Hund mit Stethoskop © alex_ugalek / iStock / Getty Images Plus
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Tiere als Therapeuten

DOKTOR HUND

Gassi an der frischen Luft, weiches Fell streicheln, fürsorglich kümmern, immer jemanden um sich haben: Des Menschen bester Freund sorgt ganz maßgeblich für dessen Gesundheit. Studien belegen inzwischen die große Effizienz der Mediziner auf vier Pfoten.

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Schon der berühmte Minnesänger des späten Mittelalters Walther von der Vogelweide wusste: „Ein tier macht dem herze wol“: Dieses Wohl gilt nicht nur dem Herzen und wird uns ganz besonders ausgeprägt von Hunden geschenkt. Hundebesitzer leben glücklicher, länger und auch gesünder als Zeitgenossen ohne Begleitung mit Fell. Das haben viele Untersuchungen weltweit gezeigt und das bestätigen auch die Frauchen und Herrchen, derzeit an die zehn Millionen in Deutschland, fast ohne Ausnahme – ungeachtet aller Verantwortung und allem Aufwand für ihr Tier.

Tierisch gut draufDie Forschung liefert immer mehr Indizien dafür, wie gut sich ein Hund auf unser Befinden auswirkt. Das gilt besonders für jenes von Herz und Kreislauf. So kam eine Analyse der American Heart Association zu dem Ergebnis, dass Hundehaltung das Risiko für Herz-Kreislauf-​Erkrankungen deutlich reduziert. Wie aus dieser Auswertung von 81 internationalen Studien hervorging, werden Risiken wie unter anderem Bluthochdruck, erhöhte Blutfette oder Übergewicht nachhaltig reduziert. Auch bei einer bereits bestehenden koronaren Herzkrankheit (KHK) sorgen die Gefährten mit Fell für bessere Werte im Vergleich zu jener dieser Patienten ohne Hund. Die beachtlichen Effekte auf Herz und Kreislauf zeitigen bereits die reine Anwesenheit und vor allem das Streicheln des Tieres.

Dadurch sinken Blutdruck und Herzfrequenz messbar, ebenso die Aktivität des sympathischen Nervensystems. Letzteres bremst die Ausschüttung von Stresshormonen und sorgt für eine bessere Stressresistenz. Das ist auch ein Grund, weshalb Stressforscher bereits für den Bürohund plädieren. Auch auf das seelische Befinden haben Hunde ausgesprochen positive Effekte. Denn sie nehmen ihre Menschen einfach so, wie sie sind: Sie kennen keine Vorurteile, stören sich nicht an Falten, einem Stock oder einem Rollstuhl. Vielmehr sind sie stets bereite Ansprechpartner, die Selbstvertrauen und Nähe schenken, trösten und das Gemüt erhellen. Nicht von ungefähr treten psychische Störungen unter Hundehaltern seltener auf als in der restlichen Bevölkerung.

Schon einmal von Dogging gehört? 

Dogging bedeutet Joggen mit Hund. Das stärkt die Fitness der Zwei- und Vierbeiner und macht im wahrsten Sinn des Wortes tierisch viel Freude. Wichtig ist, dass der Hund gut erzogen ist und gehorsam bei Fuß geht. Als vierbeiniger Sportsfreund sollte er sich an dem Tempo seines Besitzers orientieren und nicht etwa an der Leine zerren oder springen. Ein unerzogener Hund kann dann unter anderem schnell zur Sturzgefahr werden. Insofern empfehlen Dogging-Trainer auch ein gut sitzendes Brustgeschirr. Damit lernt der Hund zwischen dem normalen Gang an der Leine mit Halsband und dem schnelleren weiträumigeren Laufen beim Joggen am Geschirr zu unterscheiden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann es losgehen. Laufen Sie noch oder doggen Sie schon?

Dreimal täglich eine Dosis Gassi Vor allem der mit dem täglichen Gassi gehen verbundenen Bewegung misst die Forschung große Bedeutung bei. Denn ob zügig oder gemächlich: Was den vier Pfoten Auslauf verschafft, ist für den zugehörigen Menschen wie Medizin. So leiden Hundebesitzer weniger häufig an Herz-Kreislaufbeschwerden, haben bessere Blutfett- und Blutzuckerwerte sowie seltener Bluthochdruck und Übergewicht. Weiterhin stärken die Hunderunden das Immunsystem, fördern die Durchblutung sowie die Funktionsfähigkeit von Knochen, Gelenken und Muskeln. Natürlich trägt das Gassi gehen auch zum Abbau über- flüssiger Kilos bei. Dass Hundehalter insgesamt deutlich fitter sind als Zeitgenossen ohne vierbeinigen Begleiter, zeigten auch Untersuchungen von US-Wissenschaftlern: Sie schaffen um 34 Prozent häufiger die „magischen“ 150 Minuten Bewegung. Das ist jener Zeitraum, der heute pro Woche empfohlen wird, um eine positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System zu erzielen.

Anti-Aging auf vier Pfoten Hunde tun uns allen gut. Doch ältere Menschen profitieren noch mehr von ihren vierbeinigen Kameraden. So sind Senioren mit Hunden körperlich und geistig um einiges aktiver als Gleichaltrige ohne Hund. Für ältere Menschen sind Hunde auch deshalb so ideal, weil sie wahre Kommunikationstalente sind. Im Umgang mit ihren tierischen Gefährten öffnen sich Menschen ihrer Umwelt mehr und kommen auf diese Weise leichter mit anderen ins Gespräch. Außer als Kontaktbörsen fungieren Hunde als zuverlässiger sozialer Partner. Das ist besonders wichtig, wenn man viel allein ist, da der eigene Freundes- und Bekanntenkreis nach und nach kleiner wird und vielleicht auch die Familienangehörigen nur wenig Zeit für einen finden können. Umso schöner ist es dann, dass ein Hund einem das Gefühl gibt, gebraucht und geliebt zu werden.

Therapeuten mit Fell Tiergestützte Therapie ist im Kommen. Besonders Hunde sind geschätzte Mitarbeiter in der Betreuung von Pflegebedürftigen und kranken Menschen: Sie führen Blinde sicher ans Ziel, melden Tauben dass Klingeln der Haustüre, warnen Epileptiker vor einem nahenden Anfall und Diabetiker vor einer Unterzuckerung. Dass sich die Vierbeiner bei diesen Aufgaben als so wertvoll erweisen, liegt vor allem an ihrem Sozialgefüge. Da dieses dem des Menschen überaus ähnlich ist, gelingt es Hunden hervorragend, in direkten Kontakt mit den Betroffenen zu treten.

Aus diesem Grund werden sie auch zunehmend in Kliniken, Reha-Zentren, Alten- und Pflegeheimen „verordnet“. Denn inzwischen hat sich eindeutig gezeigt, dass Hunde die Patienten sehr gut mobilisieren und motivieren können. Das fördert den Gesundungsprozess und gilt unabhängig von den jeweiligen Beeinträchtigungen. Die tierischen Therapeuten zeigen bei körperlichen Erkrankungen wie beispielsweise Schlaganfällen, Herzinfarkten oder Parkinson ebenso gute Wirkung wie bei psychischen Leiden, etwa Depressionen. Neben den sogenannten Therapiehunden stellen sich auch Besuchshunde in den hilfreichen Dienst des Menschen. Sie kommen bei jenen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen zu Besuch – was deren Befinden in jeder Altersgruppe und auf allen Ebenen überaus fördert. Allerdings geht der Besuch ohne vorher festgelegtes Behandlungsziel vonstatten. Was allein zählt, ist die aufbauende und inspirierende Begegnung mit Doktor Hund.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/2020 ab Seite 50.

Birgit Frohn, Diplombiologin

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