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Politik

DIE NEUE WARN-APP

Haben Sie schon die Corona-Warn-App auf Ihrem Smartphone installiert? In der ersten Woche haben bereits mehrere Millionen Menschen in Deutschland mitgemacht. Wir erklären, was das bringt.

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Zurückblickend kann man sagen, dass wir in den letzten Monaten enorm dazu gelernt haben. Seit März hatten wir täglich neue Anforderungen zu stemmen. Die Grundlagen der Virologie wurden wieder aufgefrischt und leider haben manche Politiker völlig unkritisch Veröffentlichungen von Studien als die absolute Wahrheit herausposaunt. Das hat dazu geführt, dass die Gesellschaft für Virologie (GfV) zur aktuellen Diskussion um wissenschaftliche Studien in den Medien eine Stellungnahme veröffentlicht hat, die die Grundsätze wissenschaftlicher Forschung beschrieben hat. Kaum zu glauben, dass so etwas erforderlich ist.

Hotspots meiden Sicher ist nach wie vor, dass es unglaublich wichtig ist, neue Ausbrüche zu erkennen und die Infizierten sowie ihre Kontaktpersonen in Quarantäne zu schicken. Der Gesundheitsminister hat zu diesem Zweck eine Warn-App entwickeln lassen. Diese soll es ermöglichen Infektionsketten zu erkennen und damit verbunden diese auch zu unterbrechen. Das kann aber nur gelingen, wenn möglichst viele Menschen mitmachen. Man nennt diese App auch Tracing-App. Übersetzt bedeutet das Ermittlung oder Rückverfolgung.

Wie funktioniert’s? Wird ein Nutzer der App positiv auf Covid-19 getestet und gibt das Testergebnis in die App ein, werden andere Anwender, die sich in der Nähe des Getesteten aufgehalten haben, gewarnt. Dabei wird der Nutzer erst im Nachhinein darüber informiert, dass er – beziehungsweise sein Handy – sich in der Nähe eines Infizierten aufgehalten hat. Selbstverständlich erfährt niemand, wer der Infizierte ist. Die App funktioniert auf der Basis von Bluetooth. Dabei funkt das Smartphone ständig eine Identifikationsnummer in die Umgebung. Findet das Smartphone nun jemanden, der auch die Warn-App installiert hat, tauschen beide Handys ihre ID Nummern aus. Damit der größtmögliche Schutz der Privatsphäre und der Daten gewährleistet ist, wurde ein mehrstufiges Konzept verwendet.

Die Identifikationsnummern werden anonymisiert, bevor sie gesendet werden. Dieser Vorgang wechselt mehrfach in der Stunde. Dabei werden sie dezentral nur auf den Handys gespeichert. Auf einem zentralen Server wird nur eine Liste der anonymisierten IDs der Infizierten abgelegt. So ist die Anonymität gewährleistet. Der Quellcode der App kann auf einer bestimmten Plattform eingesehen werden. Er ist transparent und enthält keine heimlichen Hintertürchen, die zum Ausspähen der Gesellschaft geeignet wären. In den hohen Anforderungen, die die deutschen Datenschutzgesetze stellen, unterscheidet sich unsere App von denen einiger anderer Länder. Die Apps in China, Singapur oder Indien sind in der Lage die Nutzer bloß zu stellen und sie zeigen ein genaues Bewegungsprofil des Nutzers auf. Daher werden sie von vielen Menschen auch nicht installiert.

Bitte mitmachen! Richtig effektiv wird die Corona-Warn-App erst, wenn 60 Prozent der Bevölkerung mitmachen. Allerdings zählt jede Installation und man hofft, schon bei geringeren Nutzerzahlen Effekte sehen zu können. Eine besondere Herausforderung an die App stellt die gleichzeitige Nutzung anderer Programme oder Apps auf dem Handy dar. Stellvertretend dazu wird immer angeführt, dass die Warn-App auch funktionieren und senden soll, wenn gleichzeitig mit dem Handy Musik gehört wird. Natürlich gilt das auch für andere Programme, wie zum Beispiel Navigations-Apps. Sogar an den Stromverbrauch wurde gedacht, die App nutzt Bluetooth LE. LE bedeutet Low energy, also geringen Stromverbrauch. Daher soll das Nutzen der App den Akku nicht so schnell entladen. Sicherlich kann es möglich sein, dass die App zu Fehlalarmen führt. Das kann man nicht ausschließen.

Es ist auch möglich, dass man sich in der Nähe eines Infizierten befunden hat, aber getrennt durch eine Schutzwand oder Schutzkleidung gar keine Gefährdung bestanden hat. Die Bluetooth-Technik, mit der die App arbeitet, versucht jedoch irrelevante Begegnungen zu erkennen. Dafür arbeitet sie mit zwei Parametern: der Dauer einer Begegnung und der Distanz zwischen den Nutzern. Beide werden mit Hilfe verschiedener Messungen berechnet und es wird ein Schwellenwert hinterlegt. Personen, die die App nutzen, erhalten eine von drei möglichen Statusinformationen: Niedriges Risiko bedeutet, es gab keine Begegnung mit nachweislich positiv getesteten Personen beziehungsweise der Schwellenwert wurde nicht überschritten.

Bei einem erhöhten Risiko wird der App-Nutzer darüber informiert, dass innerhalb der vergangenen 14 Tage Begegnungen mit mindestens einer Corona-positiv getesteten Person stattgefunden hat. Dann wird man gebeten sich nach Hause zu begeben und mit dem Hausarzt, dem ärztlichen Bereitschaftsdienst 116117 oder dem Gesundheitsamt Kontakt aufzunehmen und das weitere Vorgehen abzustimmen. Zeigt die App ein unbekanntes Risiko an, war die Risiko-Ermittlung nicht lange genug aktiviert und es konnte kein Infektionsrisiko ermittelt werden. Bitte trotz Warn-App nicht vergessen: Der beste Schutz vor einer Infektion ist nach wie vor Abstand halten, Schutzkleidung, Mundschutz und Hände waschen!

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2020 ab Seite 70.

Mira Sellheim, Apothekerin und Delegierte der LAK Hessen

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