Mann ruft etwas. © Prostock-Studio / iStock / Getty Images
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Stimme

DIE ERZEUGUNG VON TON UND KLANG

Sprechen, Schreien, Lachen, Weinen oder Singen sind aufgrund der Stimmbildung möglich – mit der Stimme kann man Gemütszustände wie Freude, Wut, Angst oder Trauer äußern.

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Der Sound der menschlichen Stimme ist unverwechselbar – es gibt keine zwei Menschen auf der Welt, die genau gleich klingen. Der Stimme wird auch eine psychologische Bedeutung zugeschrieben: Personen, die beim Sprechen die Tonhöhe oft variieren, werden als extrovertiert, selbstbewusst und kompetent eingeschätzt. Darüber hinaus verrät die Stimme, was Gesprächspartner fühlen. Trauernde sprechen monoton und in tiefer Stimmlage, während der Klang bei Angst oder Freude höher ist. Experimente haben bestätigt, dass die Signale der Stimme so zuverlässig sind, dass auch Computer die Stimmungslage identifizieren können. Anhand der Lautstärke, Tonlage und Geschwindigkeit lassen sich Aussagen über den emotionalen Zustand sowie über das Alter, die Größe und die Persönlichkeit treffen. Die Computersoftware „Deep Speech Pattern Analysis“ visualisiert akustische Informationen: Der Einsatz des Programms als Diagnostikinstrument wäre bei ADHS und bei Depressionen denkbar, sodass die Erkrankungen objektiver analysiert und die Krankheitsverläufe messbar gemacht würden.

Der Stimmapparat Zwar erscheint die Lautbildung selbstverständlich und einfach, allerdings steckt ein komplexer Vorgang dahinter. Im Inneren des Kehlkopfes (Larynx) befinden sich zwei Stimmlippen, welche die Luftröhre bis auf einen kleinen Spalt, der Stimmritze (Glottis), verschließen. Die Stimmbänder stellen den mittleren Teil der Stimmlippen dar und bestehen aus elastischen und kollagenen Fasern. Die oberste Schicht der Stimmlippen ist eine drüsenhaltige Schleimhaut, die unterste Schicht Muskulatur. Während der Atmung sind die Stimmbänder entspannt und die Stimmritze ist relativ weit geöffnet, sodass die Luft ein- und ausströmen kann. Während der Stimmbildung spannen sich die Stimmbänder an und die Stimmritze schließt sich bis auf einen kleinen Spalt.

Durch die ankommende Luft aus der Lunge geraten die Stimmbänder in Schwingungen und es bildet sich ein Ton. Die Hohlräume oberhalb der Stimmlippen werden auch als Vokaltrakt oder Ansatzrohr bezeichnet. Der Grundton der Stimme wird hier verstärkt und der Klang geformt. Die Tiefe beziehungsweise die Höhe des Tons hängen vom Spannungszustand der Stimmbänder ab. Je entspannter sie sind, umso tiefer klingen Töne. Darüber hinaus beeinflussen Größe und Länge der Stimmbänder ebenfalls die Tonhöhe: Die Stimmbänder bei Kindern sind relativ kurz, sodass sie in hohen Tönen sprechen, während Männer über lange Stimmbänder verfügen und tief klingen. Frauen mit hoher Stimme sprechen nicht unbedingt wegen der kürzeren Stimmlippen hoch, sondern unterhalten sich möglicherweise in einem Zustand höherer Muskelspannung.

Doch nicht nur die feinen Muskelstränge werden für den Sprechvorgang benötigt, auch der Resonanzraum, der aus Hohlräumen in den Nasenhöhlen, den Wangen und unter dem Schädeldach besteht, ist von Bedeutung. Er dient der Verstärkung des Tons und sorgt für einen volleren Klang. Die Lautbildung erfolgt allerdings erst im Mundraum – daran sind die Rachen- und Mundhöhle, Lippen, Zähne und Zunge beteiligt. Die Laute „m“, „n“ oder „ng“ sind nasale Laute, die im Nasenraum zustande kommen. Um diese zu erzeugen, verschließt das Gaumensegel die Öffnung zwischen Rachen- und Nasenraum, sodass der Ton in Richtung Nase umgeleitet wird. Insgesamt handelt es sich bei der Lauterzeugung um ein Zusammenspiel von mehr als 100 Muskeln, deren Bewegungen aneinander angepasst werden müssen. Beim Flüstern ist die Stimme tonlos. Die Stimmritze ist fast geschlossen und die Stimmbänder schwingen nicht. Die Luft entweicht durch das sogenannte Flüsterdreieck, welches eine kleine Öffnung am Ende der Stimmlippen darstellt.

Krächz – die Stimme versagt Eine Stimmstörung bezeichnet man als Dysphonie. Hierbei ist die Leistungsfähigkeit der Stimme beeinträchtigt, sie klingt dann schwach, rau, piepsig oder kratzig, beispielsweise bei Heiserkeit. Dysphonie stellt keine eigene Erkrankung dar, sondern ein Symptom, für das die unterschiedlichsten Ursachen in Betracht kommen. Bei Heiserkeit zählen virale Infektionen der oberen Atemwege, allergische Reaktionen, Reflux oder neurologische Störungen zu den möglichen Auslösern. Hält die Heiserkeit über einen längeren Zeitraum an, kann die Ursache in einem Kehlkopftumor liegen. Personen, die ihre Stimme im Beruf einsetzen, leiden häufig unter Kehlkopfentzündungen mit Heiserkeit, da sie die Stimme überlasten.

Hilfe bei Stimmproblemen Gegen Heiserkeit hilft zum einen die Schonung der Stimme, zum anderen die Befeuchtung der betroffenen Bereiche. Dies ist mit Pastillen mit Isländisch Moos, Primelwurzel oder Eibisch möglich, da sie den Speichelfluss aktivieren und die Schleimhäute befeuchten. Darüber hinaus können PTA und Apotheker Betroffenen Lutschtabletten mit Hyaluronsäure empfehlen, die einen Hydrogel-Komplex ausbilden. Salzhaltige Halspastillen haben einen abschwellenden Einfluss auf die Schleimhaut sowie auf die Stimmbänder.

Das Reinke-Ödem Rauchen schädigt den Stimmapparat langfristig: Durch die Einwirkung des Rauchs kommt es zu Entzündungen und Schwellungen der Stimmlippen, die durch die Einlagerung einer gallertartigen Substanz entstehen. Insbesondere Frauen zwischen 40 und 60 Jahren sind davon betroffen, ihre Stimme klingt rau, tief und männlich. Zunächst sollten eine Stimmtherapie und eine Raucherentwöhnung stattfinden. Sind die Maßnahmen nicht erfolgreich, können die Ödeme phonochirurgisch beseitigt werden, sodass sich der Klang, die Stimmhöhe sowie die Belastbarkeit der Stimme wieder verbessern.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/2020 ab Seite 92.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

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