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DIE PTA ERMITTELT

Lithium hat eine geringe therapeutische Breite. Bei Patienten mit Polymedikation gilt, genau hinzusehen, ob Wechselwirkungen auftreten können.

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Frau Schumann ist eine gute Kundin der Apotheke. Sie ist psychisch labil und dauerhaft bei einem Psychiater in Behandlung. Sie bekommt eine Vielzahl von Arzneimitteln und die PTA weiß schon, dass bei dieser Patientin stets ein Interaktionscheck vonnöten ist. Heute berichtet sie von ihren starken Rückenschmerzen, gegen die sie vom Orthopäden Schmerztabletten verordnet bekommen hat. Sie hat ein Rezept über Diclofenac 100 mg für eine Dauer von drei bis vier Wochen erhalten. Beim Interaktionscheck erscheint eine relevante mittelschwere Wechselwirkung mit Frau Schumanns Lithiumtabletten. 

Pharmakologischer Hintergrund Lithium ist der Wirkstoff der Wahl zur Prophylaxe bipolarer Erkrankungen und schwerer depressiver Episoden sowie zur Behandlung einer manischen Episode. Lithium wird auch als „mood stabilizer“ bei schwer einstellbaren Depressionen in Kombination mit Antidepressiva eingesetzt. Lithium hat eine geringe therapeutische Breite. Die Dosierung wird sorgfältig eingestellt und unterliegt deshalb regelmäßigen Plasmaspiegelkontrollen. Erhöhungen der Spiegel, zum Beispiel durch eine verminderte Ausscheidung, können zu toxischen Nebenwirkungen wie gastrointestinalen Störungen, vermehrter Harnausscheidung, Lethargie, Muskelschwäche und Tremor führen. Werden Lithiumsalze zusammen mit NSAR oder COX-2- Hemmern eingenommen, kann es nach einigen Tagen zu einem Anstieg der Lithiumspiegel kommen.


Die Analgetika vermindern die glomeruläre Filtrationsrate und erhöhen die Lithium-Rückresorption aus dem proximalen Tubulus. Das Ausmaß der Wechselwirkung ist von verschiedenen Faktoren abhängig: zum Beispiel dem jeweiligen Antiphlogistikum, dem Alter des Patienten und der Nierenfunktion. Acetylsalicylsäure scheint die Interaktion weniger stark einzugehen als Diclofenac und Ibuprofen, für Paracetamol ist keine Wechselwirkung mit Lithium bekannt. Bei älteren Menschen kann das Risiko aufgrund verminderter Nierenfunktion größer sein. Ist eine gleichzeitige längerfristige Therapie notwendig, sollten die Lithiumspiegel regelmäßig überprüft und die Dosis gegebenenfalls angepasst werden. Nach Absetzen des Antiphlogistikums ist dann möglicherweise wieder eine Erhöhung der Lithiumdosis notwendig.

Zurück zum Fall Vorsichtig fragt die PTA Frau Schumann, ob sie ihrem Orthopäden ihre sonstigen Medikamente genannt habe. Verschämt gibt diese zu, dass sie nicht wolle, dass der Arzt etwas über ihre psychische Erkrankungen wisse. Besorgt erkundigt sie sich, ob es Probleme mit den anderen Tabletten geben könnte. Die PTA beruhigt sie und erklärt, dass die Diclofenac-Tabletten möglicherweise zu einer stärkeren Wirkung des Lithiums führen könnten. „Bitte informieren Sie doch einfach Ihren Hausarzt. Er sollte sowieso über Ihre Rückenprobleme Bescheid wissen, und natürlich auch die Verordnung von Diclofenac kennen.


„Ihr Arzt kann ganz leicht durch eine Blutabnahme alle paar Tage feststellen, ob die gewählte Dosierung des Lithiums unter den Schmerztabletten korrekt ist. Geben Sie außerdem Bescheid, wenn Sie sich vermehrt müde oder geschwächt fühlen. Wenn Sie medizinisch sorgfältig begleitet werden, können Sie die Tabletten gegen Rückenschmerzen unbesorgt einnehmen. Sie werden Ihnen dann gegen die Schmerzen und Entzündungsprozesse im Rücken helfen.“

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/16 ab Seite 26.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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