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Berühmte Giftmorde

DIE SCHWARZE WITWE

Dena Thompson verfügte über ein Lächeln, das die Männer um den Verstand brachte. Sie heiratete des öfteren und mancher überlebte dies nicht. Ein deutscher Gerichtsmediziner wies ihre Mordmethode nach.

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Im Nachhinein sind die Geschichten, die die 1960 geborene Engländerin ihren Männern erzählt hat, haarsträubend und kaum zu glauben. Verfolgungen durch FBI-Agenten, Deals mit Walt Disney, tödliche Krankheiten – sie glaubten ihr alles. Während Dena Thompson ihre Kreditkarten stahl, sie mit anderen Männern betrog und sich mit ihrem Geld eine neue Existenz aufbaute, vertrauten sie ihr blind. Denn sie hatte etwas an sich, dem anscheinend niemand widerstehen konnte.

Vertrauen missbraucht Erster Ehemann war Lee Wyatt. Er wurde von seiner Frau nach Amerika geschickt, da er in Großbritannien angeblich vor der Mafia nicht mehr sicher war. Seine Frau hatte nämlich einen Deal mit der Entertainment-​Firma Walt Disney ausgehandelt – sagte sie. Während der Gatte auf Parkbänken schlief und fast das ganze Geld, das er verdiente, nach Hause schickte, vergnügte sie sich mit wechselnden Liebhabern. 1991 heiratete sie nach nur drei Monaten Bekanntschaft Julian Webb (obwohl sie immer noch verheiratet war). Dieser Ehemann sollte später noch eine gewisse Rolle spielen. 1998 kam der dritte Mann, Richard, hinzu. Sie erzählte ihm, sie sei Lehrerin und Antiquitätenhändlerin, habe Brustkrebs im letzten Stadium und unterhielte außerdem Kontakte zum FBI, die einen Bombenjob für ihn hätten. Der arme Mann glaubte alles, auch nachdem sie ihn um mehrere tausend Pfund erleichtert hatte und ohne sein Wissen dessen Haus verkaufte.

Immer dieselbe Masche Dena Thomson lernte ihre Opfer über Kontaktanzeigen kennen und behauptete stets, sie sei wohlhabend. Geschäftsmänner, Lehrer, ein Gefängniswärter, ein verurteilter Vergewaltiger – keiner konnte sich ihrem Charme und dem Ruf des Geldes entziehen. Sie stahl ihre Kreditkarten, bediente sich davon – und verschwand danach spurlos. Der freundliche und gutmütige Julian Webb (2. Ehemann) schließlich sollte ihr Waterloo werden. Sie muss ihn irgendwann satt gehabt haben und tischte ihm am 31. Juni 1994, dem Tag seines 31. Geburtstages, ein besonders scharfes Curry auf, sein Leibgericht.

Als seine Mutter anrief, um ihm zum Geburtstag zu gratulieren, wurde sie von Dena mit den Worten abgespeist: „Julian ist krank“. Doch zu diesem Zeitpunkt war er wohl schon tot. Am Morgen des nächsten Tages – die herbeigerufenen Sanitäter hatten da schon sein Ableben festgestellt – rief Dena seinen Arbeitgeber an, informierte ihn vom Tod ihres Mannes und forderte eine Lebensversicherung an, die ihr als Witwe zustünde. Doch diesmal hatte sie Pech: Das Geld wurde an Julians Mutter überwiesen, da mittlerweile der Verdacht aufgekommen war, dass Dena noch nicht einmal von ihrem ersten Mann geschieden war.

Analyse weist Dothiepin nach Bei einer chemisch-toxikologischen Analyse wurden im Blut des Verstorbenen Salicylate und in sehr hohen Konzentrationen das trizyklische Antidepressivum Dothiepin (in Deutschland als Dosulepin bekannt) und dessen Metabolit Desmethyldothiepin aufgefunden. Man ging zwar davon aus, dass dies die Todesursache war, schloss aber immer noch ein Fremdverschulden aus. Erst als einer von Denas ehemaligen Liebhabern den Beamten einen Tipp gab, wurde der Leichnam exhumiert – immerhin dauerte es bis zu diesem Zeitpunkt sieben Jahre. Der Deutsche Hans Sachs, Experte für Haaranalytik, reiste nach England, um die wenig beneidenswerte Aufgabe zu unternehmen, von der bereits teilweise verwesten Leiche Proben zu entnehmen.

Die Protokolle seiner Untersuchungen sind erhalten: Akribisch genau weist er nach, das immer noch eine hohe Konzentration des Antidepressivums Dothiepin in den Schamhaaren des Opfers nachzuweisen war und dass Webb an einer Überdosis gestorben sei. Da Dothiepin einen außergewöhnlichen bitter-scharfen Geschmack hat, sollte das Curry, das seine Frau ihm bereitet hatte, wohl diese Eigenschaft überdecken. Während des Prozesses erhielt Dena Thompson von der Presse den Beinamen „Black Widow“ – schwarze Witwe. Der Richter fand deutliche Worte: „Sie haben Julian Webb vergiftet, auf grausame Art und ohne Gnade. Nichts kann diese Boshaftigkeit entschuldigen.“ Und der zuständige Detective Chief Inspector sagte: „Diese Frau ist der Alptraum jeden Mannes. Über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren hat sie sich Männer gezielt für ihre sexuellen und finanziellen Ziele ausgesucht. Die Männer in Südengland können wieder sicher schlafen, da sie weg ist von der Straße.“

Sicher hinter Gittern Denas dritter Ehemann, Richard, soll aus vollem Herzen gejubelt haben, als er von der Verurteilung erfuhr. Er war noch einmal davongekommen. Im Jahr 2003 wurde Dena Thompson zu mindestens 16 Jahren Gefängnis verurteilt. Ein weiterer Verdacht auf einen anderen ermordeten Liebhaber wurde mangels Beweisen eingestellt.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/19 ab Seite 120.

Alexandra Regner, PTA und Journalistin

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