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DIE ZELLHEMMER

Ein Begriff, der gewissermaßen griechisch-lateinische Eltern hat: Zytostatika – „cytos“ ist griechisch und heißt „Zelle“, „stare“, aus dem Lateinischen übersetzt, heißt „stehen“.

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Zytostatikum bedeutet – wie so oft in der Medizin – etwas darüber Hinausgehendes, und vor allem steckt viel mehr dahinter. Es könnte auch als „Zellgift“ bezeichnet werden, denn SL01/Suche „Zytostatikum“ definiert den Begriff folgendermaßen: „Ein Zytostatikum ist eine toxische, chemische Substanz, welche in der Medizin als Arzneistoff – vor allem im Rahmen der Chemotherapie von Krebserkrankungen eingesetzt wird. Ein Zytostatikum stört, verzögert oder verhindert den Zellzyklus und verhindert somit, dass Tumorzellen sich teilen und verbreiten. Im ursprünglichen Sinne wird das Zellwachstum also verhindert.“ Die Entwicklung der Zelle „bleibt stehen“.

Einsatzbereich Zytostatika finden in erster Linie bei der Bekämpfung von Krebs, also in der Chemotherapie, Anwendung. Die Wirkstoffe werden in Form von Infusionen, Spritzen oder Tabletten verabreicht. Da sie in der Lage sind, die Teilung und Vermehrung von Tumorzellen zu hemmen, kann das Tumorwachstum mittels ihres Einsatzes gebremst oder sogar gestoppt werden. Im Laufe der Forschung wurde herausgefunden, dass diese Zellhemmer einen besonders hohen Wirkungsgrad bei den Zellen haben, die sich häufig teilen. Und das ist bei Krebszellen meist der Fall.

Auf SL02/​Behandlung/Chemotherapie/Durchführung erfahren Sie unter anderem, dass Zytostatika bei ihrer Arbeit „unspezifisch“ vorgehen. Sie richten sich also nicht zielgerichtet gegen bestimmte, klar definierte Zellen, sondern gegen alle Zellen im Körper. So werden auch besonders die Zellen des Blut- und Immunsystems, die Haut-, Schleimhaut- und Haarzellen angegriffen. Das heißt, die Nebenwirkungen sind erheblich und resultieren in vielen Fällen in schwerwiegenden und manchmal sogar tödlichen Folgen.

Wirkweise Es gibt ganz unterschiedliche Wege, auf denen sich Zytostatika einsetzen lassen. Allen ist jedoch gleich, dass sie Tumorzellen erkennen, diese im Wachstum hemmen und zum Absterben bringen sollen. Manche bauen Fehler in die Tumorzellen-DNA ein oder hemmen den Kopiervorgang des Erbgutes, der Grundlage für die Zellteilung ist. Andere Wirkstoffe beeinflussen den Zellstoffwechsel. Welchen Weg sie auch gehen: Hat ihr Einsatz Erfolg, wird das Tumorwachstum gestoppt oder der Tumor wird kleiner oder er verschwindet gar komplett. Informieren Sie sich dazu auf SL03/Suche „So wirken Zytostatika“. Natürlich können keine schnellen Wunder erwartet werden. So ist ein erster Effekt auch nicht binnen Stunden, sondern meist erst nach ein paar Tagen oder sogar erst nach einigen Wochen zu messen.

GeschichtsexkursSL04/Basis-Informationen Krebs/​Therapieformen/Chemotherapie beschreibt, wie es zur Begründung der Chemotherapie durch Paul Ehrlich kam, und dass die ursprüngliche Verwendung der Medikamente der Bekämpfung von Infektionskrankheiten diente. Ehrlich wollte natürliche Wirkstoffe ganz dezidiert auf ihre Effekte hin prüfen und synthetisch weiterentwickeln. Diese Methode fand bereits Anfang des 20. Jahrhunderts Einzug in die Erforschung und Entwicklung von Krebsmedikamenten. Hintergrund war die Idee, Arzneimittel zu schaffen, die sich auf Krebszellen wachstumshemmend auswirken, dabei jedoch gesunde Zellen nicht angreifen.

Therapiearten Bei der Behandlung einer Krebserkrankung mit Zytostatika können unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Nicht jeder Krebs ist gleich dem anderen, und nicht jedes Stadium ist wie ein anderes. Ferner kommen persönliche Dispositionen hinzu, sodass die Chemotherapien je nach Patient und Krebsart variieren. Auf SL05/Suche „Wie funktioniert eine Chemotherapie?“ lernen Sie, dass es die kurative, die adjuvante, die neoadjuvante und die palliative Chemotherapie gibt. Bei der kurativen sollen nach Möglichkeit alle im Körper vorhandenen Krebszellen beseitigt werden, um zu einem dauerhaften Heilungserfolg zu kommen.

Die adjuvante Version ist gedacht, um postoperativ möglicherweise im Körper verbliebene, nicht entdeckte Krebszellen aufzuspüren und zu bekämpfen. Um einen großen Tumor präoperativ zu verkleinern und ihn somit operabel zu machen oder um einen größeren operativen Eingriff zu mildern, wird die neoadjuvante Chemotherapie eingesetzt. Die palliative Therapieform ist dafür gedacht, bestimmte Beschwerden zu lindern, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen oder zu stoppen, aber sie kann nicht mehr alle im Körper vorhandenen Tumorzellen beseitigen.

Krebs bei Kindern Krebs kann nicht nur im Erwachsenenalter, sondern auch bereits bei Kindern vorkommen. Die Statistik ist erschreckend, wie Sie SL06/Suche „Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen“ entnehmen können. Umso mehr muss beachtet werden, dass Therapien, wie sie bei Erwachsenen eingesetzt werden, nicht unmittelbar auf den kindlichen Organismus übertragen werden können. Es gilt, die optimale Behandlungsstrategie zu wählen, um Nebenwirkungen und Komplikationen so gering wie nur irgend möglich zu halten. Dies wiederum bedeutet, dass eine optimale Kombination verschiedener Behandlungsformen wie Operation, Chemotherapie und/ oder Strahlentherapie gefunden werden muss.

Auf SL06/Patienten/Behandlung/Behandlungsmethoden/Chemotherapie/Zytostatika-Informationen/Zytostatika-Indikation erfahren Sie mehr zu den in der Kinderkrebstherapie angewendeten Strategien. Dort ist zu lesen: „Konkrete Angaben zu den bei einer bestimmten Krebserkrankung eingesetzten Zytostatika-​Kombinationen finden Sie bei den Texten zu den jeweiligen Erkrankungen sowie in den Leitlinien.“ Zytostatika – Medikamente, die einem Angst machen können, da sie den Eindruck erwecken, wie eine Planierraupe alles platt- zumachen. Aber Forschung und Wissenschaft sind sehr aktiv und arbeiten mit Hochdruck an Präparaten, die so wenig Schaden im gesunden Gewebe anrichten wie nur möglich. Und zumeist retten sie Leben!

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2020 ab Seite 50.

Wolfram Glatzel, Autor und Redakteur
Ursula Tschorn, Apothekerin

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