtica urens L.) ist mit zehn bis 50 Zentimeter Höhe deutlich kleiner. Ihre eher rundlichen Blätter sind oberseits glänzend und am Rand tiefer und unregelmäßiger gesägt. Auch diese Brennnesselart ist mit Brennhaaren übersät und verursacht ein unangenehmes Brennen, was sich in ihrem Artennamen urens, der den Gattungsnamen verstärkt, widerspiegelt. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/19 ab Seite 78.

Gode Chlond, Apothekerin

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