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Epistaxis

DRAMATISCH, ABER MEIST UNGEFÄHRLICH

Nach einem Schlag auf die Nase oder einem Sturz ist Nasenbluten nichts Ungewöhnliches. Doch plötzliches Bluten ohne erkennbaren Grund ist zuerst einmal beängstigend.

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Unsere Nase muss riechen, Atemluft anwärmen und filtern. Um diese komplexen Aufgaben perfekt zu erfüllen, ist die Nasenschleimhaut besonders stark durchblutet. Bei mechanischen Manipulationen kommt es daher leicht zu Blutungen. Am häufigsten ist eine Verletzung der Gefäße im vorderen Nasenschleimhautbereich, denn dort sitzt der Kiesselbach-Plexus, ein dichtes Geflecht von Blutgefäßen, das von der Keilbein-Gaumen-Arterie gespeist wird.

Die Blutgefäße in diesem Abschnitt liegen besonders nah an der Oberfläche der Schleimhaut und sind zudem sehr dünnwandig. Fremdkörper oder starke Druckschwankungen wie beim heftigen Schnäuzen können sie leicht verletzen. Nasenbluten, medizinisch Epistaxis, das durch eine Verletzung des Kiesselbach- Plexus hervorgerufen wird, ist häufig harmlos und lässt sich in den meisten Fällen relativ leicht wieder stoppen. Es tritt auch vermehrt bei trockener Schleimhaut auf, also typischerweise bei Schnupfen oder bei Heizungsluft und in klimatisierten Räumen.

Schwangere leiden ebenfalls häufig unter Epistaxis, weil durch den veränderten Hormonspiegel die Schleimhäute besser durchblutet werden. Dadurch schwillt auch die Nasenschleimhaut an und die werden Gefäße noch verletzlicher. Darüber hinaus kann auch ein Mangel der Vitamine C und K zu vermehrtem Nasenbluten führen, ebenso wie einige Medikamente – wie bei ASS, verschiedenen Antikoagulanzien und Gerinnungshemmern.

Erste Hilfe Das Wichtigste vorweg: Auf keinen Fall sollte man, wie früher empfohlen, den Kopf in den Nacken legen, denn dabei kann Blut in den Rachen fließen und verschluckt werden.Da es eine starke emetische Wirkung hat, kann es Brechreiz auslösen. Wenn ein Teil des Blutes verschluckt wird, kann man außerdem nicht einschätzen, wie stark die Blutung ist.

Richtig ist: Aufrecht hinsetzen und den Kopf nach vorne beugen, sodass das Blut abfließen kann. Um die Gefäßblutung zum Stillstand zu bringen, sollte man mit einem Finger mehrere Minuten lang kräftig von außen gegen das betroffene Nasenloch drücken, bis der Blutfluss versiegt. Hilfreich ist auch eine kühle Kompresse oder ein feuchtes Handtuch, das man in den Nacken oder über die Nasenwurzel legt. Durch den Kältereiz ziehen sich die Gefäße zusammen, die Blutung wird gestoppt.

WENN DIE BLUTUNG NICHT STOPPT
Hört der Blutfluss nach zwanzig, bei Kindern nach zehn Minuten nicht auf, sollte man einen HNO-Arzt aufsuchen. Er kann kleinere Gefäße des Kiesselbach-Plexus mit Silbernitrat verätzen oder mit einem Laser veröden. Manchmal ist die Wunde aber nicht erkennbar oder befindet sich im hinteren Nasen-Rachen-Raum. Dann wird ein größerer Eingriff mit Tamponaden oder Ballonkathetern notwendig, der in der Regel unter örtlicher Betäubung erfolgt. Dazu wird der Betroffene meist ins Krankenhaus überwiesen. Zum Notfall wird das Nasenbluten, wenn das Blut hell- statt dunkelrot ist und aus der Nase spritzt, der Betroffene sehr viel Blut verliert oder ohnmächtig wird. Dann sofort ins Krankenhaus oder den Notarzt anrufen! Sind größere Gefäße verletzt, oder wird die Blutung lebensgefährlich, muss das betroffene Gefäß mit einem Katheter verschlossen beziehungsweise die Keilbein-Gaumen-Arterie kurzfristig abgeklemmt werden.

Kinder haben durch Herumtoben oder Nasebohren besonders häufig Nasenbluten. Hier ist es wichtig, das Kind zuallererst zu beruhigen, denn der starke Blutfluss kann sehr beängstigend sein. Da bei empfindlichen Menschen immer die Gefahr besteht, dass sie ohnmächtig werden, dürfen sich Betroffene auf keinen Fall hinlegen. Dabei könnte Blut in die Atemwege gelangen und im schlimmsten Fall zum Ersticken führen. Außerdem sollte man keine selbst gemachten Tamponaden in die Nase stecken, denn es besteht die Gefahr, dass diese beim Entfernen die Wunde wieder aufreißen.

Nachdem das Nasenbluten gestillt wurde, sollte man nicht direkt wieder heftig die Nase putzen, sondern mindestens eine halbe Stunde warten und dann erst vorsichtig schnäuzen. Bei trockenen Schleimhäuten kann man Epistaxis vorbeugen, indem man ein Wattestäbchen mit Feuchtigkeitscreme bestreicht und damit vorsichtig den vorderen Bereich des Naseninneren eincremt.

Gerade bei Schnupfen empfiehlt sich diese Behandlung mehrmals am Tag. Dabei sollten spezielle Produkte, zum Beispiel mit dem Wirkstoff Dexpanthenol, zum Einsatz kommen; normale Hautpflegecremes, -lotionen und -öle sind nicht geeignet, da sie die Flimmerhärchen verkleben können. Auch Nasenduschen mit einer leichten Salzlösung können die Schleimhäute feucht halten und so das Risiko für Nasenbluten verringern.

Nicht alle Ursachen sind harmlos Verursacht werden kann Epistaxis auch durch einen Fremdkörper in der Nase, Blutergüsse oder Eiter in der Nasenscheidewand nach einer Verletzung sowie knöcherne Ausbuchtungen der Nasescheidewand, die diese verletzen. Häufig auftretendes Bluten sollte man daher auf jeden Fall ärztlich abklären lassen. Dazu wird ein HNO-Arzt zuerst Nase, Gehörgang und Nebenhöhlen endoskopisch, wenn nötig auch mit weiteren bildgebenden Verfahren untersuchen und dadurch auch andere Ursachen, wie Nebenhöhlenerkrankungen, ausschließen.

So kann ein Barotrauma, also eine Luftdruckausgleichsstörung der Nebenhöhlen, Blutungen auslösen, die über die Nase austreten. Ebenso kommt Nasenbluten häufig bei gut- oder bösartigen Tumoren der Nebenhöhlen vor. Findet der HNO-Arzt keine Ursache, werden mögliche andere zugrunde liegenden Krankheiten durch Labortests abgeklärt. In seltenen Fällen ist das Nasenbluten nämlich nur ein Symptom für eine andere Erkrankung. So kann es bei Diabetes, Blutgerinnungsstörungen, einigen seltenen Erbkrankheiten oder Autoimmunerkrankungen auftreten.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/12 auf Seite 58.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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